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DETTELBACH
"Der Tod auf Raten"
Die Firma Fulgurit in Dettelbach soll im Juni 2001 geschlossen werden. Wo einst 435 Arbeitskräfte beschäftigte waren, droht den letzten 65 die Entlassung.
zz
 |  aktualisiert: 03.12.2006 22:29 Uhr
Gestern um 1330 Uhr in Dettelbach: Schweigend halten Männer vor dem Werks-Tor Protest-Plakate in den Händen. In wenigen Minuten werden sie von Stefan Führling, dem Geschäftsführer von Wanit-Fulgurit offiziell erfahren, was ihrem Betriebsrat schon zum 2. November 2000 mitgeteilt wurde. Das seit 1960 in Dettelbach bestehende Werk soll zum 30. Juni 2001 seine Werkstore für immer schließen. 65 Arbeitnehmer, darunter viele im Alter zwischen 45 und 55 Jahren, werden ihren Arbeitsplatz verlieren.

Die Medienvertreter schließt Führling von der Betriebsversammlung aus. Warum soll das Werk in Dettelbach geschlossen werden? Zu einer Stellungnahme ist der Geschäftsführer nicht bereit. Er werde lediglich zu den Beschäftigten reden, meint Führling und sagt eine eine Stellungnahme in Form einer schriftlichen Presseerklärung zu. Diese lag der Redaktion gestern abend nicht vor.

Mit wehenden Fahnen

Mit einer Demonstration ging die Belegschaft gestern nachmittag an die Öffentlichkeit. Wie Helmut Hafner, der Bevollmächtigte der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie sagte, wollten die Beschäftigten gegen die Betriebsschließung, die Willkür der Unternehmensleitung, den Bruch der Vereinbarung im Interessenausgleich von November 1999 protestieren. Darin war der Erhalt des Standortes Dettelbach vereinbart worden. Die Beschäftigten verlangten von der Unternehmensführung, die Vorschläge des Betriebsrats Vorschläge ernsthaft zu prüfen. Diese seien so fundiert, dass der Standort Dettelbach weiter bestehen könne, führt Hafner an. Er forderte die Fortsetzung der Produktion der in Dettelbach entwickelten MFP-Platte und die Einhaltung der vor einem Jahr gegebenen Zusage der Konzernleitung, den Standort Dettelbach zu erhalten.

Das, was mit dem Werk Dettelbach geschehe, sei "ein Tod auf Raten", sagte Hafner. Noch im Vorjahr habe man die Zusammenlegung von Fulgurit und Manit gefeiert und es sei genügend Arbeit da gewesen. Seit Juni müssten die Arbeiter Kurzarbeit leisten.

Hafner wirft der Unternehmensführung Missmanagement vor. Dettelbach sei der einzige Produktionsstandort von Manit-Fulgurit in Deutschland, der neue Produkte entwickelt habe, sagte Willi Ungemach, der Vorsitzende des Betriebsrates.. Neben der MFP-Platte für den Innenausbau, die seiner Ansicht nach zu schnell auf den Markt geworfen wurde, nannte Ungemach die in Dettelbach entwickelten Doppel-Böden. Fulgurit sei nicht Willens oder nicht in der Lage gewesen, diese Neuerung selbst zu vermarkten. Jetzt mache die Nachbar-Firma "Norit" beste Geschäfte damit.

Job-Suche wird schwer

Wie Hafner, so befürchtet auch Ungemach, dass ein Großteil der Arbeitnehmer im Alter zwischen 45 und 55 keine Arbeitsplätze oder wesentlich schlechter bezahlte Jobs finden werden. "Da sind 65 Familien - und damit verbunden eine ganze Menge von Schicksalen", sagt der Betriebsrat.

Ungemach ist seit 37 Jahren im Unternehmen. Er erinnert sich daran, als in den 80-er Jahren 435 Beschäftigte in Dettelbach arbeiteten. Bereits 1996 war Fulgurit in die Schlagzeilen geraten, als nach der Verlegung von Produktionslinien und der Verlegung der Produktion von Dach- und Fassadenplatten zur Firma Eternit nur noch 70 Arbeitsplätze in Dettelbach übrig blieben.

Die Asbest-Diskussion in den 80-er Jahren, unter der man heute noch zu leiden habe, und die Stagnation im Baugewerbe seien neben Fehlern des Managements die Gründe für die drohende Schließung, zeigt sich Hafner überzeugt. "Wir werden kämpfen und jedem Funken Hoffnung nachgehen", rief er den demonstrierenden Arbeitern zu. Jetzt soll ein Sozialplan ausgehandelt werden (siehe auch unser "Früh-Stück" links).

 
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