Das Tattoo ist ganz frisch. Patrick Scherzer hat es erst vor ein paar Tagen stechen lassen. Ein schwarzer Balken, der die ganze Wirbelsäule entlangläuft, vom Steißbein bis hoch zum Hals. Am Hinterkopf geht er als in die Haare einrasierter Streifen weiter. „Der Balken steht für meine Interpretation von Stärke und Selbstbewusstsein“, sagt Scherzer. Es ist sein drittes Tattoo.
Ein eigenwilliges Motiv, das voll und ganz dem eigenwilligen Geschmack des 20-jährigen Kitzingers entspricht. Mit einem schwarzen, überlangen T-Shirt und einer schwarzen Shorts, die er über schwarzen Leggins und schwarzen Sneakern trägt, ist er heute in Kitzingen unterwegs. „All black“ und „oversize“ nennt er diesen Stil. Scherzer fällt auf und das will er auch. „Ich möchte gar nicht in die Großstadt ziehen, da wäre ich ja nur noch einer von vielen“, sagt er.
„Ich möchte gar nicht in die Großstadt ziehen, da wäre ich ja nur noch einer von vielen.“
Seine Outfits, die er größtenteils im Internet bestellt, trägt er nicht nur in Kitzingen und Würzburg zur Schau, er veröffentlicht sie auch Online.
Auf seinem Modeblog „bangtobang“ lädt Scherzer mindestens drei mal täglich ein Bild hoch. Fast 5000 Menschen schauen sich seine Fotos auf dem sozialen Netzwerk Instagram an, knapp 1000 sind es bei Facebook. Den Blog zu unterhalten kostet Zeit. „Das ist mittlerweile vom Zeitaufwand her fast ein Nebenjob geworden“, so Scherzer. Der Blogger fragt Familie und Freunde, ob sie ihn fotografieren. „Die sind schon genervt davon“, sagt er lachend. Manchmal arbeitet er auch mit professionellen Fotografen zusammen. Am liebsten hat er einen heruntergekommenen Hintergrund auf seinen Fotos. „Doch das gibt es in Kitzingen leider kaum.“
Nicht alle Betrachter sehen seine Aufnahmen mit Wohlwollen. Als Scherzer vor knapp zwei Jahren mit dem Blog begann, hagelte es Beleidigungen für seinen ausgefallenen Stil. Vor allem sein Kitzinger Umfeld machte sich über ihn lustig.
Mittlerweile würde er jedoch zunehmend ernst genommen werden. „Mädchen fragen mich freitagabends über Facebook, was sie zum Weggehen anziehen sollen“, sagt er. Zudem bekomme er mehr und mehr Komplimente dafür, dass er sich traue seinen Geschmack in Kitzingen so auszuleben. „Die sagen dann: Selber würde ich nicht so rumlaufen, aber cool, dass du das durchziehst“, so Scherzer.
Rein beruflich ist er ein Modeexperte. Er arbeitet als Design-Assistent bei Drykorn. Eigentlich hatte er bei der Kitzinger Modemarke nur eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert. Doch sein Chef erkannte Scherzers Interesse an Mode und bot ihm eine Stelle im Design-Team an. Scherzers ganzer Stolz ist ein Pullover in der aktuellen Kollektion von Drykorn, den er selber designt hat. „Der ist ziemlich gewagt. Hinten länger als vorne und an der Brust ist so ein durchsichtiger Netzstoff eingenäht“, sagt er.
Konkrete Zukunftspläne hat der angehende Designer nicht. Er freut sich über wachsende Fan-Zahlen auf „bangtobang“ und fände es gut, wenn er mit seinem Blog einmal Geld verdienen könnte, wie viele Blogger es heute schon machen. Alles andere sieht Scherzer ganz entspannt. „Grundsätzlich mache ich einfach nur das, worauf ich Bock habe“, sagt er.
Dem Mode-Fan gefällt es anzuecken. „Mir ist egal, ob ich auf einem Foto scheiße aussehe. Ich lade das auch ohne Photoshop Bearbeitung hoch“, sagt er.
Die Blicke auf der Straße in Kitzingen sind ihm mit dieser Einstellung jedenfalls sicher. Selbstbewusstsein, wie es sein neuestes Tattoo suggerieren soll, ist da eine Grundvoraussetzung.
Mehr Informationen und Bilder unter bangtobang.tumblr.com