Seit vielen Jahren begleitet Sr. Ruth Meili von der „Communität Casteller Ring“, dem Frauenorden auf dem Schwanberg, Menschen, die sich „auf den Weg nach innen“ machen. In ökumenischen Alltagsexerzitien suchen sie den Kontakt zu sich selbst und zu Gott. Worum geht es aktuell in den Mail- und Telefongesprächen mit diesen Menschen?
Sr. Ruth: In den vergangenen beiden Jahren war Corona natürlich eine Belastung für viele Menschen. Im Augenblick bedrückt die Kriegssituation sehr. Ältere Menschen erinnern sich an Flucht und Vertreibung, die sie als Kinder erlebt haben, an die Einsamkeit beim Getrenntsein von der Mutter. Einen Vater gab es oft nicht. Sie erinnern sich an Hunger. Und dann an die Ablehnung der Menschen, zu denen sie als Flüchtlinge kamen. „Was wollt ihr hier?“, schallte es ihnen entgegen. „Wir haben auch nichts, wir haben auch Angst.“
Sr. Ruth: Ja, Angst breitet sich aus. Wichtig ist, dass sie sein darf. Dass wir sie nicht fromm wegreden. Es ist ja auch schlimm und bedrückend.
Sr. Ruth: Diese Form von Exerzitien ist einfach eine große Hilfe, weil man sie von zuhause aus machen kann, sich Zeit nehmen kann und einen eigenen inneren Weg gehen kann, bei dem man sich aber professionell begleiten lassen darf.
Sr. Ruth: Viel Raum nehmen Beziehungskonflikte ein: zum Ehepartner, zu Freunden, zu den Kindern, am Arbeitsplatz. Da muss ich mich selber zurückhalten mit schnellen, guten Ratschlägen. Es geht in erster Linie darum, zuzuhören im Geschriebenen, zwischen den Zeilen lesen, und nachzufragen – so, dass die Schreibenden selber Lösungen entdecken. Das braucht mehr Zeit, ist aber aufregend für beide Seiten. In seltenen Fällen lade ich ein zum Telefongespräch.