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WIESENTHEID
Der Hauptmann wirft sich in Schale
Andreas Stöckinger
Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 11.09.2016 03:35 Uhr

Dieses Jahr ist ein besonderes für die Wiesentheider Bürgerwehr. Auf genau 400 Jahre Geschichte können die Männer um Hauptmann Karl Gropp zurückblicken. Das wird gebührend gefeiert. Nicht nur am traditionellen Dienstag der Wiesentheider Kirchweih, am 27. September, sondern zusätzlich am Sonntag, 25. September, treten die Männer in Frack und Zylinder an. Für viele Wiesentheider ist das etwas Besonderes, eine Ehrensache gewissermaßen.

Der runde Geburtstag muss ordentlich begangen werden, legten Hauptmann Gropp und seine aktuell 18 Offiziere fest. Die Bürgerwehren aus der Umgebung, aber auch viele Gäste von weither werden am letzten Sonntag im September zum Festzug erwartet. Zwei Tage später steigt der eigentliche Kirchweih-Dienstag mit dem Aufzug der Bürgerwehr. „Beides auf einmal wäre gar nicht möglich, schon allein wegen des Bürgerschießens“, erläutert Gropp.

Er ist seit 2004 der von den Offizieren gewählte „Chef“, der Hauptmann. Zwischen 250 bis 300 Wiesentheider Männer waren es in den vergangenen Jahren, die bei dem ganztägigen Spektakel mitmachten. Tendenz eher steigend, freut sich Gropp in einer Zeit, in der sich die Pflege von Traditionen woanders eher auf dem Rückzug befindet. Nachwuchssorgen kennt die Bürgerwehr nicht, zuletzt stießen jedes Jahr mehr als ein Dutzend jüngere oder neu zugezogene Herren hinzu. Am Kirchweih-Dienstag stehen früh am Morgen stets auch viele Schulklassen am Schlossplatz und schauen sich das Antreten der Wehr vor dem Rathaus an. Vielleicht wird hier schon die Lust bei den Buben geweckt, eines Tages auch in Frack und Zylinder teilzunehmen, vermutet der Hauptmann.

Was macht das Spektakel alljährlich am letzten Dienstag im September so beliebt bei den Bürgern? Dafür hat Gropp eine Erklärung. „Egal zu welcher Gruppierung oder zu welchem Verein man gehört: An so einem Tag ist man gemeinsam Wiesentheider. Da ziehen alle an einem Strang.“ Viele Ehemalige, die längst woanders wohnen, nehmen sich an dem Tag eigens Urlaub, um in die alte Heimat zu kommen.

Der Hauptmann hofft, dass es gerade zum Jubiläum noch mehr Rückkehrer als sonst gibt. Zum Festumzug am Sonntag, 25. September, ab 13 Uhr haben sich Bürgerwehren, Schützencorps und Traditionsvereine aus Castell, Rüdenhausen, Wiesenbronn, Markt Einersheim, Oberschwarzach, Königsberg in Franken, aus Bad Mergentheim oder Marktrodach im Landkreis Kronach angemeldet. Vom Rathaus wird zum Festplatz an der Steigerwaldhalle marschiert. Mit dabei sind auch einige Musikkapellen. Der Bürgeraufzug am Kirchweih-Dienstag beginnt wie immer um 9 Uhr.

Historie der Wiesentheider Bürgerwehr

Bis in das Jahr 1616 lässt sich die Geschichte der Wiesentheider Bürgerwehr zurück verfolgen. Im Gemeindearchiv existiert aus diesem Jahr eine Rechnung, ein „Beleg über 205 Gulden“, über den Bau eines Schießhauses. Das erste stand im Bereich des ehemaligen Sportplatzes, heute Mehrgenerationenplatz in der Kolpingstraße, später zog man in die heutige Schießhausstraße um. Seit mehr als hundert Jahren ist der Festplatz samt Schießstand am Platz in der Jahnstraße, wo heute die Steigerwaldhalle steht.

Eine Bürgerwehr wurde einst gebildet, weil der jeweilige adelige Standesherr seine Bürger dazu aufforderte. „Haus, Hof und eigenes Leben mussten vor plündernden Horden geschützt werden“, heißt es dazu in den Aufzeichnungen.

Mit Unterbrechungen, zuletzt in der Zeit des Nazi-Regimes von 1933 bis 1949, fand der Aufzug der Bürgerwehr über die Jahrhunderte alljährlich statt. So streng wie einst sind die Regularien längst nicht mehr. Wer einen Wohnsitz in Wiesentheid hat, kann sich das Bürgerrecht und damit die Teilnahme auf Lebenszeit erkaufen. Die Bürgerwehr hat neben dem Hauptmann 18 Offiziere. Neue werden bei Bedarf gewählt.

 
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