Jürgen Wolfarth sitzt an einem sechseckigen Tisch in seinem Wohnzimmer. Nur über eine enge Treppe ist die Wohnung im zweiten Stock des hinter dem Kitzinger Marktturm versteckt liegenden Hauses zu erreichen. Dort, umgeben von vielen Bildern, die an den Wänden hängen oder in Rahmen im Regal stehen, geht der 80-Jährige seiner großen Leidenschaft nach: Er sammelt Fotos, auf denen Kitzingen zu sehen ist.
Mit der Fotografie ist er schon früh in Kontakt gekommen. 1937 wandelte sein Großvater Rudolf Wolfarth, der schon lange als Hobbyfotograf aktiv gewesen war, seinen Laden für Fahrräder, Näh- und Schreibmaschinen in ein Fotogeschäft um. „Das war in meinem Geburtsjahr“, sagt Wolfarth. Nach der Schule war dann schnell klar, dass er eine Ausbildung zum Fotografen machen würde. Er, als einziger männlicher Enkel in der Gegend, sollte schließlich das Geschäft in der Alten Burgstraße in Kitzingen übernehmen.
Für die Ausbildung nach Würzburg
Seine Ausbildung führte ihn 1952 in ein Fotoatelier nach Würzburg. Jeden Tag sei er mit dem Zug in die Stadt gefahren, erzählt er. „Aber damals noch mit der Dampflok. Das ging nicht so schnell wie heute. Da hat man noch eine dreiviertel Stunde gebraucht.“ Nach der Lehre ging Wolfarth für ein Jahr in den Schwarzwald, um dort zu arbeiten. Dann kam er zurück, um im Betrieb des Großvaters zu arbeiten. Als er dort alte Aufnahmen fand, die die Stadt Kitzingen zeigten, war seine Sammelleidenschaft geweckt.
Diese dauert bis heute an. Fein säuberlich hat er seine vielen Fotos auf große Kartons aufgeklebt. Manche in schwarz-weiß, manche in Farbe. Mehr rund 1400 Bilder hat er so archiviert. Sie alle zeigen Kitzingen: das Rathaus, die Mainbrücke, die evangelische Stadtkirche oder den Marktplatz. „Ich habe alles, was Kitzingen betrifft“, sagt er.
Heimlich Abzüge gemacht
Ebenfalls zu seiner Sammlung zählen viele Bilder vom im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kitzingen. In einem alten Fotoalbum, das der Rentner schnell herbeigeholt hat, kleben die schwarz-weiß Fotos auf dunklem Papier. Stolz zeigt er die Abzüge, die seine Mutter heimlich von Fotos amerikanischer Soldaten gemacht hat, als sie im Laden der Familie arbeitete. Diesen übernahm ihr Sohn bereits Ende der 50er Jahre gemeinsam mit einer Cousine.
Hauptsächlich hätten sie dort Kameras verkauft und Fotos entwickelt, erzählt er. Nur ab und an hätte er Aufträge angenommen, um zum Beispiel bei Hochzeiten zu fotografieren. Doch mit der Zeit war der Laden, in dem auch Spielwaren und Modellbauartikel verkauft wurden, finanziell nicht mehr rentabel. 1985 wurde er aufgegeben und Wolfart ging zu einem Einzelhändler nach Würzburg. „Aber auch da war ich für die Fotoabteilung zuständig“, sagt er.
Alles ist unscharf
Und noch heute, 17 Jahre nachdem er im Jahr 2000 in Rente gegangen ist, beschäftigt sich der 80-Jährige gerne mit seinen Fotos. Seit 2011 besitzt er eine Digitalkamera, auch wenn er wegen seiner schlechten Augen auf dem Bildschirm nichts erkennen kann. „Aber wenn ich durch den Sucher schaue geht es“, sagt er. Trotzdem sei es sehr ärgerlich, dass seine Sehkraft nachlasse. Denn: „Für einen Fotografen ist Schärfe das Wichtigste und jetzt ist alles unscharf.“
Trotzdem ist er gewillt, ein neues Projekt anzugehen. „Als nächstes will ich alle Schulen in Kitzingen fotografieren“, sagt er. Diese neuen Bilder wolle er dann mit alten Aufnahmen der Gebäude zu einer Art Collage zusammenstellen, wie er es schon bei anderen Bildern gemacht hat. Das soll seine Sammlung mit all den in Alben abgelegten und auf Karton aufgeklebten Bildern ergänzen. Denn schließlich ist diese seine große Leidenschaft.