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KITZINGEN/WÜRZBURG
Der Einbrecher kam nach Mitternacht
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Foto: Uwe Anspach (dpa) | Gesetzesbücher (Symbolbild)
Franz Barthel
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:15 Uhr

Damit hatte die 8. Kammer des Landgerichts Würzburg nicht gerechnet: Ein polnischer Staatsangehöriger, als Serien-Einbrecher angeklagt, sagte nach Verlesen der umfangreichen Anklageschrift auf die Frage des Vorsitzenden Richters Konrad Döpfner, ob der Staatsanwalt was Falsches behauptet hat: „Nein, stimmt alles so!“

Einbrüche häuften sich

Dieses überraschende Geständnis hat wohl damit zu tun, dass die Staatsanwaltschaft etwa 80 Fälle, die die Kitzinger Polizei dem Mann „zugeordnet“ hatte, auf 15 Anklage-Punkte „eindampfte“ und den Rest vorläufig einstellte. Einbrüche im Stadtgebiet von Kitzingen, überwiegend entlang der Bundesstraße 8, hatten sich von August bis November 2016 gehäuft. Der Prozess, für den Verhandlungstage bis Mitte März mit zahlreichen Zeugen angesetzt waren, wird daher erheblich früher zu Ende gehen.

Der 28-Jährige war nach Verlust seines Arbeitsplatzes bei der Post in Kitzingen wegen zahlreicher Paketdiebstähle und einer Verurteilung zu zehn Monaten mit Bewährung in der Obdachlosen-Szene in der Egerländer Straße untergetaucht. Von dort ist er meist nach Mitternacht, zwischen zwei und drei Uhr früh, zu Straftaten aufgebrochen: Dazu nahm er sich stets aus einem Fahrrad-„Pool“ vor Ort eines der Räder, die – so ein Polizeibeamter – allen und keinem gehören.

In seinem Rucksack hatte er einen Zimmermanns-Hammer zum Aufhebeln von Fenster und Türen, Handschuhe, eine Taschenlampe und eine Maske. Die Polizei hatte den Mann „im Visier“, konnte ihn aber lange nicht überführen und erst im November 2016 bei einem Einbruch in eine Shisha-Bar festnehmen.

Auf die Frage des Gerichts, ob er vielleicht tagsüber beim Gang durch Kitzingen schon plante, wo er dann nachts einsteigen könnte, sagte der Angeklagte „nein“, so sei es nicht gewesen. Er sei losgefahren und habe spontan angehalten, wo er meinte, dass es sich lohnt.

Den Eindruck hatte man bald auch bei der Polizei, denn der Mann sei auch eingestiegen, wo erkennbar nichts oder nicht viel zu holen war. Außerdem fiel den Ermittlern an den Tatorten auf, dass der Einbrecher offensichtlich „alles brauchen kann“. Von einer Packung mit 100 Einweg-Handschuhen, Duftkerzen und einer Stichsäge bis zu Kopfhörern und einem Flachbildschirm, einer Bahn-Card 1. Klasse und Schlüsseln, für einen Pkw und auch für ein Schließfach bei einer Kitzinger Bank.

Tatorte waren mehrere Gastronomiebetriebe, ein Sonnen- und ein Haarstudio, zwei Gärtnereien, ein Lebensmittelmarkt, eine Wohnung und ein Kellerabteil in einem Mehrfamilienhaus, ein Café und Büro-räume im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 250 Euro war die höchste Beute in einer Nacht, außerdem leerte der Angeklagte wiederholt Kaffee-Kassen mit meist zweistelligen Beträgen. In den meisten Fällen lag der angerichtete Sachschaden erheblich über dem Wert der Beute.

Mit Schloss-Stechen soll der Angeklagte an zwei Zugmaschinen eines Schaustellers während der Etwashäuser Kirchweih die Fahrertüren geöffnet, das Handschuhfach durchsucht und von der Ladefläche unter anderem Tüten mit Plüschtieren mitgenommen haben, die als Gewinne an einer Schießbude oder bei einer Tombola vorgesehen waren. Auch das gibt der Angeklagte zu, behauptet allerdings, die Fahrertüren seien nicht verschlossen gewesen.

Fotos nicht gelöscht

Bei der Aufklärung zahlreicher Fälle hat der 28-Jährige ungewollt die Polizei unterstützt: Die Beute aus den Einbrüchen hat er nämlich stets mit seinem Smartphone fotografiert, an Bekannte verschickt und zum Kauf angeboten.

Da er die „preisgünstigen Sonderangebote“ nicht löschte, war das Smartphone nach seiner Festnahme ein wichtiger „stummer Zeuge“ für die Ermittler.

Die Verhandlung wird am 22. März fortgesetzt.

 
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