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WÜRZBURG/LANDKREIS KT
Der Dialekt lebt – auch dank Facebook & Co
Ralf Dieter
 |  aktualisiert: 06.03.2015 16:25 Uhr

Die Gesellschaft ist im Wandel. Und die Sprache mit ihr. Entgegen landläufiger Vermutungen sind die Dialekte nicht vom Aussterben bedroht. Aber sie wandeln sich. Hin zu größeren Einheiten. Dazu tragen auch die digitalen Medien bei.

Das Unterfränkische Dialektinstitut (UDI) ist am Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaft angesiedelt, das zum Institut für deutsche Philologie der Uni Würzburg gehört. Seit 2003 gibt es diese Einrichtung, die wissenschaftliche Forschung und Beratung der Öffentlichkeit miteinander verbindet und maßgeblich von der Unterfränkischen Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken unterstützt wird.

In den Anfangsjahren gab es zwei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und viele Hilfskräfte, die vor allem im Rahmen eines groß angelegten Schulprojekts dank der fünfjährigen Förderung durch die Stuttgarter Robert Bosch Stiftung beschäftigt werden konnten. Die Gelder sind mittlerweile knapper geworden, jetzt gibt es nur noch eine wissenschaftliche Mitarbeiterin und eine studentische Hilfskraft. Dabei gibt es genug Themen, mit denen sich die Wissenschaftler befassen könnten. Aktuelles Beispiel: Dialekt und digitale Medien.

„Dialekte leben vor allem in der gesprochenen Sprache“
Prof. Dr. Klein Projektleiter UDI

„Dialekte werden vor allem mündlich überliefert, sie leben vor allem in der gesprochenen Sprache“, erklärt UDI-Projektleiter Prof. Dr. Wolf Peter Klein. Die Schriftsprache ist in der Regel keine Dialektsprache. Mit Twitter, Facebook, WhatsApp und Co. ändert sich das. Zum ersten Mal im Laufe der Sprachgeschichte kollidieren die Distanz des Schriftwesens und die sprachliche Nähe des gesprochenen Wortes, wie es die Wissenschaftler ausdrücken. Mit anderen Worten: Dialekt wird dank der sozialen Netzwerke auch schriftlich ausgedrückt.

„Die deutsche Standardsprache wird in den sozialen Netzwerken jedenfalls nicht immer benutzt“, sagt UDI-Mitarbeiterin Dr. Monika Fritz-Scheuplein. „Leider gibt es zu diesem Thema noch keine konkreten Daten“, bedauert Klein. Aber das UDI setzt das Thema mit den Möglichkeiten um, die es noch zur Verfügung hat: Jahr für Jahr werden Schülertage an der Universität organisiert. In diesem Jahr lautet das Thema „Dialekt und neue Medien/soziale Netzwerke“.

Die Wissenschaftler denken in großen Zusammenhängen und in großen zeitlichen Abschnitten. Die Dialektforschung macht da keine Ausnahme. Mitte des 17. Jahrhunderts gab es noch keine übergreifende deutsche Standardsprache. Vereinfacht ausgedrückt: alles war Dialekt. Dank der wachsenden Mobilität und sozialer Umschichtungen bildete sich eine Standardsprache heraus, Dialekte waren plötzlich in den gehobenen Schichten verpönt.

Auf dem Land hielten sich Dialekte am lebendigsten. „Die Vorstellung, dass jeder Ort seinen eigenen Dialekt hatte, stimmt zwar nicht“, sagt Fritz-Scheuplein. „Aber es gibt vereinzelte Wörter und Aussprachevarianten, die es nur in einem kleinen Bereich gegeben hat.“ Von Ortsdialekten sprechen die Wissenschaftler in so einem Fall. Und die wandeln sich seit geraumer Zeit zu so genannten Regiolekten, also zu größeren Einheiten, in denen eine bestimmte Sprache gesprochen wird.

Diese Regiolekte werden nach Ansicht von Prof. Klein sehr beständig sein. Mit einer weiteren Ausdehnung der Sprachgrenzen oder gar einem langsamen Tod der Regiolekte rechnet er nicht. „Dafür ist die Identität der Menschen viel zu stark mit ihrer Sprache verbunden.“ Und das Image von Dialekten hat sich längst gewandelt. Klein: „Vor hundert Jahren musste man den Dialekt vermeiden, wenn man in der Gesellschaft etwas darstellen wollte. Heute ist der Dialekt längst in der Gesellschaft akzeptiert, jedenfalls dann, wenn er in der richtigen Situation gebraucht wird.“ Beweise dafür liefern Sendungen wie der Tatort oder Regionalkrimis. Und Kabarettisten nutzen die Vorteile des Dialektes ganz bewusst – werden sie doch mittlerweile deutschlandweit verstanden.

Drei Gedichte im Dialekt: 2009 hat das UDI einen Schülertag zum Thema Dialekt und Lyrik organisiert. Dabei entstanden unter anderem die drei Gedichte von Schulklassen aus dem Landkreis Kitzingen, die hier abgedruckt sind.

Dialekt-Gedichte

Drei Gedichte: Im Jahr 2009 hat das UDI einen Schülertag zum Thema Dialekt und Lyrik organisiert. Dabei entstanden unter anderem diese drei Gedichte von Schulklassen aus dem Landkreis Kitzingen:

Schulalldach Jedn Dach geh i nei mei Glassn.

A aufgwühlt, unruhichn Massn.

Um achte, wenn die Gloggn glingt,

renn ma aufn Blatz ganz gschwind.

In jedm Fach des i ned kann,

komm i bestimmd zehn ma dran.

Do wenn ma dann nei die Bausn gehn,

freu ma uns, unsa Freunde zu sehn.

Ob essn, quatschn oder singen,

jedn dud des Freude bringen.

Abba wenn ma dann widda nein Unerrichd muss,

dann is mitn Spaß ganz schnell schluss.

Bio un Mathe sin für mi a Graus,

do zum Glück is die Schul um enze aus.

Dahem is dea Stress erschdma vergessn

un i freu mi aufs gude Middachessn.

Mit Fleiß geh I ran an mei Hausaufgaben,

abba nach zwe Minudn bin i eh widda am Versachn.

Am nägstn Dach fängt alles widda a,

abba i komm in annere Fächer dra.

Steigerwald Landschulheim (8c)

Wiesentheid

Jed'n Amnd äs gleiche

die modder ruft zum assn

und fadder bleckd:

„schick di, i bin hungri“

na doll, jed'n amnd äs gleiche.

i boller die drebbn noo

“was gibts'n zu assn?”

„erdäpflsubbn“ meend modder grimmi

na doll, jed'n amnd äs gleiche.

i hass subbn,

die modder wäss des.

„die subbn ess i nit!”

„obber doch”, schend der fadder

na doll, jed'n amnd äs gleiche.

i mooch obber nit!

modder schaud mi a,

drauri, enddeuschd:

„i hoob miä sou än haufn müh gääm“ sechd se.

„ass die subbn“, brölld der fadder.

na doll, jed'n amnd äs gleiche.

i wüdnd, verarcherd,

fadder zorni,

muddä drauri,

na doll, jed'n amnd äs gleiche.

Klasse 8d

Gymnasium Marktbreit

Schaiß Wegga

Dea Wegga glinglt

und I wach auf.

Schaiß Wegga!

s’is viel zu früh zum Aufsteh,

I will no net in die Schul geh.

s glinglt imma laudä.

Schaiß Wegga.

i werf di ausm Fenster.

I hob ken Bock aufzusteh.

Schaiß Wegga,

I schmess die on die Wend.

I will mi noma im Bett rumdreh.

halts Maul!

Schaiß Wegga,

Auf Busfahrn hob i a ken Bock,

da muss i neba der Dusse hock.

Schaiß Wegga,

i ertränk di im Aguarium,

i will net rausgeh.

Schaiß Wegga,

i vergrob di im Gadden,

i will die nie wida seh.

Ausm Bett kämpf i mi,

da schau i zum Kalenda hi.

Samsdoch!!!

Schaiß Wegga!

Klasse 8d

Gymnasium Marktbreit

 
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