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Der Brandstifter vom Dienst
Kitzingen Feuerwehrmänner sind gemeinhin da, um Brände zu löschen. Bei dem 21-Jährigen war es genau umgekehrt: Er legte im Juni und Juli vergangenen Jahres gleich acht Brände, um wenige Minuten später mit seinen Feuerwehr-Kollegen zur Brandlöschung auszurücken.
Von unserem Redaktionsmitglied Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 03.12.2006 22:29 Uhr
Die Situation war grotesk: Von seinem Kommandanten wurde der 21-Jährige für seinen Einsatz gelobt. Kurz darauf wurde der Kommandant selber Opfer des Brandstifters vom Dienst, als sein Stoppelfeld plötzlich in Flammen stand. Irgend etwas konnte da nicht stimmen. Acht Brände in fünf Wochen - die Feuerwehrleute begannen zu ahnen, dass da wohl einer aus ihren Reihen öfter zum Feuerzeug griff.

Aufgehört hat der 21-Jährige allerdings von sich aus - wohl, weil er ahnte, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es schlimmer werden und wirklich etwas passieren würde. Größere Schäden entstanden bei den acht Bränden nicht: Mal brannte ein Acker, mal ein Strohhaufen, ein Getreidefeld oder der Bahndamm. Hier gab es noch die gravierendsten Auswirkungen, weil als Vorsichtsmaßnahme von den Sicherheitskräften kurzzeitig der Zugverkehr gestoppt wurde.

Warum tut einer sowas? Und vor allem: Macht er es womöglich wieder? Genau um diese Fragen drehte sich alles bei der gestrigen Verhandlung vor dem Kitzinger Jugendrichter Wolfgang Hülle. Der Angeklagte hatte, nachdem die Feuerwehr-Kameraden und die Kripo auf den Zahn gefühlt hatten, alles zugegeben. Die Frage nach dem Grund für die Brandstiftungen gestaltete sich da schon etwas schwieriger - und ist wohl in den Familienverhältnissen zu suchen. Die Mutter starb vor neun Jahren, mit dem Vater und der Stiefmutter versteht sich der junge Mann nicht, hinzu kommt ein Dauer-Zwist mit seinem Bruder. "Es war wie ein Ventil", betonte der Brandstifter vor Gericht. Es sei damals "alles zusammengekommen".

"Das ist für Sie wie eine doppelte Bewährung"

Wolfgang Hülle Kitzinger Jugendrichter

Außerdem habe schlichtweg nicht gewusst, wohin mit seiner Zeit, weil er sich nur mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Der Versuch, eine Lehre zu machen, scheiterte bereits zweimal: Im ersten Anlauf ging der Lehrbetrieb pleite, Versuch Nummer zwei beendete der 21-Jährige, weil ihm die Arbeit nicht schmeckte.

So schwierig die Familien-Verhältnisse, so intakt ist zum Glück für den jungen Mann die Gemeinschaft im Ort: Trotz der Brand-Serie entschied sich die Feuerwehr - wenn auch nach harten Diskussionen - den 21-Jährigen nicht hochkant rauszuwerfen. Und auch der Bürgermeister nahm den Problemfall unter seine Fittiche und hilft unter anderem bei der Lehrstellen-Suche.

Die zweite Chance gibt es nicht nur im Ort, sondern auch vor Gericht. Das Verfahren wurde wegen der "außergewöhnlichen Umstände" eingestellt, allerdings muss der 21-Jährige stolze 160 Stunden soziale Hilfsdienste ableisten. Und er muss sich, so das Gericht, klar machen, dass es solch ein Entgegenkommen nicht nochmal gibt: "Das ist für Sie wie eine doppelte Bewährung!"

 
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