Es ist ein Generationswechsel. Auf Paul E. Ritter folgt Cornelius Lauter. Die GWF hat einen neuen Geschäftsführenden Vorstand. Und der steckt voller Energie. Dass er die auch brauchen wird, ist ihm klar. Große Veränderungen stehen an.
Seit dem 1. Juli dieses Jahres steht der 35-Jährige an der Spitze der größten Weingenossenschaft in Franken. Er löste Paul Ritter ab, der am 2. Juli seinen 65. Geburtstag feiern konnte. Unter dessen Führung entwickelte die GWF neue Marken und verbesserte die so genannten Wertschöpfungsprozesse. Cornelius Lauter ist sich der Schwere der künftigen Aufgabe durchaus bewusst, spricht von einer großen Herausforderung. Die Lust am Gestalten ist ihm anzusehen.
„Keiner wartet auf uns“, weiß der Mann, der in Retzbach aufgewachsen ist und Oenologie sowie Getränketechnologie in Geisenheim studiert hat. Sein oberstes Ziel: Dem Markt diejenigen Produkte liefern, die er fordert. Das erfordert nicht nur eine genaue Beobachtung des Ist-Zustandes, sondern auch eine gewisse Weitsicht. Eine möglichst treffsichere Einschätzung der Zukunft.
Sortiment verschlanken
„Wir werden unser Sortiment verschlanken“, kündigt Lauter an. Die meisten Konsumenten wollen nicht mehr komplizierte und detailreiche Angaben auf dem Etikett, sondern ein möglichst klares Bild auf einen Blick bekommen. Auch optisch werden sich die GWF-Produkte deshalb anpassen. „Unsere Kundschaft verändert sich“, sagt Lauter. „Also müssen wir uns auch verändern.“
Einfacher machen
Der Markt bestimmt die Regeln. Die GWF will deshalb künftig verstärkt auf Marken wie die „Jungen Frank'n“ setzen, die „Komplexität entflechten“, wie es der Vorsitzende der GWF, Andreas Oehm, ausdrückt. Vor allem im Lebensmitteleinzelhandel (LEH), der rund 75 Prozent des Umsatzes ausmacht, sind komplizierte Produktbeschreibungen nicht mehr gefragt.
Verschlanken will sich die GWF auch bezüglich ihrer Vinotheken und Kelterstationen. Elf Stück gibt es derzeit, verteilt in ganz Weinfranken. Die regionale Verteilung soll erhalten bleiben, die Zahl der Vinotheken aber auf fünf Standorte reduziert werden: Iphofen, Stetten, Reicholzheim, Volkach und Repperndorf. In Volkach und Würzburg sollen außerdem die beiden Weinbistros weiter betrieben werden. „Wir haben viele Gäste in Weinfranken“, weiß Andreas Oehm. „Aber die Zeiten, in denen die Leute kamen und ihren Kofferraum automatisch vollgeladen haben, sind vorbei.“ Es gelte daher, andere Vertriebswege auszuloten. Die GWF will beispielsweise ihren Online-Handel ausbauen.
Den Export wollen Oehm und Lauter auch weiterhin „homöopathisch“ betreiben, keinen allzu großen Aufwand hineinstecken. Innerhalb Deutschlands halten sie allerdings weiter die Augen offen, um neue Märkte zu erschließen. In der Region München ist das längst gelungen, sie hat sich bereits als lohnender Markt erwiesen. Lauter kann sich auch eine größere Präsenz in Nordrhein-Westfalen und/oder in Oberfranken vorstellen. „Und die 'Jungen Frank'n' wollen wir auch weiterhin in den Lebensmitteleinzelhandel in ganz Deutschland platzieren“, kündigt er an.
Verschiebungen möglich
Veränderungen in der Ausrichtung gehen oft mit Veränderungen beim Personal einher. 135 Mitarbeiter hat die GWF derzeit, etliche stehen kurz vor der Rente. Kündigungen werde es aller Voraussicht nach keine geben. Andreas Oehm spricht eher von Verschiebungen. Neue Arbeitsplätze werden entstehen.
Neubau geplant
Die GWF plant einen großen Neubau. Unterhalb des Hauptgebäudes, an der Straße in Richtung Buchbrunn, wird im kommenden Jahr der Spatenstich für den Bau einer modernen Kelterstation erfolgen. Einen zweistelligen Millionenbetrag investiert die GWF in diesen Bau. Nach und nach werden die Kelterstationen im Umland geschlossen, bis 2025 soll dieser Prozess abgeschlossen sein. Ein Teil der Ernte von 2020 soll schon in die neue Kelterhalle geliefert werden.
1250 Winzer
Etwa 1250 aktive Winzer hat die GWF derzeit. „Das ist unser Potenzial“, sagt Cornelius Lauter. Im Schnitt bewirtschaftet jeder Winzer einen Hektar Rebfläche. Mit gezielten Schulungen sollen die Mitglieder auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet werden. „Natürlich wollen auch wir die Anbaubedingungen für den Silvaner möglichst optimal gestalten“, sagt Lauter. Der Silvaner soll die wichtigste Rebe bleiben. Für den Bacchus und den Riesling sieht er wegen des Klimawandels nur begrenzt weiteres Potenzial in Franken. Auch hier bahnt sich ein Generationswechsel an.