zurück
KITZINGEN
Das Tierheim steht vor dem Aus
Die Idylle trügt: Das Kitzinger Tierheim steht auf äußerst wackligen Füßen. Ihm droht wegen des brüchigen Untergrunds die Schließung.
Foto: Harald Meyer | Die Idylle trügt: Das Kitzinger Tierheim steht auf äußerst wackligen Füßen. Ihm droht wegen des brüchigen Untergrunds die Schließung.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 11.12.2019 21:40 Uhr

Iris von Crailsheim sagt, sie könne es „nicht fassen“. Am Abend zuvor hat der Stadtrat Iphofen das Ansinnen des Kitzinger Tierschutzvereins abgelehnt, vor den Toren der Stadt ein Grundstück für ein neues Tierheim im Landkreis zur Verfügung zu stellen. „Das haut mich um“, sagt die stellvertretende Vereinsvorsitzende, die erst durch den Anruf dieser Redaktion von der Ablehnung erfahren hat.

Was bedeutet das für die seit Längerem währende Suche des Vereins nach einer Bleibe? Wie soll es nun weitergehen nach dieser wieder mal geplatzten Hoffnung? Iris von Crailsheim sagt: „Jetzt sind die Kommunen dran. Sie müssen den Ernst der Lage begreifen, was es heißt, wenn es uns nicht mehr gibt.“

Aus für Standort besiegelt

Mit einem Handstreich, ohne größere Diskussion, hat der Stadtrat am Montagabend das Aus für den Standort besiegelt. Das hatte sich abgezeichnet nach einer Sitzung Anfang August, als mehrere Stadträte schon offen Skepsis und Bedenken geäußert hatten gegen das Grundstück an der Südwest-Einfahrt von der Bundesstraße 8 ins Gewerbegebiet „Alte Reichsstraße“.

Sie wurden nun bestärkt in ihrer Annahme, der Bau des Tierheims an dieser Stelle könnte sich nicht vertragen mit den Erweiterungsplänen der Stadt für das Gewerbe- und Industriegebiet. Bürgermeister Josef Mend zitierte aus einem Schreiben des Kitzinger Landratsamtes, das Interessenskonflikte nicht ausschließen mochte. Größeren Betrieben könnten in der Nachbarschaft zu einem Tierheim Nachteile entstehen, hieß es, ohne diese Nachteile konkret zu benennen. Dem Iphöfer Stadtrat genügte das, um geschlossen gegen eine Änderung des Flächennutzungsplans zu stimmen, die nötig gewesen wäre, um den Bau für das Tierheim freizumachen.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Ultimatum für altes Tierheim gestellt

„Im Grunde ist das nicht nachvollziehbar“, sagt Iris von Crailsheim. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir durch Geräusche jemanden stören, durch Gerüche schon mal gar nicht.“ Der Verein stehe nun wieder ganz am Anfang, aber vielleicht ist er auch „am Ende“, wie die stellvertretende Vorsitzende sagt. Denn über dem alten Tierheim im Westen Kitzingens liegt eine ebenso unsichtbare wie unkalkulierbare Gefahr: Durch Hohlräume im Untergrund droht dem in die Jahre gekommenen Gebäude der Boden unter den Füßen wegzubrechen.

Das Bergamt Nordbayern hat deswegen ein Ultimatum gestellt, den Standort zu sichern oder so rasch wie möglich zu räumen. „Wir haben enormen Zeitdruck“, sagt Iris von Crailsheim mit Blick auf das jüngste Gutachten des Bergamts. „Bei uns brennt es lichterloh.“

„Es wird darauf hinauslaufen, dass das Tierheim vom Bergamt geschlossen wird.“
Iris von Crailsheim, Kitzinger Tierschutzverein

Eine Sanierung durch Verfüllen der Hohlräume würde vorsichtigen Schätzungen zufolge bis zu einer Million Euro kosten. Dabei aber wäre die Stadt Kitzingen als Eigentümerin des Grundstücks in der Pflicht. Der Kitzinger Oberbürgermeister Siegfried Müller habe dem Verein zwar in einem Brief seine Hilfe signalisiert, aber ein Angebot für ein geeignetes Grundstück ist darin nicht enthalten, wie Iris von Crailsheim sagt.

Wie geht es weiter?

An vielen Stellen des Kitzinger Tierheims tun sich Risse auf. Die Gruben des ehemaligen Kalksteinabbaus im Untergrund geben allmählich nach.
Foto: Harald Meyer | An vielen Stellen des Kitzinger Tierheims tun sich Risse auf. Die Gruben des ehemaligen Kalksteinabbaus im Untergrund geben allmählich nach.

Alle Bürgermeister im Landkreis habe der Verein angesprochen, 25 bis 30 Grundstücke seien genannt worden. Doch die Erfolgsquote lag bei null. Wie es weitergeht? Sie müsse nun mit ihren Vorstandskollegen die Lage diskutieren. Klar ist aber: Einen Plan B, sprich weitere Optionen, gibt es nicht. „Es wird darauf hinauslaufen, dass das Tierheim vom Bergamt geschlossen wird.“

Für die Städte und Gemeinden im Landkreis hieße das, sie müssten sich dann selbst um Fundtiere kümmern und „so verwahren können, wie wir das tun“, sagt Iris von Crailsheim. Im Jahr 2017 hat das Kitzinger Tierheim nach eigenen Angaben 159 Hunde, 115 Katzen, 26 Kleintiere und elf Vögel aufgenommen. Ins Geld geht vor allem die Pflege von Fundkatzen. Umliegende Tierheime hätten zwar im Falle einer Schließung von Kitzingen angeboten, vorhandene Tiere aufzunehmen, aber dies sei allenfalls als vorübergehende Hilfe gedacht, nicht als Dauerlösung, betont Iris von Crailsheim.

„Und was geschieht mit dem Personal, das dann auf der Straße steht?“ Seit 1988 leitet Angela Drabant das Kitzinger Tierheim, seit zehn Jahren geht ihr ein Tierpfleger zur Hand. Auch ihre Zukunft ist offener denn je.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Kitzingen
Iphofen
Eike Lenz
Josef Mend
Siegfried Müller
Stadt Kitzingen
Tiere und Tierwelt
Tierheim Kitzingen
Tierheime
Tierschutzvereine
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • MFR
    Wahlwerbung der Freien Wähler: Der "Klartexter" Josef Mend will kein Tierheim in Iphofen, lieber eine lukratives Gewerbegebiet. Und wo bleibt der Einsatz der allseits präsententen omnipotenten "Entscheiderin" Tamara Bischof?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • IEbersberger@ringfoto.de
    Das ist einfach nur traurig und armselig. Gerade Iphofen hat durch die ansässigen Firmen genügend Gewerbesteuereinnahmen und für viele andere Dinge ist Geld vorhanden. Haben sich die Verantwortlichen überlegt wie das Problem mit Fundtieren gelöst werden soll wenn es kein Tierheim mehr gibt das sich so liebevoll um alle Tiere kümmert?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michael Fischer
    Bei uns in Haßfurt war vor Jahren auch das selbe Problem. Baufällig und nicht mehr zu sanieren. Wurde geschlossen und erst ca. 5 Jahre danach wurde ein neues Tierheim errichtet nach vielen Trara. Hoffentlich geht es den Kitzingern besser.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • werkstatt
    Wäre es ein Unternehmen, das Gewerbesteuereinnahmen bringt, hätte man sofort zugestimmt! Armselig!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • werkstatt
    Wenn die Herren und Damen vom Landratsamt schon solche Vermutungen aussprechen, dann sollten doch die sich darum kümmern. Ist schliesslich ein Landkreisproblem!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ulrich.kretzer@web.de
    nur noch traurig. Für sämtlichen anderen Rotz ist Geld da, aber für Tiere nicht. Wir denken ganz fest an das Tierheim und drücken die Daumen, dass es weitergeht. Uns trifft es emotional auch sehr stark, da wir unseren Rumo (ehemals Ariel) vor über 3 Jahren aus dem Tierheim geholt haben. Nur zum ganz kleinen Trost: Rumo geht es mit seiner Hundekorbgenossin Juli prächtig, er ist kerngesund und feiert im Oktober seinen 9. Geburtstag. Wir drücken ganz fest die Daumen und hoffen inständig, dass den politisch Verantwortlichen doch noch ein Licht aufgeht, bevor den Tierheim Kitzingen das Licht ausgeht. Familie Kretzer
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • jebusara@web.de
    Tiere haben keine Lobby. Es wird so viel Geld für unnütze Dinge ausgegeben aber jedes Tierheim muss ums Überleben kämpfen, um Spenden betteln und um jeden Cent "dankbar" sein. Warum kommt z. B. die willkürlich erhobene Hundesteuer nicht den Tierheimen zugute?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten