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Das Leben geht weiter
Zusammen stark: Rosi und Hermann Maltry. Der 79-Jährige lebt seit mittlerweile rund 15 Jahren mit der Diagnose Parkinson.
Foto: Ralf Dieter | Zusammen stark: Rosi und Hermann Maltry. Der 79-Jährige lebt seit mittlerweile rund 15 Jahren mit der Diagnose Parkinson.
Ralf Dieter
 |  aktualisiert: 13.01.2016 11:06 Uhr

„Die Diagnose war ein Hammer.“ Hermann Maltry kann sich noch gut an den Tag erinnern, als ihm der Arzt seine Krankheit eröffnete: Parkinson. Mehr als 15 Jahre ist das jetzt her. Maltry hat sich mit der Krankheit arrangiert. „Vieles hat sich im Lauf der letzten Jahre verbessert.“ Das Image beispielsweise, nachdem sich Persönlichkeiten wie Muhammed Ali oder Ottfried Fischer zu der Krankheit bekannt haben. Und die Medizin hat auch Fortschritte gemacht.

Die Selbsthilfegruppe Parkinson trifft sich einmal im Monat, Hermann Maltry ist seit zehn Jahren ihr Vorsitzender. „Ich wollte noch etwas Sinnvolles tun“, erzählt er. Das ist ihm zweifellos gelungen. Von einem positiven Solidaritätseffekt spricht Dr. Elisabeth Jentschke, Neuropsychologin an der Uniklinik Würzburg. Die rund 140 Mitglieder der Selbsthilfegruppe unterstützen sich gegenseitig. Ihre Angehörigen sind immer mit dabei. „Das ist wichtig“, betont Dr. Jentschke. „Hier können sie sich mit anderen Menschen austauschen und Solidarität erleben.“

„Aber man kann mittlerweile die Krankheit gut therapieren.“
Dr. Elisabeth Jentschke Neuropsychologin

Jentschke beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Krankheit. Ungefähr 13 000 Neuerkrankungen gibt es pro Jahr in Deutschland, Tendenz steigend, schon wegen des demografischen Faktors. Oft verlaufen die Erkrankungen nach einem typischen Muster. So wie bei Hermann Maltry.

Der gelernte Koch hat in den besten Häusern Deutschlands gearbeitet, zuletzt als Küchenchef in Koblenz. Für Staatsbankette hat er die Speisen zubereitet, Arbeitstage mit mehr als zwölf Stunden waren die Regel. Maltry hat sich auf einen entspannten Lebensabend gefreut, hat Pläne geschmiedet. Einmal rund um die Welt und jeden Abend bei einem Koch essen, den er ausgebildet hat. Es sollte ganz anders kommen.

Die ersten Symptome sind schon Mitte 50 aufgetreten – Tage ohne Geruchssinn. „Ich habe das damals nicht weiter beachtet“, erzählt er. Jahre später haben ihn seine Frau und seine Kinder gedrängt, zum Arzt zu gehen. Irgend etwas stimmte nicht. Das Schreiben viel ihm schwer, die Schrift wurde immer kleiner, die Aussprache hatte sich verändert. Relativ schnell stand die Diagnose fest. Acht Jahre konnte Hermann Maltry dank der richtigen Medikamente beinahe beschwerdefrei weiterleben. „Dann kamen die ersten Schübe.“

Zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr wird Parkinson am häufigsten diagnostiziert. Nur einer von zehn Patienten ist jünger. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Eine Heilung gibt es noch nicht. „Aber man kann mittlerweile die Krankheit gut therapieren“, sagt Dr. Jentschke.

Je früher Parkinson diagnostiziert wird, desto besser sind die Therapieerfolge. Eine gezielte Therapie kann die Krankheit deutlich mildern. Am wichtigsten bleibt die medikamentöse Einstellung der Patienten. Zusätzlich gehören zu einer umfassenden Behandlung Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie und neuropsychologische Therapie: Das Spektrum ist groß. Bewegung tut auf jeden Fall gut.

Hermann Maltry macht Gleichgewichtsübungen, geht zur Wassergymnastik und außerdem in die „Muckibude“, wie er das Fitnesscenter um die Ecke nennt. „Lange Strecken kann ich nicht mehr laufen“, sagt er. Erst Recht nicht seit dem Oberschenkelhalsbruch, den er sich im letzten Jahr zugezogen hat. „Ich bin einfach umgefallen“, berichtet er. Auch ein typischer Fall für Parkinson-Kranke. Vor allem in Stresssituationen wird es brenzlig. Dann blockieren die Nerven, nichts geht mehr. „Freezing“ nennen es die Mediziner. Kein ungefährlicher Zustand.

„Bei den nicht-medikamentösen Therapien geht es immer darum, dass die Patienten auch lernen, mit verschiedenen Extremsituationen umzugehen“, erklärt Dr. Jentschke. Entspannungsmethoden sind genauso hilfreich wie Sprachübungen. Selbst wenn die Medikamente nicht mehr helfen, gibt es Möglichkeiten, den Betroffenen das Leben mit der Krankheit zu erleichtern. Bei der Tiefenhirnstimulation, die unter anderem an der Uniklinik in Würzburg angewendet wird, werden Elektroden in den betroffenen Hirnbereich eingepflanzt. „Das funktioniert wie eine Art Hirnschrittmacher“, erklärt Jentschke. Gerade bei Menschen mit zunehmender Starrheit (kinetisch-rigide Symptome) und Einschränkung in der Motorik hat die Uniklinik gute Erfahrungen gemacht.

Hermann Malty ist mittlerweile 79 Jahre alt. Seit rund 15 Jahren lebt er mit der Diagnose Parkinson. Sein Leben hat sich seither verändert. Das Laufen fällt ihm schwer, er spricht langsam. Manchmal schläft er mitten am Tag ein. „Das ist mir auch schon während des Essens passiert“, sagt er und lächelt. Aber den Kopf lässt der Höchberger deshalb nicht hängen. In diesem Jahr plant er wieder einen Urlaub mit den anderen Mitgliedern der Selbsthilfegruppe und im Herbst steht deren 30-jähriges Bestehen an. Allemal ein Grund zum Feiern.

Hintergrund

Name: Die Krankheit Parkinson ist nach dem englischen Arzt Dr. James Parkinson benannt. Er hat die Erkrankung bereits 1817 beschrieben. Welttag: Am 11. April, dem Geburtstag von Dr. James Parkinson. Kennzeichen: Bewegungsarmut, Zittern in Ruhe, Muskelsteifheit, Gang- oder Gleichgewichtsstörungen. Ursache: Unklar, in sehr wenigen Fällen ist die Krankheit erblich. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist sie nicht übertragbar. Selbsthilfegruppe: Kontakt: Hermann Maltry, Tel.: 0931/ 4049809, Email: maltry-hermann@t-online.de

Neues Verfahren: Wenn die Medikamente nicht mehr helfen, kann die so genannte Tiefenhirnstimulation Milderung verschaffen. Die Methode funktioniert wie eine Art „Hirnschrittmacher“.
Foto: Medtronic | Neues Verfahren: Wenn die Medikamente nicht mehr helfen, kann die so genannte Tiefenhirnstimulation Milderung verschaffen. Die Methode funktioniert wie eine Art „Hirnschrittmacher“.
 
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