Das Kaufhaus Stöhr ist Vergangenheit, nun hat das politische Tauziehen um das Ende 2018 geschlossene ehemalige Geschäft am Iphöfer Marktplatz begonnen. Der Stadtrat ist sich zumindest darin einig, nach einem Betreiber zu suchen, der in das verwaiste Gebäude möglichst rasch wieder Leben bringt – und das am besten in Form eines regionalen Genuss-Kaufhauses. Manchen Räten geht dieser Schritt aber nicht weit genug, wie sich in der Sitzung am Montagabend zeigte. Sie sehen das Kaufhaus als Teil des Ganzen und verlangen ein Konzept für den gesamten Marktplatz.
Eine Woche, nachdem eine Vertreterin des von der Stadt beauftragten Architekturbüros die Pläne in nichtöffentlicher Sitzung präsentiert hatte, befasste sich der Rat nun auch öffentlich mit dem Projekt. Die Zeit drängt: Bürgermeister Josef Mend sähe den Leerstand an so zentraler Stelle der Altstadt lieber heute als morgen beseitigt. Umgekehrt will die Stadt als Eigentümerin erst dann in die Infrastruktur und Ausstattung des Gebäudes investieren, wenn ein Betreiber und mit ihm ein schlüssiges Konzept gefunden ist. Auf diesen Fahrplan hatte vor allem dritter Bürgermeister Jörg Schanow gedrungen. Er wünsche sich eine „Art Wettbewerb“, bei dem mehrere Bewerber der Stadt ihr Konzept vorstellen.
Mit ein paar Kartoffeln ist es nicht getan
Auf rund 200 000 Euro sind die Kosten geschätzt, um das Gebäude „frisch zu machen und die technische Infrastruktur in Ordnung zu bringen“, wie Mend sagte. Schanow hielt diese Summe für zu hoch, um in Vorleistung zu gehen. „Ich habe mich schon kritisch geäußert, als wir das Anwesen zu einem sehr hohen Preis gekauft haben.“ Deshalb brauche es jetzt zunächst das Konzept eines Betreibers, das sich an „wirtschaftlichen Kriterien“ und am Bedarf ausrichte. „Hier ein paar Kartoffeln und dort ein bisschen Schnittlauch hinzustellen, das wird nicht funktionieren.“
Auch Mend machte im Verlauf der sehr sachlichen und konstruktiven Debatte deutlich, dass die Stadt auf Basis der bisherigen Überlegungen nach dem „richtigen Partner“ suchen und erst dann das Gebäude herrichten wolle. Es gebe „Interessenten, die sich das überlegen“, aber keine verbindliche Zusage. Vor einem „Schnellschuss mit halbherzigem Konzept“ warnte Otto Kolesch, der mit der Gestaltung des Kaufhauses eine Diskussion um die Entwicklung des gesamten Umfelds anstieß. Den Marktplatz – mitunter menschenleer, aber voller Fahrzeuge – mit neuen Impulsen zu versorgen und wieder zum Treffpunkt für Gäste und Einheimische zu machen funktioniere nur mit Menschen, nicht mit Autos. Deshalb brauche es dort eine Fußgängerzone, kontrollierten Parkraum und eine kleine Grünzone. Auch Udo Schumann sprach sich für einen neuen Versuch eines Verkehrskonzepts am Marktplatz aus.
Was das Kaufhaus angeht, so verlangte Kolesch von der Stadt, mehr Geld als die veranschlagten 200 000 Euro zur Verfügung zu stellen, um mit Hilfe eines „architektonischen Raumkonzepts“ die „größte städtebauliche Sünde am Marktplatz nach dem Zweiten Weltkrieg“ zu beseitigen. Der Erfolg des Hauses werde zum Großteil von dessen Architektur abhängig sein. Doch außer ihm und Bernd Hartmann stimmte am Ende keiner für diesen Antrag.
Der Markt regelt die Sache nur bedingt
In der Sache einig war man sich im Stadtrat, dass der Marktplatz ein paar frische Impulse gut vertragen könnte. „Im Moment haben wir da nicht viel zu bieten“, stellte Norbert Melber fest. Zu gewissen Tageszeiten werde in der Stadt gastronomisch „auf Sparflamme“ gekocht. „Es fehlt die kritische Masse, die das Ding zum Glühen bringt.“ Mit einem regionalen Spezialitätenkaufhaus mache man sich „nicht schick. Aber wir bremsen den Untergang“, so Melber.
Natürlich, sagte Mend, könne man sich zu Recht fragen, ob es Aufgabe einer Stadt sei, diese Impulse zu geben. „Aber alles, was wir heute zur Grundversorgung der Menschen brauchen, regelt der Markt nur teilweise. Wenn da die Kommune nicht eingreift und nicht aktiv wird, erlebt sie das größere Fiasko.“ Obwohl erste Überlegungen für das neue Kaufhaus auch einen Imbiss oder ein Café vorsehen, soll das Angebot laut Mend „keine Konkurrenz zu vorhandenen Unternehmen sein, sondern nur eine Ergänzung“. Der örtliche Bäcker- und Konditormeister Philipp Scheckenbach, der als Zuhörer in der Sitzung war und vom Stadtrat befragt wurde, äußerte dagegen schon „gewisse Bedenken“. Vor drei Jahren hat er die Bäckerei Franzenbäck in der Maxstraße übernommen, das Geschäft gehe „sehr gut“, so dass er nun plane, das Café zu renovieren. Die Idee, die Altstadt mit einem Genuss-Kaufhaus zu beleben, finde er gut. Man müsse aber sehen, dass sich ein Café und Bistro mit seinem Angebot überschneiden würden.
All diese Aspekte gilt es zu berücksichtigen, wenn die Lichter im Kaufhaus Stöhr bald wieder angehen sollen. Die Stadt will – diesen Beschluss im Stadtrat trugen letztlich alle mit – möglichst rasch einen Betreiber finden und diesen nach Kräften unterstützen. Die entsprechenden Mittel hat sie im diesjährigen Haushalt jedenfalls schon mal bereitgestellt.