Fränkische Obstlandschaften nennt sich das Projekt, das Jonas Braun seit Juli 2018 koordiniert. Der 27-Jährige, der an der Mainschleife aufgewachsen ist und nach seinem Studium der Umweltsicherung in Triesdorf bewusst in die Region zurückkehrt ist, erklärte im Gespräch mit dieser Redaktion, was die Probleme des Obstbaus im Landkreis sind und was er dagegen unternehmen will.
Frage: Was zeichnet die Fränkischen Obstlandschaften im Landkreis Kitzingen aus?
Jonas Braun: Die Vielfalt ist wahnsinnig groß, und zwar auf kleinem Raum. Einerseits was die Nutzungsformen betrifft, aber auch was das Klima, die Bodenverhältnisse und die Sortenvielfalt angeht. Im südlichen Kitzinger Landkreis, in dem viel Landwirtschaft betrieben wird, wird Obst vor allem für den Eigengebrauch genutzt. Es finden sich hier viele Streuobstwiesen an den Ortsrändern. Im Maintal, das geprägt ist durch den Weinbau und Sandböden, gibt es hingegen einige Obstplantagen. Die Betriebe dort verkaufen das Obst; der Zwetschgenanbau an der Mainschleife ist zum Beispiel ein großes Thema.
Wo liegen die Probleme beim Obstbau?
Braun: Dem gewerblichen Obstbau bereitet die Osterweiterung Schwierigkeiten. Viel Obst kommt aus Osteuropa rüber, wo es zu billigeren Lohnkosten produziert wird. Im internationalen Handel können die fränkischen Bauern langsam nicht mehr mithalten, was die Produktionskosten betrifft. Im Streuobstanbau ist es ein großes Problem, dass die Generation, die sich bis jetzt um die Bäume gekümmert hat, langsam zu alt wird, um diese Arbeit ausführen zu können.
Das Projekt soll von 2018 bis 2021 dauern. Was wollen Sie in dieser Zeit verändern?
Braun: Als Ziel habe ich mir gesetzt, dass der Obstbau in der Region wieder präsenter wird. Gleichzeitig will ich auch wieder mehr Bewusstsein für die Brenner schaffen, da diese das Obst auch verwerten. Außerdem sollen wieder mehr junge Bäume gepflanzt und dann gepflegt werden. Seit den Siebzigerjahren gibt es relativ wenige Neupflanzungen. Die Kartierung der Streuobstbestände im Landkreis Kitzingen, an der wir derzeit arbeiten, wird auch zeigen, dass die Bestände nahezu komplett verschwinden werden, wenn wir in den nächsten 20 Jahren nichts verändern.
In der Realschule in Kitzingen haben Sie ein "Obst Café "veranstaltet. Was war die Idee dahinter?
Braun: Die Idee war, alle Betroffenen aus dem Landkreis an einen Tisch zu bekommen. Es wurde in kleinen Arbeitsgruppen gearbeitet, sodass jeder zu Wort kommen konnte. Dabei wurden drei Fragen diskutiert.
Die erste Frage war, was an Obstkultur im Landkreis vorhanden ist, wie man diese sichern und erweitern kann. Was waren die Ergebnisse?
Braun: Einer der wichtigsten Punkte war die fachgerechte Pflege der Obstbestände. Es gibt immer weniger Leute, die wissen, wie das geht. Aus diesem Grund wollen wir Schnittkurse organisieren, um dieses Wissen zu vermitteln. Was Neupflanzungen betrifft, müssen wir im Blick behalten, dass diese zukünftig verstärkt für Naherholungsgebiete und touristisch interessant werden. Grundsätzlich ist es wichtig, dass die Frage nach der Pflege und der Verwertung des Obstes geklärt ist, bevor neue Bäume gepflanzt werden.
Vorschläge waren auch: eine gesetzliche Vorgabe, für jeden abgestorbenen Baum einen neuen zu pflanzen, oder sogar ein gesetzliches Fällverbot.
Braun: Eine staatliche Regelung könnte helfen, wobei die Kontrolle wieder ein Problem sein würde. Was wir uns eher als Ziel setzen können, ist an das Denken der Obstbaumbesitzer anzudocken. Das man sie dazu bringt, ihre Bestände als schützenswert anzusehen.
Die zweite Frage war, wie und wodurch der Wert des Obstes wachsen kann. Welche Ansätze standen im Mittelpunkt?
Braun: Es wurde zum Beispiel vorgeschlagen, Probierwiesen mit Sortenbeschilderungen anzulegen. Viele Leute kennen nur noch die zwei oder drei Apfelsorten aus dem Supermarkt – und sehen keinen Wert mehr dahinter. Überall gibt es Äpfel für weniger als zwei Euro pro Kilo. Wenn die Leute die Vielfalt der Sorten in der Region kennenlernen und sehen, welche Arbeit dahinter steckt, könnte das dabei helfen, dass sie den Wert der Arbeit auch monetär wieder wertschätzen.
Auch eine gemeinsame Vermarktung durch kleinere Obstbauern wurde vorgeschlagen. Wie stehen Sie dazu?
Braun: Eine Marke zu gründen, ist ein langwieriger Prozess. Ich sehe es eher als die Aufgabe, an bestehende Genossenschaften, wie zum Beispiel die Main-Streuobst-Bienen-Genossenschaft aus dem Landkreis Würzburg, heranzutreten und bei uns mehr zu etablieren. Wir sollten vorhandene Strukturen stärken, statt wieder neue zu schaffen – und damit auch eine erweiterte Konkurrenzsituation.
Die letzte Frage war, wie Obstkultur genussvoll erlebt werden kann. Welche Ideen hatten die Besucher dazu?
Braun: Da sind wir wieder beim Thema der Verkostungen der einzelnen Sorten. Denkbar ist das nicht nur für Brände, sondern auch für Saft. Es gibt auch die Idee, in Vergessenheit geratene Verwendungen wie zum Beispiel Latwerge, also gedörrte Zwetschgen, neu aufleben zu lassen. Ein weiterer Ansatz war auch, schon ganz früh anzufangen und Kinder bereits in der Schule richtigen Apfelsaft probieren zu lassen.
Was sind nun die nächsten Schritte?
Braun: Grundsätzlich wollen wir Ansprechpartner für die Akteure im Landkreis sein, egal ob Privatpersonen oder Gemeinden. Wir hoffen, dass sich aus unserem Projekt neue Teilprojekte entwickeln, damit die Aktion langfristig weitergehen kann. Das wäre unser Ziel.