Es ist 10 Uhr, als ich Bettina Mandel im neuseeländischen Auckland erreiche. Mit Kopfhörern und ihrem Handy in der Hand sitzt die 31-Jährige aus Hellmitzheim auf ihrem Bett in einer Jugendherberge, die mittlerweile fast menschenleer ist. Nur noch einige Deutsche halten sich gerade dort auf. Die restlichen Gäste sind abgereist und neue Gäste darf das Hostel nicht aufnehmen. Denn auch in Neuseeland gelten ähnlich verschärfte Ausgangsbestimmungen wie hierzulande.
Nur noch Einkaufen, Joggen oder Spazieren gehen sei möglich. Jeder gehe sich aus dem Weg. Außer Supermärkten haben nahezu alle Geschäfte geschlossen, berichtet Mandel, die sich seit Dienstag, 24. März, auf unbestimmte Zeit in der Unterkunft eingemietet hat. Denn wechseln dürfe sie ihren Schlafplatz momentan nicht. "Ich bin froh, dass ich noch etwas Bezahlbares in der Nähe des Flughafens gefunden habe", sagt die Hellmitzheimerin. Denn der Lockdown auf dem Inselstaat sei Knall auf Fall gekommen.
Binnen 48 Stunden nach der Ausrufung der Alarmstufe drei setzten die Behörden diese auf vier hoch und gingen zur strikten Ausgangssperre über. Das hieß für Mandel, dass sie ihre Reise abrupt abbrechen musste, um sich nach Auckland zu begeben. "Ich bin dann hierher gefahren, habe meinen Mietwagen vorzeitig abgegeben. Die Behörden haben sehr schnell reagiert, bevor sich das Virus durch Touristen oder Rückkehrer weiter verbreitet", sagt die Weltreisende. Bis dahin hatte sie nämlich nicht das Gefühl, sich abschotten zu müssen. Schließlich war die Zahl der Infizierten in Neuseeland lange Zeit sehr gering. Mittlerweile ist sie aber auf knapp 600 angestiegen. Am Sonntag gab es den ersten Toten.
Rückkehr mit der Transsibirischen Eisenbahn geplant
Während Deutschland schon große Restriktionen verhängt hatte, reiste Mandel entspannt durch Neuseeland und ließ sich von den Landschaften beeindrucken. "Es war mein Plan, hierherzukommen und einen Monat zu bleiben", sagt die 31-Jährige. Diese Woche hätte es nach Singapur weitergehen sollen. Über die Philippinen und die Mongolei wollte sie dann mit der Transsibirischen Eisenbahn im August nach Deutschland zurückkehren, um im Herbst mit ihrem Masterstudium zu beginnen. Den Bachelor in Betriebswissenschaften hatte sie während ihrer Reisen und einer halbjährigen Rückkehr 2019 an der Hamburger Fernuniversität abgelegt.
Zuvor hatte Mandel, die ihre Reise in Südamerika begann und dann nach Afrika und den Nahen Osten weitergezogen war, alles aufgegeben, um die Welt zu erkunden. "Ich arbeitete 13 Jahre im Landratsamt, wusste aber, dass ich das nicht für immer machen möchte", erklärte sie den gewaltigen Einschnitt. Sie verkaufte ihr gesamtes Hab und Gut und machte sich Ende 2017 auf den Weg, der nun in den kommenden Tagen unerwartet endet.
Langweilig wird ihr im Hostel nicht
"Ich habe mich für die Rückholaktion, die wiederaufgenommen wird, eingetragen. Alle, die noch hier sind, warten auf den Heimflug", hofft Mandel auf eine baldige Heimkehr. Sie fühle sich zwar nicht unwohl. Schließlich habe sie gute Gesellschaft und könne sich mit Lesen, Kochen, Sport oder dem Füllen ihres Internet-Blogs "Betti büxt aus" beschäftigen. Befremdlich sei es aber schon, wenn nun andere über ihre Aufenthaltszeit bestimmen.
"Nach all der Freiheit, die ich in den vergangenen Jahren hatte, ist das sehr ungewohnt. Zudem ist es komisch, nicht zu wissen, was morgen passiert", schildert die Hellmitzheimerin. Komisch werde auch sein, bei ihren Eltern wieder in ihrem Kinderzimmer zu wohnen. Allerdings hat Mandel dort wesentlich mehr Freiräume als aktuell und hofft auf das nächste, zeitnahe Abenteuer. Denn, je nachdem, wie lange die Krise andauert, möchte die Weltenbummlerin bald wieder ausbüxen.