Man muß sie erlebt haben – diese junge Pianistin Anna Scheps, der die Arrangements des Konzertabends in der Alten Synagoge auf den Leib geschrieben wurden. "Möglichst anspruchsvoll, dicht, schnell, bewegt und in höchstem Maße kunstvoll" heißt es in der Ankündigung. Und es wurde nicht zuviel versprochen.
Ein genußvoller Abend war dieses Neujahrskonzert am Samstag, zu dem die Stadt Kitzingen wieder eingeladen hatte. Ein letztes Mal begrüßte Siegfried Müller als Oberbürgermeister die Gäste in der voll besetzten Alten Synagoge.
Classic meets Movie war das Konzert überschrieben und bescherte eine kurzweilige Mischung aus Musik-, Film- und Literaturgeschichte. Der Schauspieler, Sänger und Regisseur Kai Moritz führte auf äußerst unterhaltsame Weise durch den Abend. "Die Musik soll die Filmbilder in Ihnen zum Leben erwecken", begann er. Und nicht nur die Musik, auch die gefühlvoll vorgetragenen Liebesgedichte von Rilke und Mörike schufen eine besondere Stimmung. "Das Piano" - mit einem Bildauschnitt im Hintergrund auf Großleinwand oder aus "Das Mädchen mit dem Perlenohrring", weckten Erinnerungen an großartige Leinwand-Erlebnisse.
Leichtigkeit
Wie mit selbstverständlicher Leichtigkeit wechselte Anna Scheps zu den zwei Barock-Sonaten von Domenico Scarlatti aus dem gleichnamigen Stummfilm.
Mit einem kurzen Ausflug in die Geschichte der Kitzinger Synagoge aus dem 16. Jahrhundert leitete Kai Moritz über zu "Schindlers Liste" und zur jüdischen Gedankenwelt von Heinrich Heine. Der Lyriker soll zu seinem Onkel Salomon Rothschild gesagt haben, sie beide würden Papier bedrucken – nur das von ihm, Heine, werde überdauern.
Melodien aus Gladiator, Pearl Harbor, König der Löwen und Fluch der Karibik folgten in temperamentvoller, energischer Spielweise.
Finger fliegen über Tasten
Mit eindrucksvoller Tenorstimme singt Kai Christian Moritz nach der Pause Viva la Vida von Coldplay. Besonders klar und innig klingen die Kunstlieder von Robert Schumann und Franz Schubert aus dem 19. Jahrhundert. Gerne hätte man mehr davon gehört. Nur zur Liedbegleitung hatte die Pianistin Scheps Noten gebraucht – "entfaltet", wie ihr Musikpartner anmerkte. Faszinierend, ihr auf der Leinwand auf die flinken Finger zu schauen, die förmlich über die Tasten fliegen. Bei den Cantos de Espana von Isaac Albeniz kann sie ihr ganzes Können ausspielen. Rasend schnell, schwindelerregend bis zum einfühlsamen, zarten "Streichen".
Aus Wolf Wondratscheks: "In einem kleinen Zimmer in Paris...Ich liebe dich, auch wenn es einsam macht" rezitiert Schauspieler Kai Moritz nochmal gekonnt und lustvoll, wie auch aus Eduard Mörikes "Die nimmersatte Liebe".
Wäre da nicht das perfekte Fingertanzen von Anna Scheps gewesen, hätte man auf James Bond und "Mission Impossible" verzichten können. Begeisterter Applaus nach einer gut zweieinhalb stündigen erstklassigen Vorstellung mit drei Zugaben.