Die Bürgerwehren als Weltkulturerbe, das wäre doch etwas, dachten vor drei Jahren einige Männer aus dem Kitzinger Landkreis. Man sollte diese Tradition, die in den fünf Gemeinden Castell, Markt Einersheim, Rüdenhausen, Wiesenbronn und Wiesentheid, seit gut 400 Jahren gepflegt wird, doch bei der UNESCO zur Aufnahme in die Liste des immateriellen Kulturerbes anmelden. Diese Idee hatte Castells damaliger Bürgermeisters Jochen Kramer, der nicht nur im Rüdenhäuser Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen einen Fachmann als Unterstützer fand. Castell-Rüdenhausen hat diesem Thema bereits ein Buch gewidmet.
Mit Vertretern der anderen Bürgerwehren zusammen wurde daraufhin entschieden, einen gemeinsamen Antrag aufzusetzen und diesen einzureichen. Dabei wurden historische Dokumente und Fotos angehängt, um diese Tradition deutlich zu machen. Es verging einige Zeit, bis eine erste Antwort eintraf. Man sei interessiert, so die Bewerter der zuständigen Kommission, die Kramer und Castell-Rüdenhausen zu sich ins Heimatministerium des Freistaats nach Nürnberg einluden. Beide sprachen dort auch vor.
Antrag wurde abgelehnt
Vor einigen Wochen nun erhielten die Antragsteller eine Bewertung, die allerdings negativ ausfiel. Es hieß darin, dass noch einige Unklarheiten bestünden, eine weitere, nachgebesserte Bewerbung könne jedoch gerne erfolgen. "Wir waren etwas enttäuscht über die Ablehnung, zumal ja mit Oberschwarzach eine Bürgerwehr mit ähnlicher Geschichte aufgenommen wurde", sagte Karl Castell-Rüdenhausen. Eine Menge Arbeit habe er in das Schreiben investiert, dieses nach einer Empfehlung eines Fachmanns erweitert und ergänzt. Dennoch ließ sich die Kommission nicht überzeugen.
Locker lassen wolle man nicht und wohl einen neuen Anlauf wagen, erklärt Castell-Rüdenhausen. Demnächst wolle er sich mit den Verantwortlichen, wie Jochen Kramer oder dem Wiesenbronner Reinhard Hüßner, einem Experten zum Thema fränkischer Brauchtum und dessen Erhalt, in der Sache treffen. "Ich denke, wir werden unseren Antrag erneut überarbeiten", sagt Castell-Rüdenhausen.
Welche Rolle spielen Frauen bei der Bürgerwehr?
Zumal er nicht ganz nachvollziehen kann, dass die Bewerter bei zwei Punkten nicht klar kamen. Zum einen sei die Rolle der Bürgerwehren in der Zeit des Dritten Reiches nicht eindeutig, in welche Richtung diese tendiert hätten. Man wolle "eine kritische Reflexion der Geschichte im 20. Jahrhundert", hieß es.
Dabei hatten die Antragsteller aus ihrer Sicht deutlich darauf hingewiesen, dass die Bürgerwehren und deren Auszüge von 1933 an verboten wurden. "Sie spielten deswegen keine Rolle", sagt Castell-Rüdenhausen. Zudem habe man versucht, deutlich zu machen, dass die Bürgerwehr "keine Uniform, sondern Gehrock und Zylinder trägt. Das war in früheren Zeiten die Sonntagskleidung", führt er aus.
Der zweite Einwurf kam zur Rolle der Frauen, ob und wie die Bürgerwehren für Frauen offen seien. Das seien sie, jedoch nur in einzelnen wenigen Bereichen, eben so, wie es die Tradition seit Hunderten von Jahren vorgegeben habe. Gerade das Festhalten am früheren Ablauf, an der Geschichte, das sei doch das Spezielle am Brauchtum, wundert sich Castell-Rüdenhausen. Ob sich das in Zukunft ändern werde, sei offen und nicht abzusehen.
Oberschwarzachs Bürgerwehr hat es schon geschafft
Aufgenommen als immaterielles Erbe wurde dagegen die Bürgerwehr in Oberschwarzach. "Natürlich sind wir stolz auf die Aufnahme, wir sind ähnlich wie die Passionsspiele in Oberammergau ein Kulturerbe. Das ist eine Aufwertung für uns", sagt Georg Wagner. Der Oberschwarzacher Bürgerhauptmann hat im Vorfeld über Jahre Dokumente gesammelt, um 2011 eine ausführliche Festschrift zu dieser Tradition heraus zu geben.
In der Gemeinde im Nachbarlandkreis begeht die Wehr alljährlich im Januar den Gedenktag des Heiligen Sebastian (20. Januar). Zu Zeiten, als die Pest 1611 dort den Ort dezimierte, wurde gelobt, künftig jedes Jahr den Sebastianstag zu feiern, sollte die Pest den Ort verschonen.