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Dettelbach
Bürgermeisterin weist Vorwurf der Steuergeld-Verschwendung zurück
Bürgermeisterin weist Vorwurf der Steuergeld-Verschwendung zurück
Foto: Robert Haass
Norbert Hohler
Norbert Hohler
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:32 Uhr

Jetzt hat es Bürgermeisterin Christine Konrad aus Dettelbach (Lkr. Kitzingen) schwarz auf weiß: Ihre seinerzeit schon von der Polizei als „falsch und schädlich“ bewertete Zahlung von Lösegeld an kriminelle Hacker war „Verschwendung von Steuergeld“. Dies hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) jetzt veröffentlicht und dem als „Dettelbacher Daten-Desaster“ bundesweit bekannt gewordenen Fall einen eigenen Eintrag im Schwarzbuch 2016 gewidmet.

Damit stehen die Stadt und insbesondere ihre Rathauschefin ein weiteres Mal in der Kritik wegen ihres Umgangs mit dem Hackerangriff vom 10. Februar 2016. Seinerzeit hatte ein Computervirus Stadtverwaltung und Stadtwerke lahmgelegt. Mit besagter Lösegeld-Zahlung sollten die verschlüsselten Daten wieder hergestellt werden – mit mäßigem Erfolg. Wochenlang war es zu Beeinträchtigungen für die Bürger gekommen, die mit ihren Unterlagen und Rechnungen ins Rathaus kommen mussten, weil auch das Datensicherungskonzept lückenhaft war.

Der Bund der Steuerzahler geht in seinem Schwarzbuch von einem Gesamtschaden von 100 000 Euro aus. Diese Zahl ist veraltet und hat sich längst mehr als verdoppelt auf 212 000 Euro, wie Konrad Mitte Juli auf Anfrage dieser Redaktion erklärt hatte. Den Vorwurf der Steuergeld-Verschwendung wies sie am Freitag am Telefon zurück. „Mit der Zahlung des Lösegeldes hat die Stadt eine fünfstellige Summe eingespart.“ Verwundert zeigte sie sich außerdem, „dass sich niemand vom Bund der Steuerzahler vorher bei mir gemeldet hat“.

Erstaunlich ist, dass die Stadt noch immer keine Klage gegen die frühere EDV-Firma eingereicht hat. Schließlich war deren Vorgehen nach wochenlangem Abblocken jeglicher Medien-Anfragen bei Konrads Pressekonferenz am 11. März im Historischen Rathaus noch als „dilettantisch“ gebrandmarkt worden. Schon im April hatte der Dettelbacher Stadtrat seiner Bürgermeisterin freie Hand für eine Klage gegeben.

Der Bund der Steuerzahler schreibt in seinem Schwarzbuch dazu: „Gespannt dürfen die Dettelbacher Steuerzahler auch sein, ob es der Stadt gelingen wird, Schadensersatzansprüche gegenüber der beauftragten Firma durchzusetzen, der offenbar Fehler bei der Datensicherung unterlaufen sind.“

Eben diesen Fehler bei der Datensicherung weist die beschuldigte Firma entschieden zurück. Vielmehr habe man Christine Konrad schon 2013 schriftlich – sogar mit Kostenvoranschlag – empfohlen, eine zweite Sicherung der Daten zu installieren. Dies sei abgelehnt worden. Auch alle anderen Vorwürfe könne man entkräften, wenn es zum Prozess kommt, erklärte der Anwalt der EDV-Firma. Man werde im zweiten Schritt die nach wie vor nicht beglichene Schlussrechnung geltend machen, ebenso die Umsatzeinbußen durch die Rufschädigung, die erheblich seien. Ohne Not sei ein Betrieb, der über Jahrzehnte mit der Stadt Dettelbach vertrauensvoll zusammengearbeitet habe, in der Öffentlichkeit in Verruf gebracht worden. Christine Konrad erklärte zur bisher unterbliebenen Klage, dass die Aufarbeitung des Hackerangriffs schlicht mehr Zeit benötige. „Selbstverständlich werden wir zu gegebener Zeit versuchen, unsere Forderungen geltend zu machen.

“ Den Vorwurf, dass der Mut für eine Klage fehle, weil die Aussichten aufgrund eigener Fehler der Stadtverwaltung schlecht sein könnten, weist Konrad zurück: „Da ist nichts dran.“

Was die Verschwendung von Steuergeldern angeht, hat aber auch der Bericht des „Kommunalen Prüfungsverbandes“ Anhaltspunkte geliefert. In der Stadtratssitzung Ende September hieß es im Prüfbericht, in Dettelbach seien „überdurchschnittlich hohe EDV-Kosten“ festgestellt worden. Die Auftragsvergabe für Hard- und Software sowie für Dienstleistungen sei „nicht oder nur teilweise durch Ausschreibungen vergeben worden“. Der Stadtrat beschloss zudem, dass nur noch der Systembetreuer die IT-Anlage steuern darf, bei Verhinderung sofort ein externer Dienstleister hinzugezogen werden muss. Dadurch sollten „Kompetenzprobleme innerhalb der Verwaltung und eigenmächtiges Handeln nicht fachlich kompetenter Personen“ verhindert werden.

Also doch eigene Fehler? Das dicke Ende für die Dettelbacher Bürger könnte noch folgen.

 
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  • P. K.
    Das ist wohl die Taktik in Dettelbach.
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    Machen wir uns nichts vor. Kommunen in der Größenordnung von Dettelbach können eine eigene IT nicht stemmen. Das Thema ist zu komplex.
    Hier ist eine grundsätzliche Neuausrichtung notwendig. Kommunen dürfen nur noch dann eine eigene EDV betreiben, wenn sie eine bestimmte Größe überschreiten und das erforderliche Fachpersonal vorhalten können. Inkompetenten Städträten und Bürgermeistern solche Entscheidungen zu überlassen halte ich für grob fahrlässig. Das zeigt ja auch der Fall Dettelbach.
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