zurück
Volkach
Bücher-Rutsche muss verschwinden: Volkacher Laden ist enttäuscht
Ein Volkacher Büchergeschäft hatte eine pfiffige Idee, wie sie Kunden trotz Corona-Lockdown versorgen können – kontaktlos per Drive-In. Nach nur einem Tag folgte das Verbot.
Völlig kontaktfrei funktionierte der Giraffen-Drive-In an der Volkacher Bücherblume - wegen gesetzlicher Vorschriften allerdings nur für einen Tag.
Foto: Peter Pfannes | Völlig kontaktfrei funktionierte der Giraffen-Drive-In an der Volkacher Bücherblume - wegen gesetzlicher Vorschriften allerdings nur für einen Tag.
Peter Pfannes
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:15 Uhr

Die Freude über die innovative Idee währte gerade einmal 24 Stunden. Als der Einzelhandel in diesem Land wegen des harten Lockdowns am Mittwoch, 16. Dezember, schließen musste, installierte die Volkacher Buchhandlung Bücherblume an ihrem Geschäft einen Drive-In-Abholschalter. Tags darauf musste der lange Giraffenhals, auf dem die Bücherpakete zu den Kunden in ihren Fahrzeugen rutschten, wegen der gesetzlichen Regelung wieder demontiert werden. Das To-Go-Geschäft, das die Gaststätten anbieten dürfen, ist im Einzelhandel nicht erlaubt.

Sabine Kiesel kann das nur schwer verstehen. "Unser Giraffenschalter war absolut kontaktlos", erzählt die Inhaberin der Bücherblume. Ihre Kunden mussten ihre Autos nicht verlassen und konnten die Taschen mit den zuvor telefonisch oder online bestellten Büchern durch das Fahrzeugfenster in Empfang nehmen. Bezahlt wurde bereits vorher per Banküberweisung oder danach per Rechnung. Für die Bücherblume wäre der Drive-In-Verkauf ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. "Das Weihnachtsgeschäft war damit nicht zu retten", bedauert Sabine Kiesel den zweiten harten Shutdown in diesem Jahr.

So wird lokales Einkaufen schwierig

Die Kunden fanden die Idee großartig. "Ich bin echt begeistert, super Idee", schildert Kimberly Golden. Die 42-jährige Volkacherin hat sich vor den Feiertagen noch ein Buch am Drive-In-Schalter abgeholt. Eine Bestellung im Online-Handel ist für sie ein No Go. Regional einkaufen ist ihr oberstes Gebot. "Ich lasse mein Geld lieber hier in unserer Stadt." Dass die Giraffenrutsche wieder abgebaut werden muss, findet sie traurig. Golden war eine der letzten Kundinnen, die den Bücher-Drive-In der Bücherblume-Weihnachtswichtel nutzen konnten.

Über die Sprechanlage nahm Sabine Kiesel, Inhaberin der Volkacher Bücherblume, die Bestellungen der Drive-In-Kunden auf und beförderte sie über die Giraffenrutsche zu den Kunden in ihren Fahrzeugen.
Foto: Peter Pfannes | Über die Sprechanlage nahm Sabine Kiesel, Inhaberin der Volkacher Bücherblume, die Bestellungen der Drive-In-Kunden auf und beförderte sie über die Giraffenrutsche zu den Kunden in ihren Fahrzeugen.

Der Giraffenschalter war in der Wichtelwerkstatt entstanden. Alec Löckmann, eigentlich IT-Fachmann, entdeckte wieder einmal seine handwerklichen Geschicke und baute das Gestell für die Rutsche zusammen. Am Ende montierte der Initiator und Freund von Sabine Kiesel ein altes Einrad, das mit einer Kurbel wie der Motor eines Seilzugs funktioniert. Durch ein Fenster des Gebäudes schwebten in der Folge die Warenkörbe wie von Geisterhand getragen über die Giraffenrutsche zu den Kunden in ihren Fahrzeugen.

Alle Mitarbeiterinnen in vollem Einsatz

"Zwei Nächte hat Alec geschweißt und geschraubt", bedauert Sabine Kiesel die Schalterschließung. Umsonst war die Aktion dennoch nicht. "Es hat total viel Spaß gemacht", sagt sie. Seit elf Jahren betreibt sie die Bücherblume in der Unteren Hauptstraße. Corona hat ihrem Geschäft stark zugesetzt, Kurzarbeit gibt es bei ihr dennoch nicht. Alle drei Mitarbeiterinnen sind in vollem Einsatz. Gemeinsam habe man die Devise ausgegeben, nicht zuhause zu sitzen und wegen Corona zu lamentieren.

Kreativ zu sein und Ideen zu entwickeln, das waren für alle Beteiligten geeignete Mittel gegen den Frust während der Pandemie. So entstand auch die Idee mit dem Giraffen-Drive-In, deren Realisierung nur von kurzer Dauer war.

Die zweite Volkacher Buchhandlung, das Bücherkabinett von Marion und Thomas Hagemeier, liefert während des Lockdowns Bücher in Volkach und den Stadtteilen selbst aus. Bestellungen nehmen sie telefonisch entgegen, berichtet Thomas Hagemeier auf Nachfrage.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Volkach
Peter Pfannes
Buchhandlungen
Bücher
Coronavirus
Einzelhandel
Enttäuschung
Freude
Internet
Internethandel und E-commerce
Kunden
Mitarbeiter und Personal
Weihnachtsgeschäfte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Funkenstern
    Ich hätt es nicht gleich abgebaut.
    Zumindest als Werbeträger wäre es bei mir stehengeblieben. Der deutsche Michel kneift halt gleich, wenn ein Erfüllungsgehilfe plärrt.
    Auch wenn es nicht weiter genutzt worden wäre, hätte es einen Mehrwert für den Laden bedeutet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • FischersFritz
    Das ist mal wieder deutsche Leitkultur.

    Da hat jemand eine pfiffige Idee, mit der die Zielsetzung des Gesetzgebers (Vermeidung einer Corona-Ansteckung) ziemlich gut erfüllt wird.

    Aber leider haben unsere Behörden keinerlei Entscheidungskompetenz – und ich fürchte, sie wollen so etwas auch keinesfalls. Selbst mal etwas entscheiden zu müssen – der Albtraum des Deutschen Beamten … 😉

    Was wäre das für eine Chance für einen Staatsdiener in der unterfränkischen Provinz gewesen, anstatt ein Verbot auszusprechen eine kreative Begründung für den Weiterbetrieb der Bücherrutsche zu finden?

    Ja, ich kenne die Rechtslage (https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/einzelhandel-in-bayern-regierung-verbietet-click-and-collect,SJEk3PQ) – aber einfach mal ein wenig gesunden Menschenverstand wagen, anstatt immer nur an Gesetzen und Verordnungen zu kleben … wie wäre es denn mal damit?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • evi.schmitt@gmx.de
    Bitte überfordern Sie deutsche Behörden nicht mit Phantasie und Kreativität - die Angst vor dem Präzedenzfall ist langlebiger als Corona.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ba.stark@web.de
    Die einzige Rutsche, die funktioniert, ist mittlerweile der Buckel vieler Mitbürger, den Söder und seine Baggage runterrutschen können.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • daniel.englbauer@churchsol.de
    Ich bestelle in einer richtigen, echten Buchhandlung ein Buch. Die Inhaber fahren zu mir und liefern aus und das in Ordnung. Ich fahre zum Inhaber (resp. der Inhaberin) und genaus das selbe Buch ab und das ist nicht Ordnung? Kann mir dasjemand erklären?

    Corona wurde in Virklichkeit von amazon entwickelt, um jedweden Einzelhandel vor Ort plattzumachen. Aluhut wieder runter zwinkern
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • 7089237
    Hier wird in Bayern mit verschiedenen Maßstäben gemessen.
    Hier wird das kontaktlose Abholen der Ware verboten, in Murnau ist der Drive In Weihnachtsmarkt weiterhin geöffnet und erfreut sich trotz Ausgangsbeschränkung großer Beliebtheit. Das gehört verboten !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Man muss es nicht verstehen

    aber das kann man in D gut: ein Prinzip zu Tode reiten.

    Würde mich halb tot lachen, wenn eine*r von diesen netten Menschen, die da so feine Unterscheidungen treffen, selber was bräuchte, was eigentlich kein Problem wär, aber nicht kriegt, weil die gesetzliche Regelung zu dämlich ist.

    Darf man hoffen, dass die "Querdenker" nicht weiteren Zulauf erhalten...

    Danke, lieber Gesetzgeber!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • woody9195@kabelmail.de
    So eine sympathische und mit viel Kreativität umgesetzte Idee. Das tut mir echt leid für die Inhaberin.

    Klar, auf der einen Seite stehen die Verordnungen die einheitlich für den Einzelhandel gültig sind. Man kann über das Verbot von Click & Collect sicherlich geteilter Meinung sein. Aber es ist für mich dennoch ein großer Unterschied ob so ein kleiner von Privatpersonen geführter Buchladen oder z. B. ein Gigant wie IKEA die Abholung der Ware ermöglichen darf. Zumal der Buchladen ein wirklich 100%iges kontaktloses Konzept erarbeitet hat.

    Da wünscht man sich einfach mehr Fingerspitzengefühl der Politik und eine Nachkorrektur der Regeln zu Gunsten kleiner lokaler Geschäfte.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • engert.andreas@gmx.de
    Gerade Bücher sind geistige Nahrung für viele Menschen - sowas kann und darf man nicht unterbinden!
    Und was wäre die Alternative? Bestellung bei einem der großen Online-Händler - und vor Ort macht ein Laden nach dem anderen zu. DAS kann doch bitteschön nicht gewollt sein!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Bei Corona ist vieles nicht nachvollziehbar. Ich sehe auch mit solchen Verboten Wasser auf die Mühlen von Querdenkern und Corona Leugnern. Corona ist 2021 definitiv nicht Geschichte. Es braucht diese kreativen Lösungen wie Bücher to go um Corona zu besiegen und die Wirtschaft und den Handel nicht an die Wand zu fahren. Das muss die Politik schnellstmöglich ändern.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • baeckerei.mahler@t-online.de
    Gesetz ist gesetz und da sollte man sich einfach dran halten.
    Der Gastwirt kann auch nicht 5 Leute aus einem haushalt in die Kneipe lassen.
    trotzdem bleibt Corona ein A......loch
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Michaela.Martin.Stahl@web.de
    Ich versteh's nicht - wo ist denn der Unterschied, ob ich mir ein Buch oder eine Pizza abhole???
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • tarrap
    Wenn man den Querdenkern (aka Leerdenker) Öl ins Feuer gießen will, dann mit solchen Maßnahmen. Ein bisschen Fingerspitzengefühl der Behörde wäre gar nicht schlecht
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • leitung
    Wenn diese „Abholung“ bestellter Ware nicht erlaubt ist. Warum darf man dann an Packstationen der Post bestellte Ware abholen?
    So richtig logisch scheint das nicht zu sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p.kriebel@gmx.net
    Klasse Idee
    kreativ und pfiffig
    Keine Angst, der Lockdown dauert noch länger, dann kommen solche Spitzenideen eh noch zum tragen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Laeufer61
    Ihr Wort...

    ...ins Ohr der Entscheidungsträger!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Harald.Zierhut@t-online.de
    Tolle Idee! Wurde leider mit dem bekannten "Rasenmäherprinzip" nicht lebensnotwendiger Besorgungen sozusagen "platt" gemacht. Schade. Sogar mehr als schade.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten