Dieter Giffing ist enttäuscht. Und das ist noch milde ausgedrückt. Der 49-Jährige ist stinksauer auf die Beschlüsse der Bundesregierung. Weil er auf seinen Waren sitzen bleibt. Und weil er nicht weiß, ob es überhaupt noch weiter geht, mit seinem Laden in der Marktbreiter Innenstadt. Oder ob nach zwölf Jahren das Ende seiner Firma gekommen ist.
Dieter Giffing ist hauptberuflich in einer Firma tätig, die Teakholzdecks für Yachten herstellt. Aber seine Leidenschaft gehört dem Feuerwerk. Als er ein kleiner Junge war wurde sie geweckt – und sie hat ihn bis heute nicht losgelassen. 2008 eröffnete er seine Firma „Mainfire“, fünf Jahre später einen eigenen Verkaufsladen in Marktbreit.
Er hat Hochzeiten, Geburtstagsfeiern und Stadtjubiläen mit seinen Feuerwerken bereichert. Und an Silvester war er stets im Dienste eines Auftraggebers auf großer Böller-Mission. Aber in diesem Jahr ist alles anders. Von Ausfällen in fünfstelliger Höhe spricht Giffing. Von Frust und Trauer. Und von der Überlegung, seinen Nebenjob an den Nagel zu hängen.
Der Unterfranke ist nicht der einzige, der unter den Corona-Auflagen leidet. Klaus Gotzen, Geschäftsführer des Verbandes der pyrotechnichen Industrie (VPI) berichtet auf der Verbands-Homepage von rund 3000 Einzelunternehmen, denen es ähnlich geht. Thomas Schreiber, Vorstandsvorsitzender des VPI geht sogar noch einen Schritt weiter: „Im Zweifel droht nun die Insolvenz des gesamten Wirtschaftszweigs.“
Der Verband fordert einen vollumfänglichen Ausgleich der Umsatzverluste und beziffert sie auf einen dreistelligen Millionenbereich. Weil rund 95 Prozent des Jahresumsatzes im Dezember erwirtschaftet werden, werde es wohl keine Unterstützung durch die Überbrückungshilfen geben, befürchten die Juristen im VPI.
Schreibers Vorwurf an die Politik: Jedwede Gesprächsversuche blieben unbeantwortet. Und das in Zeiten, in denen führende Politiker des Landes um Solidarität, Gemeinschaft und Unterstützung werben. „In diesen für die Branche harten Zeiten fordern wir all das von der Politik ein“, so Schreiber.
Auch Dieter Giffing ist von der Politik enttäuscht. Das Jahr ist mies gelaufen, aber kurz vor Weihnachten hatte er noch ein wenig Hoffnung. Kein Verkauf von Feuerwerks-Artikeln vor Silvester hieß es in der Verordnung, die mit dem Lockdown einherging. Der 31. Dezember war als Verkaufstag nicht explizit ausgenommen.
Giffing hatte sich schon auf einen langen und anstrengenden, aber auch lukrativen Verkaufstag auf dem allerletzten Drücker eingestellt. Doch dann kam die Nachricht, dass es auch am 31. Dezember selbst keine Verkaufsmöglichkeiten geben wird. Giffing bewertet das als Berufsverbot. Und das ausgerechnet an den Tagen, die für ihn und seine Kollegen die entscheidenden des Jahres sind.
„Die Kollegen liegen alle am Boden“, sagt Giffing und berichtet von Schaustellern und Tontechnikern, die Hartz IV angemeldet haben. So weit kommt es bei ihm – dank seiner Festanstellung – nicht. Aber ob er sein Nebengeschäft weiter führen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt mehr als fraglich. Zu groß sind die Verluste.
Bereits im Frühjahr hatte Giffing sein Lager gefüllt. Von Corona war da noch nicht die Rede. Seither sitzt er auf der Ware. Ganze zwei Feuerwerke hat er heuer gezündet. Eines im Februar und eines im August. Zurückgeben kann er die Raketen und Batterien nicht. Anders als die Lebensmitteleinzelhändler und Discounter. „Bei denen läuft alles auf Kommission.“ Die kleineren Händler müssen die abgenommene Ware bezahlen. Die Verluste dieses Jahres muss Giffing aus der Privatschatulle begleichen. „Das tut weh“, bekennt er. „Und lässt sich auch nur einmal machen.“
Ob er seinen Laden im nächsten Jahr wieder aufmacht? Dieter Giffing zuckt bei dieser Frage die Schultern. Derzeit geht er davon aus, dass es nicht der Fall sein wird. Die Freude ist ihm gründlich vergangen. Ein kleines Feuerwerk will er trotzdem zünden. Mit seinen Kindern, daheim im Garten. „Woanders ist es ja nicht erlaubt.“
Die katastrophalen Folgen der Klimakrise sind schon heute vielerorts spürbar. Verantwortlich dafür ist eine Politik, die auf Konsumanreize setzt, immerwährendes Wachstum verspricht und die Welt ökonomisch in Gewinner und Verlierer spaltet. Für den Konsumrausch einer reichen Minderheit zahlen die Ärmsten den Preis.
Jedoch solten diese nicht auf die Maßnahmen der Bundesregierung stinksauer sein, sondern auf die "Idioten", die sich nicht an die Corona-Verhaltensmuster halten.