Dass das Sammeln betagter Motorräder und das Schrauben daran Rudi Spörers Lebensinhalt ist, erfährt der Besucher sofort, wenn er das Haus des Marktbreiters betritt. Denn das ehemalige Wohnzimmer von Spörers Mutter ist heute Werkstatt, und in seiner Wohnung zeugen viele Pokale und Trophäen davon, wie erfolgreich er bei seinem Hobby ist. "Ich kann meine ganzen Trophäen schon gar nicht mehr zählen", sagt er mit leuchtenden Augen.
Angefangen hat alles vor 40 Jahren. Damals legte sich Rudi Spörer eine BMW R253 zu und schraubte in der Folge zu Hause an seinem neuen Gefährt. Seit Jahrzehnten schon ist er Mitglied im Automobilclub Kitzingen und seit 20 Jahren Einzelmitglied im Veteranenverband. So richtig eingestiegen ist Spörer dann vor 30 Jahren, als er sich zuerst ein historisches Zweirad des französischen Herstellers Terrot, Baujahr 1923, und schließlich noch eines von 1927 zulegte. Danach kam noch eine Ignition Magnete mit Magnetzünder in seinen Besitz.
Die Triumph des Marktbreiters ist heute etwa 28.000 Euro wert
Inzwischen nennt er sechs Vehikel von Terrot, Triumph, BMW, NSU und Sachs sein Eigen. Sein größter Stolz ist die Triumph aus dem Baujahr 1907, die er im Jahr 2014 von einem Kollegen erworben hat. Dieses seltene Exemplar ist heute nach Expertenschätzung zwischen 26.000 und 28.000 Euro wert. Das Besondere an diesem Zweirad: Alle Bedienelemente sind am Tank platziert, und die Triumph hat im Original auch keine Kupplung.
Zuletzt ist es ihm gelungen, eine Kupplung als i-Tüpfelchen zu ergattern, was jetzt wieder viel Arbeit und den Eigenbau von Teilen bedeutet. Dafür ist Spörer aber keine Zeit zu schade. Er schaut auch nicht aufs Geld, wenn es um seine Liebhaberstücke geht, sondern geht auf in seinem Hobby und lässt sich auch von einem schweren Unfall nicht ausbremsen. Vor sechs Jahren war ihm während einer Ausfahrt in Worms die Vorfahrt genommen worden. Mit den Unfallfolgen hatte er Jahre zu kämpfen – heute ist er aber begeisterter denn je für sein Hobby.
1998 absolvierte der heute 67-Jährige seine erste Oldtimer-Ausfahrt. Seitdem kann er nicht mehr davon lassen. Um die fünf Veranstaltungen pro Jahr besucht er, dabei oft auch im Ausland wie Frankreich, Slowenien, England, Schweden oder Dänemark. Am häufigsten finden diese Treffen in den Niederlanden statt. Insgesamt hat Spörer schon an rund 200 Veranstaltungen teilgenommen.
Die Windmill Rallye für Oldtimer ist für Spörer das Höchste
Die höchste Wertigkeit hat für ihn die Windmill Rallye, wie die Mannschafts-Europameisterschaft genannt wird. Der Marktbreiter gehört seit einigen Jahren der B-Nationalmannschaft an und hat mit der deutschen Auswahl schon mehrere Gold- oder Silbermedaillen bei den kontinentalen Titelkämpfen gewonnen.
Bei großen Veranstaltungen müssen die Teilnehmer ohne Vorkenntnisse der Streckenführung im Vorfeld eine Schnittgeschwindigkeit auferlegen. Navi oder Kompass sind verboten, und selbst der Tacho wird abgeklebt. Jeweils die allererste Übung ist ein Kaltstart, der nicht jedem gelingt und schon das Ende aller Sieger-Ambitionen bedeuten kann. Die schönste Veranstaltung war für den technisch versierten Mann, der einst Waffenmechaniker bei der Bereitschaftspolizei war, eine Ausfahrt in Schweden. Dort gefiel Spörer die Landschaft und dass die Fahrer mit ihren Nationalhymnen und Flaggen begrüßt wurden.
"Bald reise ich ins Mekka für uns Motorradoldtimer-Ausfahrer beim Sunbeam-Club in England", kündigt der Marktbreiter an. Die Veranstaltung gilt als weltweit größte und älteste in der Szene. Bis zu 180 Teilnehmer wollen mitmischen.
Die Ausfahrt-Strecke mit 90 Meilen führt am 1. Oktober von der Rennstrecke Epsom Down zum Shoreham Airport nahe Brighton. Inklusive Beiwagen und Dreiwagen werden dort rund 330 Fahrzeuge aus aller Herren Länder erwartet.