Vor zwei Jahren, am 24. Februar 2022, hat Russland seinen Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen. Fast 6,5 Millionen Menschen sind seitdem vor den Kämpfen ins Ausland geflohen. Auch in den Landkreis Kitzingen kamen schon kurz nach Kriegsbeginn die ersten Ukrainer. Manche gingen wieder, andere blieben, neue kamen hinzu. Wie viele sind es ungefähr und wo leben sie? Und was ist mit Geflüchteten aus anderen Ländern? Antwort auf diese Frage gab Pia Englert, Abteilungsleiterin des Sozialamtes im Landratsamt, in der jüngsten Bürgermeisterdienstbesprechung. Sie verband die Vorstellung der Zahlen zum wiederholten Mal mit einem Appell an die Ortschefs.
1134 Menschen aus der Ukraine leben, Stand Februar, im Landkreis Kitzingen. Dazu kommen 1832 Geflüchtete, die alleine aus den neun zugangsstärksten Ländern gekommen sind, so steht es in einer Auflistung der Landkreisverwaltung. 2966 Männer, Frauen und Kinder insgesamt also, bei 93.441 Einwohnern (Stand 30.9.23).
Die meisten Geflüchteten leben in Kitzingen (1800), was auf die drei Gemeinschaftsunterkünfte der Regierung in der Kreisstadt zurückzuführen ist – im Innopark, im Corlette Circle und am Oberen Mainkai. Eine vierte Gemeinschaftsunterkunft befindet sich in Kleinlangheim. Dazu kommen mehrere dezentrale Unterkünfte wie in Wiesenbronn, Gnodstadt und Schwarzach.
Zehn bis 15 Personen werden dem Landkreis jede Woche neu zugewiesen. Noch kommen sie im Innopark unter, aber in fünf, sechs Wochen werden diese Kapazitäten erschöpft sein. Dann wird die Notunterkunft in Mainbernheim aktiviert. 150, höchstens 180 Menschen finden dort Platz. Lange reichen wird das also nicht.
Schon mehrmals hat Landrätin Tamara Bischof die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister um Unterstützung gebeten. Der Landkreis sucht Unterkünfte, Gebäude, leerstehende Gasthäuser. Und auch Grundstücke, auf denen Container aufgestellt werden können. Nach der letzten Versammlung gab es einige Angebote aus mehreren Gemeinden im Landkreis, sowohl von Privatleuten als auch von Firmen. Diese wurden und werden nun besichtigt. Angebote für größere Standplätze wurden an die Regierung weitergegeben.
Allerdings stellte Englert fest: "Die Akquise funktioniert nicht so gut wie erhofft." Sie und die Landrätin erneuerten den Appell an die Rathaus-Chefs um Unterstützung und Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema. "Wir müssen die Leute, die uns zugewiesen werden, aufnehmen. Ob es uns passt oder nicht", sagte die Landrätin. "Je mehr Angebote wir haben, desto sozialverträglicher können wir die Menschen verteilen", machte Pia Englert deutlich. Zudem will der Landkreis unbedingt vermeiden, dass Turnhallen für die Unterbringung genutzt werden müssen – im Kreis Main-Spessart sah man sich dazu schon gezwungen.
Beim Blick auf die Statistik fällt auf, dass drei Gemeinden mehr Personen untergebracht haben, als sie durchschnittlich "müssten", wobei es streng genommen keine Quote gibt. Neben Kitzingen und Kleinlangheim mit den Gemeinschaftsunterkünften gehört laut Sachgebietsleiter Christian Därr auch Rüdenhausen dazu. In einigen anderen Orten sind im Verhältnis zur Einwohnerzahl deutlich weniger Menschen untergebracht.
Selbst Fehlbeleger mit Einkommen finden seit Jahren keine Wohnung
Därr verwies auch auf die "Fehlbeleger", die in den Unterkünften wohnen, obwohl sie das rein rechtlich nicht mehr dürften, weil sie anerkannt sind. "Manche sind schon seit Jahren da", so Därr. Sie gehen einer Erwerbstätigkeit nach, finden aber trotzdem keine Wohnung. Und blockieren damit Plätze in den vorhandenen Unterkünften.
Hinsichtlich der Bezahlkarte habe man noch keine konkreten Informationen, so Därr; vieles sei noch ungeklärt. Deshalb musste er auch die Antwort auf eine Frage aus den Reihen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister schuldig bleiben: Wie sollen die Geflüchteten beim Bäcker im Dorf bezahlen, wenn sie im Monat nur 50 Euro in bar zur Verfügung haben, im kleinen Geschäft aber keine Kartenzahlung möglich ist? Ob "die große Politik" ein solches Problem vom flachen Land auf dem Schirm hat?