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KITZINGEN
"Tag der Astronomie": Kitzinger Hobbyastronom erforscht die Unendlichkeit
Licht, das nie zuvor ein Mensch gesehen hat: Ulf Fiebig und seine Kollegen vom "Forum Stellarum" schauen in die unendlichen Weiten des Himmels.
milkyway bildstock quer 23-5-20 diana fuchs       -  In dunklen Nächten sieht sie aus wie ein helles Himmelsband: unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, mit ihren Milliarden Sternen. Dieses Bild entstand an den Holzwiesen zwischen Birklingen und Iphofen.
Foto: DIANA FUCHS | In dunklen Nächten sieht sie aus wie ein helles Himmelsband: unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, mit ihren Milliarden Sternen. Dieses Bild entstand an den Holzwiesen zwischen Birklingen und Iphofen.
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 27.04.2023 10:55 Uhr

Es ist schon verrückt. Egal, ob wir schlafen, essen, arbeiten oder sonst etwas tun: Jede Stunde legen wir 107.000 Kilometer zurück – und merken es gar nicht.

Mit dieser Geschwindigkeit rast unsere Erde durchs All. Und wir mit ihr. Wohin die Reise geht? „Wie das Universum sich entwickelt, ist eine der großen Fragen der Zeit“, sagt der Kitzinger Hobbyastronom Ulf Fiebig. Wird es sich ewig ausdehnen? Oder kehrt sich irgendwann alles um?

Sicher ist: Nachts, wenn wir in den funkelnden Sternenhimmel schauen, blicken wir oft Tausende von Jahren zurück in die Vergangenheit – so lange hat das Licht mancher Sterne gebraucht, bis es unser Auge erreicht. „Das ist faszinierend“, findet Ulf Fiebig. Der 57-Jährige gehört dem Freundeskreis „Forum Stellarum – Astronomie in Franken“ an. Zum „Tag der Astronomie“ am Samstag, 20. März, laden die Hobbyastronomen alle Interessierten ein, zumindest virtuell einen Blick in die unendlichen Weiten des Weltalls zu werfen.

Seit Ulf Fiebig das Sternen-Forum im Jahr 2009 mitgegründet hat, ist die Gemeinschaft immer vielfältiger geworden. Männer und Frauen aus allen möglichen Berufen tauschen sich, je nach Interesse, über die neueste Teleskoptechnik aus, über Astro-Fotografie oder die besten Plätze zum Beobachten des Himmels. „Die einen sind eher Technik-begeistert, die anderen lieben das leise, nachdenkliche Betrachten ferner Objekte“, fasst Fiebig zusammen. Die einen freuen sich einfach an der Sternenpracht, die anderen beginnen zu zählen und zu rechnen, wieder andere geraten ins Sinnieren: Woher kommen wir? Wohin gehen wir?

„Wie bei Raumschiff Enterprise“

Was alle eint, ist die Ehrfurcht vor dem gigantischen Universum, in dem die Erde so verschwindend klein ist wie ein Wassertropfen im Ozean. Klein, aber oho! Bei seinem rasanten Ritt durch den Kosmos dreht sich unser Heimatplanet um einen Fusionsreaktor – die Sonne –, in dessen Innerem es 15 Millionen Grad Celsius heiß ist. Jeder Lichtstrahl, den der gigantische Feuerball aussendet, braucht für die Strecke bis zur Erde 8 Minuten und 19 Sekunden. Vom nächsten Stern in unserer Milchstraße, dem Stern „Proxima Centauri“, ist das Licht schon 4,2 Jahre bis zu uns unterwegs. Vom Großen Orionnebel M42, den man am Abend derzeit gut beobachten kann, braucht das Licht 1.350 Jahre bis zur Erde – und vom Zentrum der Milchstraße sogar 26.000 Jahre.

„Wir blicken also, wenn wir nachts in den Himmel gucken, ganz schön tief in die Vergangenheit“, erklärt Ulf Fiebig, der bei der Handwerkskammer Fahrzeugtechnik lehrt und sich zuhause in Kitzingen ein kleines Privatobservatorium gebaut hat. Durch sein Teleskop mit 254 mm Objektivdurchmesser und 1250 mm Brennweite beamt er sich zum Beispiel ganze 2,5 Millionen Jahre zurück, wenn er in einer klaren Nacht unsere Nachbar-Galaxie, die Andromeda-Galaxie, anvisiert. „Das Gefühl dabei ist ein bisschen wie bei Raumschiff Enterprise“, meint der Kitzinger augenzwinkernd. Dann fügt er an: „Andromeda ist das entfernteste Objekt, das wir noch mit bloßem Auge erkennen können – als diffuse Lichtwolke.“

Wenn man den Kitzinger fragt, warum er sich bei Nacht und Kälte aufmacht, um in den Himmel zu starren, statt bequem vom warmen Sessel aus optimal bearbeitete Bilder zu betrachten, die es mittlerweile von allen himmlischen Objekten gibt, dann bildet sich ein feines Lächeln auf seinem Gesicht. „Weil ich alles live und in echt sehen will! Die Photonen, die in meine Augen fallen, waren Tausende, wenn nicht Millionen Jahre unterwegs zu mir. Das macht es für mich aus!“

Ulf und einige andere fränkische Hobbyastronomen liebäugeln damit, zur totalen Sonnenfinsternis 2026 nach Spanien zu reisen. Dass es bis dahin noch gut fünf Jahre hin sind, entlockt dem Familienvater, der als Kind am liebsten Astronaut werden wollte, höchstens ein Schulterzucken. „Ich habe gelernt zu warten. Unser Hobby braucht Geduld und Zeit.“

Aktuell nimmt Fiebig gern den südöstlichen Morgenhimmel ins Visier. „Merkur, Jupiter und Saturn sind in einer schönen, fast geraden Reihe sichtbar.“ Man könne die drei Planeten mit bloßem Auge sehen. „Etwas genauer sieht man sie durchs Fernglas. Um Details zu erkennen, benötigt man ein Teleskop.“

Zum Einstieg in die Astronomie biete sich der „Tag der Astronomie“ an, sagt Fiebig. „Der Fokus liegt heuer auf dem Mond, für dessen Beobachtung man kaum Hilfsmittel braucht.“ Gern hätte das „Forum Stellarum“ alle Interessierten zwar zum Blick durchs Teleskop eingeladen, aber Pandemie-bedingt geht das nicht. Der Franke verweist stattdessen auf das Online-Angebot, das bayerische Sternwarten bieten. Die Vereinigung der Sternenfreunde (VdS) listet alle Angebote unter astronomietag.de auf. Fiebigs Tipp: „Schaltet Euch mal beim virtuellen Göttinger Astronomietag zu. Um 16.30 Uhr startet ein cooles Programm mit Planetariumsshow, einer Laboruntersuchung von Mondgestein und Live-Himmelbeobachtungen.“ Den entsprechenden Link gibt?s am 20. März auf der Webseite des Max-Planck-Instituts: mps.mpg.de.

Ein bisschen Star-Trek-Feeling wird sicher auch online aufkommen, hofft Ulf Fiebig. Man kann das Intro des Filmklassikers ja ein bisschen abwandeln: „Der Weltraum – unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer der Erdlinge, die online unterwegs sind, neue Welten zu entdecken...“

Forum Stellarum: 288 Mitglieder haben die fränkischen Sternenfreunde mittlerweile. Im „Forum Stellarum – Astronomie in Franken“ blicken Hobbyastronomen jeden Alters ins Weltall. Regelmäßig treffen sie sich zu „Astro-Stammtischen“. Der nächste findet online am 25. März ab 19 Uhr statt.

Kontakt: Mail: y-auriga@y-auriga.de; www.forum-stellarum.de

Astronomische Zahlen

1 Lichtjahr beträgt 9.460.730.472.580,8 Kilometer, also rund 9,5 Billionen Kilometer.

100.000 Lichtjahre misst allein der Durchmesser unserer Galaxie, der Milchstraße. Unsere Nachbar-Galaxie heißt Andromeda. Sie ist 2,3 Millionen Lichtjahre von uns entfernt.

10 Trilliarden Sterne misst allein der Durchmesser unserer Galaxie, der Milchstraße. Unsere Nachbar-Galaxie heißt Andromeda. Sie ist 2,3 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. t. (ldk)

Saturn_V_2021-02-27_01       -  Die Apollo-Missionen und die Saturn-5-Rakete, die größte und stärkste Rakete, die je gebaut wurde, haben schon in jungen Jahren Ulf Fiebigs  Interesse für Naturwissenschaften und Astronomie geweckt. Raumschiff Enterprise (Star Trek) tat dann noch sein Übriges… Im Bild hat der Franke einen Nachbau der Saturn-5-Rakete auf seine Teleskop-Säule gestellt.
Foto: FIEBIG | Die Apollo-Missionen und die Saturn-5-Rakete, die größte und stärkste Rakete, die je gebaut wurde, haben schon in jungen Jahren Ulf Fiebigs Interesse für Naturwissenschaften und Astronomie geweckt.
 
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  • Danke für diesen Beitrag! Während die meisten Mainpost-Redakteure ihren "Usern" permanent die Welt erklären wollen - angesichts der ständigen Warum, Woher, Wieso, Weshalb-Überschriften fühle ich mich als Vollabonnent inzwischen wie Klein-Doofie - hier ein wohltuendes Stück "Old school journalism": Das gibt es also noch: Ein weltweites Thema in der Region verorten, die Begeisterung der Menschen dahinter spürbar werden lassen und sich selbst bei der Berichterstattung nicht so wichtig zu nehmen. Respekt für Diana Fuchs - und Entschuldigung dafür, dass ich mit dieser Medienbeobachtung um viele Millionen Lichtjahre an dem vorbeigeschrammt bin, worum es eigentlich geht: Das ewige Bemühen, das Unerklärliche zu verstehen.
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