
"Die Bleibuchstaben sind voll cool", schwärmt Alina Remler am Freitagvormittag in der alten Druckerei in Volkach. Zusammen mit ihren Klassenkameraden der 8M der Grund- und Mittelschule Volkach begibt sich die 14-Jährige aus Schwarzach auf die Spuren historischer Druckkunst. Mit Conny Hügelschäffer steht den begeisterten Schüler zwei Stunden lang ein routinierter Buchdruckermeister zur Seite. Er ist fasziniert vom starken Interesse der Schüler. Später statten interessierte Erwachsene der Werkstatt einen Schnupperbesuch ab. Genau so hatte er sich den Tag der Druckkunst in seiner nostalgischen Buchdruckerei vorgestellt.
Zum Einsatz kamen Oldtimer-Druckmaschinen
Dank hochkonzentrierter Schüler erlebt die Lehrerin der Kunstgruppe, Angelika Gerhard, bei dem ausgelagerten Werkunterricht entspannte Minuten. Sie kann sich entspannt zurücklehnen, während die Junghandwerker ihre ganz persönlichen Visitenkarten entwerfen. Name, Telefonnummer, E-Mail-Adresse oder Facebook-Account werden mit Bleibuchstaben gesetzt und mit einer der Oldtimer-Druckpressen aufs Papier gebracht.

In seiner Schatzkammer hat Hügelschäffer drei echte Leckerbissen stehen: zwei Gally Tiegeldruckpressen und einen Heidelberger Tiegel. Er ist Inhaber einer Druckerei in Mainbernheim. Sein beruflicher Alltag spielt sich dort ab. Nach Feierabend frönt er seinem Hobby: die alte Druckerei in Volkach. Gelegentlich führt er dort Workshops durch. Die Teilnehmer dürfen eigene Etiketten für Weinflaschen, Weihnachts- oder Glückwunschkarten entwerfen und drucken. Am Tag der Druckkunst erinnert er an Johannes Gutenberg, der den modernen Buchdruck im 15. Jahrhunderts erfunden hat.
In der früheren Schreinerei entstand eine Kunstwerkstatt
Seinen jungen Besuchern zeigt er die Handgriffe eines Schriftsetzers und Buchdruckers. Die Druckerei vergangener Tage hat er vor sechs Jahren in der ehemaligen Schreinerei seiner Schwiegereltern eingerichtet. Aus eigenen Beständen und dem Inventar befreundeter Betriebe, wie der Druckerei Hart in Volkach, hat er die kleine Kunstwerkstatt errichtet, in der er den Jugendlichen einen bleibenden Eindruck vom Ausdruck vermittelt.

Stolz zeigt Alina ihren Namens-Schriftsatz. Zwei Buchstaben wackeln noch. "Kein Problem", sagt Hügelschäffer, korrigiert den Drucksatz und wirft den Gally Tiegel an. In einer Zeit digitaler Medien und computergesteuerter Abläufe sollen die Schüler die Wurzeln der Druckkunst kennen lernen, sagt er. Er hat das Druckerhandwerk von der Pike auf gelernt und ist dabei geblieben, "weil es mir viel Spaß macht".
Bleibuchstaben haben echtes Gewicht
Mit Herzblut ist auch Alex Munteanu bei der Sache. Dem 14-Jährigen aus Dettelbach ist die Zeit fast zu kurz, um seinen Wissensdurst und Tatendrang zu befriedigen. "Irgendwann komme ich nochmal hierher", ist er felsenfest überzeugt und blickt auf ein Plakat an der Werkstattwand. Dort steht: "Im Bleisatz hat das Wort noch Gewicht." Beim Setzen der Wörter versteht er den Sinn, die Bleibuchstaben sind deutlich schwerer als die Lettern auf dem PC-Bildschirm. "Es ist schwierig, die Zwischenräume zwischen den Buchstaben richtig zu positionieren", hat er erkannt, dass Perfektion für die Buchdrucker früher nicht einfach war. Als Hobby könnte er sich die Arbeit in Hügelschäffers Drucker-Werkstatt vorstellen, als Beruf nicht. "Da arbeite ich doch lieber am Computer", sagt er und auch Alina wird sich nach dem Schulabschluss wohl nicht als Schriftsetzerin bewerben. "Mich zieht es eher in einen sozialen Beruf", ist sie ehrlich.
Datum soll sich im kulturpolitischen Kalender verankern

Diesen praktischen Unterricht mit alten Druckmaschinen wird sie allerdings so schnell nicht vergessen. Ihre selbst erstellten und nach alter Handwerkskunst gedruckten Visitenkarten werden sie immer an den Tag der Druckkunst erinnern, den der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) erstmals ausgerufen hat. Grund war die Aufnahme der künstlerischen Drucktechniken in das bundesweite Verzeichnis der Deutschen Unesco-Kommission zum immateriellen Kulturerbe. Ziel ist es, den Tag der Druckkunst langfristig als festen Termin im kulturpolitischen Kalender zu verankern.