
"Sie sehen mich hier nicht wieder." Das hatte ein 49-Jähriger bei einer Verhandlung am Amtsgericht in Kitzingen im September 2023 Richterin Ilka Matthes versichert. Kurz vorher war er zu einer saftigen Geldstrafe von 6900 Euro (230 Tagessätze zu 30 Euro) verurteilt worden. Es hat nur ein gutes halbes Jahr gedauert, bis es trotz der Versicherung zu einem Wiedersehen kam. Das endete diesmal mit einer achtmonatigen Freiheitsstrafe. Die wurde allerdings "gerade noch einmal", so die Staatsanwältin, zu Bewährung ausgesetzt.
Allerdings machte die Richterin "dem schwierigen Fall auf der Anklagebank" klar: "Bei einem Verstoß gegen die Bewährungsauflagen, wird die Freiheitsstrafe vollzogen." Der Angeklagte war dennoch zufrieden: "Mit der Bewährung kann ich leben", sagte der für seine gewöhnungsbedürftigen Auftritte bekannte Frührentner. Er hat sich nur schwer unter Kontrolle, redet ungefragt drauflos und ist mit seinen Äußerungen oft in der Nähe von Beleidigungen, was eine Verhandlung nicht ganz einfach macht.
Der Mann ist schwerbehindert. Er steht unter Betreuung, auch wenn er an seiner Betreuerin kein gutes Haar lässt. Er lebt von einer Berufsunfähigkeitsrente. Der 49-Jährige muss zahlreiche Medikamente nehmen, um sich einigermaßen im Griff zu haben. Ein Gutachter hat ihm vor einem halben Jahr eine "leichte Intelligenzminderung" und eine "schizophrene Psychose" attestiert. Der Gutachter ging von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Diesem Gutachten hatte der 49-Jährige am Ende auch die Bewährung zu verdanken.
Staatsanwältin sieht "beachtliche kriminelle Energie"
Die acht Monate hat er bekommen, weil er gerade mal zwei Monate nach der letzten Verhandlung ein Fahrrad am Kitzinger Bahnhof mitgenommen hat. Von einer "hohen Rückfallgeschwindigkeit und einer beachtlichen kriminellen Energie" sprach die Staatsanwältin. Der Mann hatte sich in einem Baumarkt einen Bolzenschneider und ein Fahrradschloss besorgt. Dann war er zum Kitzinger Bahnhof gegangen. Er hat das Schloss eines Mountainbikes geknackt und ist mit dem Rad in die Innenstadt gefahren, hat es abgestellt und mit dem gerade gekauften Schloss gesichert. Den Bolzenschneider hatte er am Fahrradständer abgelegt. Als er den wenig später holen wollte, ist "der alte Bekannte" der Polizei in die Hände gelaufen.
Die hatte eine Zeugin informiert, die den Mann beim Ablegen des Werkzeugs und beim Wegfahren mit dem Rad gesehen hatte. "Das kam mir komisch vor", sagte sie als Zeugin. Der Mann führte die Polizei zu dem Rad. Damit war für die Beamten die Sache klar. Am Ende stand die Anklage wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall (weil das Schloss geknackt wurde) und Sachbeschädigung.
Ganz so wollte das der Angeklagte aber nicht stehen lassen. Er habe das Schloss zwar durchgezwickt und das Fahrrad mitgenommen. "Ich habe es aber nicht klauen wollen", sagte er: "Ich wollte es nur ausleihen." Er habe mit dem Rad per Zug nach Würzburg fahren, dort einiges erledigen und das Rad dann wieder zurückbringen wollen. "Leider haben die mich am Kitzinger Bahnhof schon geschnappt", sagte er.
Schutzbehauptung des Angeklagten zieht nicht
Das war eine Version, die lediglich als Schutzbehauptung durchging. So stand nach der Beweisaufnahme der Diebstahl fest. Mit Blick auf die Vorstrafen hatte die Staatsanwältin zehn Monate und Bewährung gefordert. Dem Verteidiger hätten auch sechs Monate genügt. Am Ende wurden es acht.
Und die Verhandlung endete so ähnlich wie vor einem halben Jahr, und zwar mit der Versicherung: "Ich habe daraus gelernt. Sie werden mich hier nicht mehr sehen", sagte der Verurteile. "Das nehmen wir mal zu Protokoll", sagte Richterin Matthes eher emotionslos und schloss die Verhandlung.