Wer am Samstag in Iphofen in den Bereich der Karl-Knauf-Halle kommt, reibt sich verwundert die Augen: Überall Personen in weißen Schutzanzügen, im Gesicht komplett verhüllt. An den Zufahrten zur Halle regeln diese „Marsmännchen“ den Verkehr. Grund ist eine Übung des Katastrophenschutzes, der in der Halle simuliert, was nach einem Atomunfall mit Verstrahlungen zu tun wäre.
Dazu wird in der Halle unter Federführung der Regierung von Unterfranken eine so genannte Notfallstation errichtet. Dort werden Personen versorgt und behandelt, die trotz Evakuierungs- und anderen Maßnahmen radioaktiv verseucht wurden. Federführend bei der Bezirke übergreifenden Übung war die „Notfallstationsgruppe 6“ aus Nürnberg mit Personal von Berufsfeuerwehr, Arbeiter-Samariter-Bund und Technischem Hilfswerk (THW).
Harter Einsatz
Etwa 180 Einsatzkräfte, die über Stunden in ihren Schutzanzügen bleiben, sowie weit über 50 Mimen, welche die Patienten darstellen, haben einen harten Übungseinsatz vor sich. An Station eins , dem „Sammelplatz für Kontaminationsverdächtige“, wird zunächst jeder Ankommende mit einem Gerät überprüft, ob und wie hoch er mit Strahlen belastet ist.
Nach der Registrierung sind an Station zwei alle Wertgegenstände abzugeben. Dann geht es in die Umkleideräume, wo sich jeder komplett ausziehen und mit einer speziellen Lösung waschen muss. Die persönliche Kleidung wird in einen gesonderten Sack verpackt. An einer weiteren Station wird der Betroffene erneut auf die Strahlenbelastung kontrolliert, die Werte werden auf einer Karte eingetragen.
Einmal-Overall und Plastikschuhe
An der nächsten Station gibt es dann Einmal-Overall und Plastikschuhe zum Anziehen. Während den ganzen Zeit sind Sanitäter anwesend, die bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingreifen könnten. Nach der Registrierung geht es zum Strahlenschutzarzt, in diesem Fall Joachim Eich vom Landratsamt Würzburg.
Obwohl sich vor seiner Station bereits eine Schlange gebildet hat, führt der Arzt die Untersuchungen gründlich und in ruhe durch. „Es hat sich ein Nadelöhr gebildet. Da muss zukünftig unbedingt weiteres ärztliches Personal eingeteilt werden“, mahnt der Arzt bei einem Übungsbeobachter an.
Im Rollstuhl und mit Tragen
Eich entscheidet dann, was mit den betroffenen Personen weiter geschieht. Kann sie entlassen werden, muss sie zur Beobachtung vor Ort bleiben, oder ist die Einweisung ins Krankenhaus nötig? „Triage nennt man das“ erklärte der Arzt und und füllt währenddessen einen entsprechenden Schein aus. 18 Stationen sind insgesamt zu durchlaufen. Natürlich wird dabei auch im Rollstuhl gefahren oder auf Tragen transportiert.
Jede Station muss auf alles vorbereitet sein. An einem zentralen Ort in der Halle ist beispielsweise die Notfallseelsorge Kitzingen. Deren Aufgabe ist es, psychisch belastete Personen zu zu betreuen. Tobias Wölfel, Mitglied der Feuerwehr Kitzingen und als Mime eingeteilt, ist jetzt über eineinhalb Stunden im Übungseinsatz. Er sitzt am Ausgang und wartet auf seine Entlassungspapiere. Froh ist er, dass alles vorüber ist. „Das hat gut geklappt. Meiner Meinung nach müsste der Ablauf etwas entzerrt werden, da es Staus gegeben hat. Aber sonst war alles in Ordnung“.
Versorgung für 270 Personen
Den nächsten Part nach Übungsende haben die Kitzinger Sanitäter zu bewältigen: Fast 270 Personen müssen vom Verpflegungszug unter Leitung von Thorsten Dennerlein verköstigt werden. „Kein Problem für uns“, wie der Leiter des Rettungsdienstes Kitzingen, Sven Appold, meint. „So etwas haben wir schon öfters gehabt!“ In einem Raum, wo „radioaktiv verseuchte“ Personen wartet ist zwischenzeitlich ein warmes Büffet aufgebaut – ohne strahlungsbelastetes Fleisch oder Gemüse, wie ein Küchenhelfer versichert.