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WILLANZHEIM
Bäume dürfen auch im Sommer fallen
Die Kastanie auf dem Willanzheimer Marktplatz steht nicht mehr: Am Donnerstag wurde der altehrwürdige Baum gefällt. „Das geht doch nicht“, dachte sich ein Anwohner, der davon ausging, dass Baumfällen in der Vogelbrutzeit nicht erlaubt sei.
Wegen ihres hohlen Stammes machte die Willanzheimer Marktplatz-Kastanie am Donnerstagmorgen Bekanntschaft mit der Kettensäge – und brachten manchen ins Grübeln.
Foto: FOTO Reifenscheid-Eckert | Wegen ihres hohlen Stammes machte die Willanzheimer Marktplatz-Kastanie am Donnerstagmorgen Bekanntschaft mit der Kettensäge – und brachten manchen ins Grübeln.
Von unserem Mitarbeiter Janosch Priebe
 |  aktualisiert: 20.06.2008 16:47 Uhr

Deutschland ist für seine Rechtsirrtümer bekannt. Das beweisen ganze Bücher, die mit derartigen Verwirrungen aufzuräumen versuchen. Ein solcher Irrtum liegt auch in Willanzheim vor. In der Brutzeit dürfe kein Baum gefällt werden, war ein Willanzheimer überzeugt. Ihm sei es im Garten verboten, im Sommer Hecken zu schneiden, aber die Gemeinde dürfe das. Aber der Mann irrt, wie die Nachfrage bei der unteren Naturschutzbehörde des Kitzinger Landratsamtes ergab: Ein generelles Fällverbot im Sommer gebe es nicht, erklärt Dieter Lang, Fachkraft für Naturschutz in der Behörde. „Ein Baum darf nur dann nicht gefällt werden, wenn Vögel darin brüten“, so Lang. Wer einem Baum mit Nest mit der Kettensäge zu Leibe rücke, mache sich laut Lang nach dem Tierschutzgesetz strafbar. Eine Baumschutzverordnung nach Berliner Vorbild, wo die Bäume auch ohne Vögel besonders geschützt sind, gebe es laut Langs Kollegin Erika Friedrich im Landkreis Kitzingen nicht.

Von dem anstehenden Ende der Willanzheimer Kastanie war die Naturschutzbehörde nicht nur informiert, vielmehr habe Lang mit seinen Kollegen das Fällen veranlasst. „Die Kastanie war alles andere als gesund und hohl“, so der Fachmann. „Wir haben der Gemeinde schon vor Jahren empfohlen, die zu fällen.“ Um das zu ermöglichen wurde der Baum wegen seines schlechten Zustandes aus der Naturdenkmalliste gestrichen. Zudem stellte er in Dieter Langs Augen „eine Gefahr“ dar. Am Donnerstag rückten der Kastanie dann unter den Augen einiger Anwohner die Kettensägen zu Leibe.

„Wir haben ab Freitag Bauarbeiten am Marktplatz. Deswegen musste der Baum weg. Er musste auch aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht entfernt werden“, erklärte Willanzheims Bürgermeisterin Ingrid Reifenscheid-Eckert und machte klar: „Den hätte man nicht stehen lassen können.“

Dass das Ende der Kastanie die Gemüter bewegt, kann sie nachvollziehen: „Der Baum hat das Ortsbild geprägt. Wir haben ihn extra noch einmal blühen lassen“, erklärte Reifenscheid-Eckert. Die Fällaktion wurde im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt, „ohne Resonanz im Vorfeld“, so die Bürgermeisterin, die die Naturschutzbehörde sofort nach dem Fällen informiert hat.

Kahl bleiben soll der Willanzheimer Marktplatz aber nicht: Wenn die Bauarbeiten fertig sind, soll ein neuer Baum gepflanzt werden, so Reifenscheid-Eckert. Eine Aktion, die auch der Naturschutzbehörde gefällt: „Ein neuer, schöner Baum, da haben alle mehr davon“, meint Dieter Lang.

 
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