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Kitzingen
Babyboom in der Klinik Kitzinger Land: Von familiärer Atmosphäre und dem Luxus, eine Hebamme ganz für sich zu haben
Bayernweit kommen immer weniger Babys zur Welt. Doch die Klinik Kitzinger Land stellt sich gegen den Trend. Von vermehrter Freude über freudige Ereignisse.
Küsschen für die süße Tochter: Christiane Bockreiss und Tobias Engel wollten, dass ihre kleine Maila in Kitzingen zur Welt kommt. 
Foto: Diana Fuchs | Küsschen für die süße Tochter: Christiane Bockreiss und Tobias Engel wollten, dass ihre kleine Maila in Kitzingen zur Welt kommt. 
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 29.03.2025 02:34 Uhr

Anton und Alina, Salome und Stefka, Lilas und Linda haben eins gemeinsam: Sie kamen in diesen Tagen in der Klinik Kitzinger Land zur Welt. Warum haben sich ihre Eltern zur Entbindung die vergleichsweise kleine Klinik in Kitzingen ausgesucht? Gelingt es hier, dem landesweiten Geburtenrückgang zu trotzen? 

Hört mal her: Die Hebammen Carolin Dietz – mit Hörrohr – und Nicole Dunkelberg freuen sich sehr darüber, dass ihre Geburtshilfe so beliebt ist.
Foto: Diana Fuchs | Hört mal her: Die Hebammen Carolin Dietz – mit Hörrohr – und Nicole Dunkelberg freuen sich sehr darüber, dass ihre Geburtshilfe so beliebt ist.

Warum steuern werdende Eltern die Klinik Kitzinger Land an?

Als sich Nachwuchs ankündigte, informierten sich Christiane Bockreiss und ihr Partner Tobias Engel über die Geburtsbedingungen in der Umgebung. "Bei der Kreißsaal-Führung in Kitzingen war ich angenehm überrascht. Die Räume waren sehr schön, die Hebammen toll." Schnell sei klar gewesen, dass sie zur Entbindung hierherkommen wolle, berichtet die Krankenschwester aus Martinsheim. Sie hat ihre Entscheidung nicht bereut.

Zwei Tage, nachdem sie ihre kleine Maila am Weltfrauentag zum ersten Mal im Arm gehalten hatte, sagt sie, die Atmosphäre im Kreißsaal und auch auf Station sei "sehr angenehm". Ihr gefallen auch die Methoden und Hilfsmittel, die die Hebammen anwenden, "Aroma-Therapie zum Beispiel".

Müde, aber glücklich: Papa Tobias Engel und seine am Weltfrauentag 2025 geborene Tochter Maila ruhen sich zusammen aus.
Foto: Christiane Bockreiss | Müde, aber glücklich: Papa Tobias Engel und seine am Weltfrauentag 2025 geborene Tochter Maila ruhen sich zusammen aus.

Gibt es einen Unterschied zwischen der Geburtshilfe in Kitzingen und der in großen Kliniken?

Definitiv. Hebamme Carolin Dietz aus Dettelbach-Brück hat zwölf Jahre lang auf der Kinderintensivstation der Uni-Klinik Würzburg gearbeitet, ehe sie Hebamme in Kitzingen wurde. "Der größte Unterschied ist, dass wir in Kitzingen die Betreuung der Schwangeren stark intensiviert haben", sagt sie. Nicht selten habe jede werdende Mutter eine Hebamme für sich allein. Solchen "Luxus" und familiäre Atmosphäre gebe es in großen Zentren nicht.  "Außerdem ermöglichen wir eine selbstbestimmte Geburt."

Klötzchen bauen –  das geht quasi schon im Kreißsaal los. Die Hebammen Nicole Dunkelberg und Caro Dietz führen vor, wie man die Einrichtung ganz individuell zusammenstellen kann.
Foto: Diana Fuchs | Klötzchen bauen – das geht quasi schon im Kreißsaal los. Die Hebammen Nicole Dunkelberg und Caro Dietz führen vor, wie man die Einrichtung ganz individuell zusammenstellen kann.
Was ist eine selbstbestimmte Geburt?

Die Hebammen in der Klinik Kitzinger Land verstehen darunter, dass jede Frau ihr Kind individuell so zur Welt bringen kann, wie sie es am besten findet. Ganz ohne Dogma. "Wir schließen die Schwangeren nicht ab sechs Zentimetern Muttermundöffnung ans Dauer-CTG an oder legen sie ins Bett, die Beine hoch", stellt Dietz fest. "Im Gegenteil. Wir bestärken jede Frau darin, ihren eigenen Weg zu gehen." Dafür stehen alle möglichen Hilfsmittel zur Verfügung: Wippsessel, große Kissen, Globuli … Voraussetzung für eine selbstbestimmte Geburt sei, dass die Frauen "gut auf das Geburtserlebnis vorbereitet werden". 

"Eine gute Geburtsvorbereitung ist Trauma-Prävention"
Carolin Dietz, Hebamme

Waren die Frauen vor 30 oder 40 Jahren schlechter auf die Geburt vorbereitet?

Generell ja. Die mentale und physische Geburtsvorbereitung sei jahrzehntelang unterschätzt worden, sagt Dietz: "Viele Mütter von heute erwachsenen Kindern haben deshalb ein Geburtstrauma erlebt." Heute ermutigen die Hebammen jede werdende Mutter, auf ihren Körper zu hören und keine Angst davor zu haben, ihn arbeiten zu lassen. Die schönsten Geburten seien die, "bei denen die Frauen ihren Instinkten folgen und ich als Hebamme nur staunendes Beiwerk bin", sagt die 36-Jährige. Und: "Eine gute Geburtsvorbereitung ist Trauma-Prävention."

Die freiberuflichen Hebammen der Klinik Kitzinger Land freuen sich über das Vertrauen der (werdenden) Mütter und Väter (hinten von links):  Mara Hilpert, Nicole Dunkelberg, Sina Böhm, Anett Vetter, Carolin Dietz, Elke Keller, Judith Bieber, Claudia Kaiser und (vorne) Jasmin Köhler. 
Foto: Caro Dietz | Die freiberuflichen Hebammen der Klinik Kitzinger Land freuen sich über das Vertrauen der (werdenden) Mütter und Väter (hinten von links):  Mara Hilpert, Nicole Dunkelberg, Sina Böhm, Anett Vetter, Carolin ...

Vorne: Jasmin Köhler

Wie viele Hebammen arbeiten in der Klinik Kitzinger Land und nach welchen Regeln?

Aktuell besteht das Team aus neun freiberuflichen Hebammen, die zusammen mit dem Ärzte-Team eine 24/7-Versorgung gewährleisten. Zwei Hebammen sind derzeit schwanger und fallen künftig eine Zeitlang aus, weshalb in Kürze zwei neue Kolleginnen das Team ergänzen werden. Fast alle Hebammen machen außer ihren Zwölf-Stunden-Schichten in der Klinik auch Vor- und Nachsorge bei Schwangeren und jungen Müttern zu Hause. 

Ein Herz für die Frauen – und auch für die Männer: Nicole Dunkelberg und Carolin Dietz lieben ihre Arbeit als Hebamme und möchten zugleich darauf verweisen, dass sie eine 'Handarbeit' bleibt, auch wenn man den Beruf mittlerweile nur noch mit einem Studium erlernen darf.
Foto: Diana Fuchs | Ein Herz für die Frauen – und auch für die Männer: Nicole Dunkelberg und Carolin Dietz lieben ihre Arbeit als Hebamme und möchten zugleich darauf verweisen, dass sie eine "Handarbeit" bleibt, auch wenn man den Beruf ...

Ist die Freiberuflichkeit der Hebammen ein Vor- oder Nachteil für die werdenden Eltern?

Durch die Freiberuflichkeit könne jede Hebamme sich nach eigenen Wünschen beruflich in Teil- oder Vollzeit entfalten. Das komme einer stressfreien Geburtsvorbereitung und -begleitung zugute, ist für Dietz und ihre Kollegin Dunkelberg klar. Die Klinik stellt sämtliches Material und die Räume, während die Hebammen letztere mit Leben füllen – im wahrsten Sinn des Wortes. "Wir können den Frauen fast jeden Wunsch erfüllen", sagt Dunkelberg. Die Schernauerin und ihre Kolleginnen bieten nicht nur die Geburtsvorbereitung direkt in der Klinik an, sondern zum Beispiel auch die Freitagssprechstunde, bei der werdende Mütter und Hebammen einander kennenlernen.

Was geschieht mit den werdenden Vätern?

Die Männer spielen vor, nach und während der Geburt eine viel wichtigere Rolle als man ihnen früher zugestand. Je mehr Oxytocin – Kuschel- und Bindungshormon – sich während der Geburt bildet, desto besser.  Als "Fels in der Brandung" kann der Mann seiner Partnerin die Geburt erleichtern. "Die Männer müssen keine Angst haben, hilflos dazustehen; die kriegen bei uns schon ihr Jöble", sagt Dietz grinsend.   

Baby-Statistik

Weniger Babys, weniger Erwachsene: Die Zahl der Geburten in Bayern sank von Mitte der 1960er-Jahre bis Ende der 1970er-Jahre stark ("Pillenknick"). Laut Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg fielt sie 1970 das erste Mal unter das sogenannte Bestanderhaltungs-Niveau von 2,1 Geburten pro Frau. 2006 wurde ein Minimum von 1,32 Geburten pro Frau erreicht. Nach 2012 stiegen die Geburtenzahlen in Bayern zunächst wieder an, doch zehn Jahre sanken sie erneut: von 134.000 auf 125.000 Babys beziehungsweise von statistischen 1,62 auf 1,49 Kinder pro Frau.

Situation in Kitzingen: In Kitzingen ist der Trend gegenläufig. Jan Zupaniec, Chefarzt der Abteilung für Geburtshilfe, freut sich über die steigende Geburtenzahl, lobt dafür sein engagiertes Hebammen-Team und teilt mit, dass 2022 in der Kitzinger Klinik 398 neue Erdenbürger begrüßt werden konnten. 2023 waren es 418, im vergangenen Jahr 440.  
Quellen: ldk/KKL
 
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Kommentare
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  • Marion Deinzer
    Globuli als Hilfsmittel. Würfelzucker hat den gleichen Effekt. Muss halt jede selbst wissen.
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