Der 30-jährige Michael pfeift die ganze Zeit "Born To Be Wild" vor sich hin. Wenn er mal nicht pfeift, dann strahlt er bis über beide Backen: "Heute ist sein Tag", meint Florian Wirthmann, Leiter Sozialer Dienst bei den Mainfränkischen Werkstätten. Doch so geht es nicht nur Michael. Alle Besucher und Besucherinnen aus den Werkstätten sind aufgedreht und freuen sich auf das, was kommt.
35 schwere Motorräder, darunter etliche Beiwagenmaschinen, stehen auf dem Gelände der "Hawks" und warten darauf, einen der Gäste aufzunehmen, um dann zu cruisen, also eine Rundfahrt durch den Landkreis zu machen.
Über Jahre haben sich Freundschaften entwickelt
Männer und Frauen stehen in teilweise verwegener Motorradkluft neben den Feuerstühlen. Und man merkt es sofort: Hier hat sich über Jahre hinweg eine tiefe Freundschaft entwickelt. Körperlich eingeschränkte Menschen stehen oder sitzen neben Bikern und fachsimpeln über das Motorradfahren. Mit Schwung packt ein Hüne einen schmalen Mitfahrer und befördert ihn auf seine Maschine. Da sitzt er nun, und will absolut nicht mehr runter von dem Gerät. Sein Gesicht zeigt pure Freude.
"Das ist das, was uns antreibt," sagt "Mitch" Rügamer, der Präsident des Clubs. "Wir zeigen ihnen, dass das Leben mit schönen Erlebnissen weitergeht." Dann dröhnt ein kräftiges "Leut aufgemerkt!" über den Platz. Der Präsident braucht keinen Lautsprecher. Alle hören jetzt mucksmäuschenstill zu.
Sicherheit ist das oberste Gebot
Zwischenzeitlich sind drei Polizeimotorräder und zwei Rot-Kreuz Maschinen eingetroffen. Sie werden zuständig sein für die Verkehrssicherung oder Erste Hilfe. Es folgt die Einweisung. "Mitch" erklärt noch einmal die Regeln des Fahrens im Konvoi: Sicherheit ist oberstes Gebot. "Die Helme und Lederkleidungsstücke haben unsere Mitglieder mitgebracht," sagt der Präsident. "Die stehen sich schon so nahe, dass sie sogar die Konfektionsgrößen unserer Gäste kennen."
Die letzten Rollstuhlfahrer werden in die Beiwagenmaschinen gehoben. Polizeihauptkommissar Werner Seifert, Staffelleiter der unterfränkischen Polizei-Motorräder, gibt letzte Tipps und Road-Captain "Bastl" gibt das Startzeichen. Wie ein schweres Gewitter dröhnen die Motoren unter dem Jubel der Mitfahrer. Es beginnt eine Fahrt von gut zwei Stunden. Ob eng angeschmiegt an ihrem Vordermann oder eingebettet in die schützende Schale des Beiwagens: Die offene Fahrt gibt den Gästen das Gefühl der Freiheit.
Vorfreude auf die nächste gemeinsame Fahrt
Über Schwarzach bis nach Volkach zieht sich der erste Teil der Tour hin. Diszipliniert geht es zu. Die Begleitmotorräder pendeln ständig mit Blaulicht hin und her, warnen vor gefährlichen Kreuzungen und kümmern sich darum, dass die Kolonne nicht abreißt. "Mit denen kannst du zusammenarbeiten", äußert sich ein Motorradpolizist anerkennend. Die Frage nach einer Pause lehnen alle unisono ab.
Spannend wird es nochmal am Ende der Fahrt, als die Motorräder mit der Fähre zurück nach Albertshofen übersetzen. Dicht an dicht stehen die Maschinen. Viermal muss der Fährmann kreuzen, um den Tross hinüber zu bringen, "was er in dieser Form noch nicht erlebt hat," wie er beeindruckt meint. Die Mitfahrenden schauen inzwischen etwas müde aus. Doch beim Einfahren in das Clubgelände kommen schon die ersten Fragen: "Wann machen wir das wieder?"