Eine 17-Jährige hat vor dem Jugendschöffengericht dafür gesorgt, dass eine Anklage wegen vorsätzlicher Körperverletzung gegen einen 21-Jährigen ganz schnell in sich zusammenbrochen ist. Aus dem Faustschlag mit folgenden Nasenbeinbruch wurde ein Sturz auf die Bettkante. Beleidigungen waren frei erfunden. Das Verfahren wurde gegen die Zahlung von 1200 Euro eingestellt.
Der 21-Jährige ist mit einem blauen Auge davongekommen. Auf die Freundin wartet Ärger. Die Staatsanwältin wird Anklage erheben, wegen falscher Verdächtigung. „Sie haben ein Problem“, sagte sie nach der Aussage der Frau.
Es herrschte eine gespannte Atmosphäre im Gerichtssaal. Ein Hauch von Romeo und Julia wehte durch den Raum. Die waren sehr jung zusammengekommen und hatten von Anfang an „Stress mit der Familie“. Sie hatten sich nach dem Vorfall im Oktober 2013 getrennt und sind heute wieder zusammen. Das Verhältnis zwischen der 17- und dem heute 21-Jährigen wird von der Familie der Frau nicht akzeptiert. Die junge Frau hat den Kontakt zu ihrer Mutter abgebrochen. „Die waren schon immer gegen meinen Freund“, sagte sie.
Zwei Familien stehen sich unversöhnlich gegenüber. Es kommt schon vor der Verhandlung zu Pöbeleien, so dass der Richter Wolfgang Hülle schon mal einen Wachtmeister in die Sitzungssaal kommen lässt, für alle Fälle. Es blieb dann aber bis auf zwei dringende Ordnungsrufe in der Verhandlung ruhig.
Die war schnell vorbei. Dafür sorgte die 17-Jährige. Im Zeugenstand nahm sie alle Vorwürfe zurück, die den jungen Mann auf die Anklagebank gebracht hatten. „Ich habe bei der Polizei gelogen“, sagte sie. Auf der Frage nach dem Warum, verwies sie auf den Druck durch die Familie. Dazu kamen nach der Trennung Anzeigen vom Ex-Freund, weil sie angeblich Geld genommen hatte, und Probleme am Arbeitsplatz. Folge: „Ich war psychisch fertig und ich hatte eine Wut auf ihn.“ In Anwesenheit der Mutter habe sie dann bei der Polizei die Aussage gemacht. „Das wollten die doch alle hören.“
Was die Polizei zu hören bekam, reichte für die Anklagebank. Danach hat er Ende Oktober 2013 nach einer Schubserei seine Freundin unter anderem als Hure beleidigt und ihr mit der Faust ins Gesicht geschlagen: Beleidigung und vorsätzliche Körperverletzung. Ein Nasenbeinbruch war die Folge, und die Trennung. Ende November soll er dann gedroht haben, für den Fall, dass sie ihn anzeigt. Dann kamen noch zwei Kurznachrichten über das Handy, die den Tatbestand der Bedrohung erfüllten.
Vor dem Schöffengericht sah alles anders aus. Da war alles eine spaßhafte Rangelei, „so eine Art Liebesspiel“. In dessen Verlauf ist sie über die Sporttasche gestolpert: „Dann bin ich auf die Bettkante geflogen“, erklärte die Frau den Nasenbeinbruch. Auch das mit den Drohungen – frei erfunden, nie was gewesen. Die beiden SMS schließlich seien das Ergebnis von gegenseitigen Provokationen gewesen. Alles in allem, also nichts passiert.
Nach dieser Aussage zog sich das Gericht erstmal zurück und kam mit dem Vorschlag wieder: Einstellung des Verfahrens gegen Auflage. Nach kurzer Beratung stimmte die Staatsanwältin ebenso zu wie der Angeklagte. Auf den Zuschauerrängen wurde das unterschiedlich kommentiert: „Richtig so“ bis „viel zu billig weggekommen“. Die Familien verließen getrennt den Saal, der Angeklagte und die Zeugin gemeinsam und der Wachtmeister sichtlich erleichtert.