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Kitzingen
Aus dem Gericht: Wie ein 28-Jähriger sein verpfuschtes Leben in den Griff kriegen will
Wirres Gerede, plötzlich ein Messer und schließlich ein Gerichtsverfahren. Nicht das erste gegen den jungen Mann, der inzwischen Familienvater ist – und seine Chance bekommt.
Zu viel Alkohol, dazu noch Drogen: Für einen 28-Jährigen war das im bisherigen Leben eine unheilvolle Mischung (Symbolbild).
Foto: Alexander Kaya | Zu viel Alkohol, dazu noch Drogen: Für einen 28-Jährigen war das im bisherigen Leben eine unheilvolle Mischung (Symbolbild).
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:05 Uhr

Gerade mal 28 Jahre alt ist der junge Mann, der an diesem Tag vor der Kitzinger Amtsrichterin sitzt. Neun Jahre davon hat er hinter Gittern verbracht. Drogen, Alkohol, viele Straftaten und mehrere Haftstrafen – ein weitgehend verpfuschtes Leben. Damit soll jetzt Schluss sein. Nach der Hochzeit und der Geburt seines Kindes will der Mann seine Probleme gemeinsam mit seiner Frau angehen. Und das Amtsgericht in Kitzingen mochte ihm da keine Steine in den Weg legen – zu einer vielleicht besseren Zukunft.

Die Geschichte, die hier verhandelt wurde, hat sich in der Kitzinger Siedlung abgespielt. Im November 2021 war der Angeklagte noch nicht so weit wie jetzt. Mit fast zwei Promille Alkohol im Blut und unter dem Einfluss von Drogen sprach er eine junge Frau vor einer Pizzeria lautstark an. Er habe "eher wirres Zeug losgelassen", wie eine Zeugin aussagte. Deren Freund hatte den Vorfall am Handy mitbekommen, kam mit dem Roller zu Hilfe und wollte den Mann zur Rede stellen. Als der den 17-Jährigen auf dem Roller bemerkte, zückte er ein Messer und "fuchtelte" in der Luft herum.

Das gezückte Messer führte zur Anklage wegen Bedrohung

"Der Mann hatte einen Helm auf, ich habe gedacht, der will Stress machen", sagte der Angeklagte dem Gericht. "Ich konnte nicht wissen, dass das nur ein kleiner Bub ist." Der Rollerfahrer drehte jedenfalls ab und fuhr zurück zu seiner Freundin. Als die was von einem Messer hörte, holte sie die Polizei. Der Rest war Routine und endete mit der Anklage. So kam es zu dem Verfahren wegen Bedrohung gegen den 28-Jährigen.

Richterin Ingrid Johann hat es eingestellt – gegen 100 Stunden Sozialdienst. Hat er die geleistet, ist die Geschichte für ihn erledigt. "Ist eine Kleinigkeit für mich, mach ich mit Handkuss", sagte der gelernte, aber derzeit arbeitslose Maler und Lackierer dem Gericht. Im Vergleich zu dem, was noch auf ihn zukommt, dürften die 100 Stunden tatsächlich eher eine Kleinigkeit sein. Er muss sein Alkoholproblem angehen. "Die Drogen habe ich im Griff", sagte er. In Sachen Alkohol stehe ab Mai eine stationäre Therapie an. Und die will er durchziehen. "Wir sind alle dran, meine Frau hält zu mir, egal was war. Das wird klappen", gab er sich überzeugt.

Der Alkohol bleibt das Problem, an dem der Mann arbeiten will

Auch sein Bewährungshelfer sah Chancen für eine bessere Zukunft, hegte aber zugleich Zweifel. Er attestierte dem jungen Mann, dass er sich geändert habe. Er arbeite mit. Sein Problem bleibe aber der Alkohol. Alles komme jetzt auf die Suchtmitteltherapie an. "Ob die Situation so stabil bleibt wie derzeit, weiß ich nicht", sagte er.

Dennoch wollte das Gericht dem Mann seine Chance geben. Trotz der vier massiven Einträge im Bundeszentralregister und einer offenen Bewährung brachte die Richterin die Einstellung des Verfahrens wegen Bedrohung ins Spiel. Bei einer Auflage von 100 Arbeitsstunden war auch die Staatsanwaltschaft mit dabei. Jetzt liegt es an dem jungen Ehemann und Vater, die Auflagen zu erfüllen und die Geschichte ganz aus der Welt zu schaffen.

"Ich sage bewusst nicht auf Wiedersehen", verabschiedete die Amtsgerichtschefin den Angeklagten. "Ich auch nicht", sagte der und ging. Zurück blieb die Hoffnung auf einen Wendepunkt im Leben des Mannes – nach neun Jahren Haft.

 
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