Sie ist alleinerziehende Mutter mit drei Kindern, er Asylbewerber. Die beiden waren mal ein Paar. Inzwischen waren sie nach Aussagen der Frau "hundert Mal zusammen und wieder getrennt". Jetzt können sie nicht mehr miteinander. Müssen sie aber, weil sie ein gemeinsames Kind haben. Obwohl der Umgang gerichtlich geregelt ist, bleibt Streit nicht aus. Im Oktober 2020 war es bei einem Besuch des Vaters wieder soweit.
Es ging um neue Besuchszeiten, als die Worte fielen, die die Frau als Beleidigung empfand. "Ich tue alles für das Kind und muss mich nicht so bezeichnen lassen", sagte sie als Zeugin vor dem Kitzinger Amtsgericht. Die 44-Jährige zeigte ihren Expartner an. Der bekam einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe und legte Einspruch ein. So traf man sich vor der Richterin wieder.
Die Richterin stellt das Verfahren einvernehmlich ein
Da war für die Anklage klar: Der 45-Jährige hat die Frau als "dumme Frau, Schlampe und schlechte Mutter" bezeichnet. Ein klarer Fall von Beleidigung, so der Staatsanwalt. "So einfach ist die Sache nicht", sagte der Verteidiger – und sollte damit am Ende Recht behalten. Richterin Patricia Finkenberger stellte mit Zustimmung aller Beteiligten das Verfahren gegen Auflagen ein. Zahlt der Mann 300 Euro an das Kinderheim Geesdorf, ist die Sache für ihn erledigt.
Die Einstellung hatte ihre Gründe. Einmal war für Finkenberger der Begriff "schlechte Mutter" noch keine Beleidigung, sondern eher durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Dann gab es da offensichtlich Sprachprobleme. Der Mann ist Asylbewerber und spricht nach Angaben seines Anwalts zwar gutes, aber kein perfektes Deutsch. Er habe nicht Schlampe gesagt, sondern "schlampe Frau" und damit "schlampige", also unordentliche Frau gemeint. So stehe es auch im Polizeiprotokoll.
Er nennt sie "dumme Frau" und sie ihn "Arschloch"
Bleibt die "dumme Frau". Und da stellte sich heraus, dass der Ausdruck zu dem eher fragwürdigen Umgangston zwischen den beiden Kontrahenten passt. "Haben Sie ihn öfter Arschloch genannt?", wollte der Verteidiger wissen. "Ja, aber das war nicht so böse gemeint", war die Antwort. Danach kam die Anregung, über die Einstellung des Verfahrens nachzudenken. "Wir hantieren hier mit einem zu großen Hammer", sagte er mit Blick auf das, was von der Beleidigung übrig geblieben ist. Das sahen schließlich alle Beteiligten so. Das Verfahren wurde eingestellt.
Damit wurde der zwölfjährigen Tochter der Frau die Aussage vor Gericht erspart. Die soll alles mitbekommen haben, kennt den Angeklagten gut und wäre in eine Zwickmühle geraten. In die wollte Finkenberger das Kind auf keinen Fall bringen und alle anderen Beteiligten auch nicht. "Ich will Sie hier nicht mehr sehen", sagte Finkenberger am Ende: "Nehmen Sie sich zusammen. Es geht nicht um Sie, sondern um die Kinder." Die seien es, die unter den Auseinandersetzung leiden.