Ein Handwerker aus dem Landkreis soll eine Rentnerin beim Hausverkauf quasi unter notarieller Aufsicht über den Tisch gezogen und um rund 56 000 Euro geschädigt haben. Jetzt steht der 45-Jährige wegen Betrugs vor Gericht. Ob er verurteilt wird, ist offen.
Die Geschichte in einem kleinen Ort begann mit dem Tod des Ehemanns der heute 75-Jährigen. Als es ums Erbe und dabei um das Haus ging, forderte die Tochter ihren Pflichtteil. Sie setzte bei einem Schätzwert von rund 84 000 Euro für das Anwesen 20 000 Euro vor Gericht durch. Damit hatte die Rentnerin ein Problem: Keine Bank wollte ihr einen Kredit geben.
Nichts beim Notar verstanden
Hilfe kam von einem ehemaligen Bekannten ihres Mannes, der den Kontakt zu dem Handwerker herstellte. Der war bereit, der Witwe das Geld zu geben. "Er wollte mir helfen, ich sollte aber nichts sagen", sagte die Frau als Zeugin im Gericht. Als Sicherheit für den Privatkredit forderte er einen Eintrag ins Grundbuch und später noch ein Vorkaufsrecht. Die Idee dahinter: Sollte die Frau einmal nicht mehr im Haus leben können, wird es verkauft – mit dem Erstzugriffsrecht für den Handwerker. Der bekommt sein Geld zurück. Mit dem Rest kann die Frau das Pflegeheim zahlen.
Man war sich einig, ging zum Notar. Dann die Überraschung für die Frau: Am Ende hatte sie einen Kaufvertrag über das Haus unterschrieben. Kaufpreis: 28 000 Euro. Wie kann das unter notarieller Aufsicht passieren? Dieser Frage wollte das Gericht auf den Grund gehen. Die Richterin traf auf eine Zeugin, die sich ständig widersprach, vieles durcheinander brachte. Sie habe damals schwere Schmerzmittel genommen, sagt sie und: "Ich habe bei dem Notar nichts verstanden." Aber der Kreditgeber habe ihr versichert, es sei alles in Ordnung. Das habe sie geglaubt. Dann hat sie unterschrieben. Auf den Hinweis der Richterin: "Wenn ich was nicht verstehe, dann muss ich das Zeug durchlesen", sagte sie nur: "Ich habe mich auf ihn verlassen und bin verlassen worden."
Vertrauen ausgenutzt
Als sie das merkte und die Aufforderung zum Auszug aus dem eigenen Haus erhielt, hat sie Anzeige erstattet. "Ich war am Boden zerstört", sagte sie. Das Verfahren nach seinen Lauf, Anklage wurde erhoben und jetzt stand der Mann vor Gericht. Wie das Verfahren ausgeht, ist offen. Warum sie die Urkunde, auf der ganz groß "Kaufvertrag" stand, unterschrieben hat, und das "nach ausführlicher Diskussion" zum Beispiel über ein lebenslanges Wohnrecht, wie es der Notar schriftlich festgehalten hat, ist eine der offenen Fragen. Sie hatte keinen Vertragstext vor dem Notartermin bekommen. Sie hat den Vertrag nicht durchgelesen, aber die Unterschrift ist da. Hat der Käufer die Situation und das Vertrauen der Frau ausgenutzt und sie so um 56 000 Euro gebracht? Der schweigt bisher dazu.
Nach dem Anhören der wichtigsten Zeugin bat die Richterin alle Beteiligten zu einem Rechtsgespräch. Danach setzte sie das Verfahren aus. Bis Ende September haben die Parteien die Möglichkeit, zivilrechtlich eine Lösung zu finden. Das gilt für den Kaufpreis wie für eine Nutzungsregelung. Wie und ob es dann strafrechtlich weitergeht, ob weiter wegen Betrugs verhandelt wird, zeigt sich in gut zwei Monaten.