Peter Schöderlein aus dem Dettelbacher Ortsteil Schernau hat Berge auf allen Kontinenten bestiegen. Der gelernte Installateur hat sich mit über 30 Expeditionen seit 1975 einen Namen als Extrembergsteiger gemacht – und durch seine Hilfsaktionen für Nepal. "Nepal", hat er einmal gesagt, "ist das farbigste und vielfältigste Land."
Das kleine Land im Himalaya hat Schöderlein durchs Bergsteigen kennen und lieben gelernt, er bezeichnet es heute als seine zweite Heimat. Die Hilfsaktionen hat er vor Jahren mit der Bad Mergentheimer Internistin und Hausärztin Dr. Christine Reuter ins Leben gerufen. Seine Pläne für weitere Bergbesteigungen und Expeditionen – zuletzt war er 2019 auf einer Vulkantour in Russland – wurden 2020 durch den Ausbruch der Corona-Pandemie ausgebremst. Die Hilfe für die Menschen in Nepal aber geht weiter.
Bisher kamen 500.000 Euro für Spenden an Nepal zusammen
Sie wird auch bei der Feier zum 85. Geburtstag an diesem Sonntag, 23. Oktober, eine Rolle spielen. "Vergesst Geschenke!", hat Schöderlein in die Einladung geschrieben. "Ein Expetitionsstiefel steht bereit, um Spenden für unsere Projekte aufzunehmen." Wie erfolgreich die Unterstützung für ein Waisenhaus, für Schulen, für Armenapotheke und Krankenstationen läuft, zeigen Zahlen. Bis zum verheerenden Erdbeben 2015 in Nepal haben die beiden Träger der Hilfsaktionen rund 100.000 Euro in den Himalaya geschickt oder persönlich vorbeigebracht. "Seither sind es noch einmal mindestens 400.000 Euro", sagt Christine Reuter.
Die beiden sammeln Spenden bei Vorträgen über ihre Expeditionen, haben inzwischen einen Stamm von Spendern und freuen sich über die kleinsten Beträge. Auch wenn die beiden seit Corona nicht mehr in Nepal waren: Sie wissen, dass die seit 1981 gemeinsam mit der Deutsch-Nepalesischen Hilfsgemeinschaft (DNH) aus Stuttgart vorangetriebenen Projekte gut laufen. Die Einrichtungen stehen dank der kontinuierlichen Spenden immer fester auf den Beinen. Im Frühjahr 2023 wollen sich Schöderlein und Reuter davon bei ihrem nächsten Besuch in Nepal überzeugen. Bis dahin steht noch ein Ausflug in die Antarktis an, mit einem Expeditionsschiff – "wenn uns Corona keinen Strich durch die Rechnung macht", wie Reuter sagt.
Für ihren Einsatz haben die beiden Ehrenamtlichen 2020 das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen bekommen. Ein Ritterschlag besonders auch für Schöderlein, der sich eher im Hintergrund hält und nicht das große Wort führt. Der Mann, der gerne erzählt, dass er vom Kindergarten an "immer der Kleinste war", lässt lieber Taten sprechen, nicht nur in Nepal.
Schöderlein, der 1975 die Ausbildung zum Kletterführer machte, hat viele Jugendliche für die Berge und das Klettern begeistert. Seit Jahrzehnten ist er Kletterausbilder bei der Sektion Würzburg des Deutschen Alpenvereins. Über mehr als 25 Jahre organisierte er Jugendfreizeiten für den Kreisjugendring Kitzingen. Seit 2008 machte er Aktionen rund ums Klettern für Jugendliche in Dettelbach. Noch mit 75 Jahren absolvierte er die Ausbildung zum offiziellen Klettertrainer. Seit Jahren leitet Schöderlein die Seniorenklettergruppe des Alpenvereins.
Dabei ist er erst spät und eher zufällig zum Bergsteigen gekommen. Mit 35 Jahren machte er seine ersten Bergerfahrungen. In der üblichen Touristenausrüstung rutschte er 1975 auf dem Großglockner-Gletscher herum. Schon drei Monate später stand er, begleitet von erfahrenen Bergkameraden, auf dem Gipfel des mit 3798 Metern höchsten österreichischen Berges. In zwei Kletterkursen, darunter einem hochalpinen Kurs mit dem bekannten Bergführer Otto Wiedemann, der mehrfach mit Reinhold Messner im Himalaja unterwegs war, vertiefte er seine Leidenschaft.
1982 reiste er für sechs Wochen nach Indien. Sein Ziel: der 6365 Meter hohe Bartekhunta als "Sitz der Götter" mit der Quelle des Ganges. Es folgten drei Touren nach Nepal, bei denen die Kultur im Vordergrund stand. 1988 bewegte sich Schöderlein zwischen den Extremen: Ein halbes Jahr arbeitete er bei 40 Grad Hitze im Sudan für seine damalige Firma, nach zwei Monaten in Deutschland bestieg er bei minus 40 Grad den kältesten Berg der Erde, den 6195 Meter hohen Mount McKinley in Alaska. "Dieser Berg hat in mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen", hat Schöderlein damals erzählt.
Ein nächster Höhepunkt wartete 1995: Mit dem Cho Oyu im Gebiet Nepal/Tibet stand der erste 8000er auf dem Programm. Fast am Ziel, nur 180 Meter unter dem Gipfel, musste Schöderlein wegen Erfrierungen an den Händen umkehren. Rastlos ging es in der Folge weiter. Viele Alpengipfel waren Zielobjekte, eine Trekkingtour führte Schöderlein quer durch Island, 1998 tourte er durch das tibetisch beeinflusste Königreich Mustang in Nepal.
Gemeinsam mit dem damaligen Landrat Siegfried Naser bezwang er 1999 den 6959 Meter hohen Aconcagua in Chile, den höchsten Berg Amerikas. Später ging es auf den 6189 Meter hohen Island Peak im Schatten des Mount Everest. "70 Grad Neigung im Blankeis galt es hier zu überwinden", so Schöderlein.
Zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 2007 erfüllte er sich einen weiteren Traum: die Ama Dablam, das Wahrzeichen des Everest-Gebietes inmitten der Heimat der Sherpas, der "vielleicht schönste Berg Nepals", wie er sagt. Dieser Berg geriet 1961 in die Schlagzeilen, als Everest-Bezwinger Edmund Hillary zu einer unerlaubten Bergbesteigung aufbrach und die Behörden bis 1978 weitere Expeditionen verboten. "Jeder Bergsteiger, der diese filigrane Eisgestalt einmal hinter dem Kloster Tengpoche hat aufragen sehen, will einmal ganz oben stehen", sagte Schöderlein. Mit fast 74 erklomm er noch einmal den Gipfel des Matterhorns.
Neben dem Bergsteigen gilt sein Interesse der Archäologie. Nicht nur an wissenschaftlichen Ausgrabungen in Dettelbach, Hüttenheim und Biebelried war er beteiligt. Zudem ist er als Hobbyfotograf gefragt. Für Bücher wie "Maria Hilf – 500 Jahre Wallfahrt nach Dettelbach" hat er viele Fotos geliefert. Seit der Gründung der Dettelbacher LBV-Ortsgruppe (Landesbund für Vogelschutz) engagiert er sich auch im Naturschutz.
Als Schöderlein 80 wurde, sagte er: "Mit 96 Jahren werde ich nochmals versuchen, auf das Matterhorn zu steigen. Wenn es nicht gelingt, versuche ich es halt später noch einmal." Den Spruch hat er fünf Jahre später auch noch drauf – wenn auch mit einem deutlichen Augenzwinkern. Schöderlein ist jedenfalls auch mit 85 fit, voller Tatendrang und hat zum Thema Alter in seine Einladung geschrieben: "Alt werden ist wie auf die Berge steigen: Je höher man kommt, desto mehr Kräfte sind verbraucht, aber umso weiter sieht man."
HERR SÖDER