
Sehr interessiert zeigten sich 40 Teilnehmer/innen der von Peter Heß organisierten Führung zur Geschichte jüdischer Familien in Rödelsee. Nach der offiziellen Begrüßung durch 1. Bürgermeister Klein vor dem "Elfleinshäusla" erfolgten auf dem Weg zum jüdischen Friedhof viele Informationen, die die Bedeutung des Lebens und Wirkens Jüdischer Familien auch für Rödelsee und darüber hinaus und noch heute besonders durch den jüdischen Friedhof herausstellten.
Schon in aller frühester Zeit lebten Juden in Rödelsee. So war 1395 ein jüdischer Schriftgelehrter in Rödelsee geboren der an der reich illustrierten „Pentateuch“ (griechischer Ausdruck für die fünf Bücher Moses im Alten Testament) mitwirkte.
Unter anderem waren die Ur-Großeltern von Henry Kissinger (ehem. US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger) in Rödelsee zu Hause.
In Rödelsee lebten 1816 112 jüdische Bürger/innen, das entsprach 15,5 Prozent der Einwohner. Nach der Auflösung der jüdischen Gemeinde 1907/1908 waren 1925 nur noch drei jüdische Einwohner gezählt.
Die Judenschule erreichte großes Ansehen. Im Jahr 1585 unterrichtete ein einäugiger Rabbi bis zu 70/80 Schüler, auch aus Worms und Frankfurt. Besondere überlieferte Vorkommnisse wurden den Teilnehmern vorgetragen.
Die Synagoge neben dem sogenannten Bürgerhaus wurde 1851 eingeweiht und in Reichspogromnacht 1938 zerstört, jedoch Dank des Widerstands Rödelseer Bürger nicht angezündet. Vier sogenannte "Stolpersteine" weisen noch vor Ort auf jüdische Familien hin. Rödelseer Juden hatten maßgeblichen Anteil am großen Aufstieg der Weinhandelsstadt Kitzingen.
Der jüdische Friedhof Rödelsee ist urkundlich erstmals 1432 erwähnt und ist mit fast 20 000 Quadratmetern der drittgrößte jüdische Friedhof in Bayern und einer der größten in Deutschland. Aus fast 20 Gemeinden im Radius von 35 Kilometer wurden die Juden im Bezirksfriedhof Rödelsee beigesetzt. Allein von 1850 bis 1938 fanden 1209 Begräbnisse statt. Fast die gesamte Fläche war mit Gräbern belegt. Heute sind noch über 2000 Steine zu sehen. Alle Gräber sind nach Osten ausgerichtet und werden nur einmal vergeben; das gilt auch für das Erdreich darunter. Dies bedeutet, dass der Bodenaufbau im jüdischen Friedhof seit über 600 Jahren gleichgeblieben ist, was auch Botaniker und Geologen zu schätzen wissen.
Die verschiedenen Symbole und Bedeutungen auf den Grabsteinen wurden den Teilnehmern erklärt. Sie erfuhren etwas über die Inschriften auf den Grabsteinen oder auch die jüdische Zeitrechnung, die im Jahr 3760 vor Christus beginnt. Auch die Bestattungskultur, oder was die abgelegten Steine auf den Grabsteinen bedeuten, wurde erläutert.
Ergänzt wurde die Führung mit dem Vortrag verschiedener schriftlichen Notizen vom Großvater Fritz Heß, der seine Erlebnisse und Kenntnisse aus der NS-Zeit und die Schicksale jüdischer Mitbürger niedergeschrieben hat.
Die Teilnehmer konnten sich an dieser historischen Kulturstädte informieren, was für ein ganz wichtiges Kulturdenkmal für die Nachwelt hier vor Ort ist.
Am Ende zollten die interessierten Teilnehmer/innen Peter Heß großen Applaus und gaben ihr Scherflein, das für Maßnahmen am Jüdischen Friedhof verwendet wird.
Von: Burkhard Klein (1. Bürgermeister, Rödelsee) und Peter Heß (Führer, Rödelsee)
