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Rödelsee
Auf den Spuren jüdischen Lebens und Sterbens
Das „Netzwerk Jüdischer Friedhof Rödelsee“ will 18 Orte im Kitzinger Land mit dem Denkmal verbinden. Dorthin reisen Familien bis aus den USA, um ihre Wurzeln zu suchen.
Margret Löther am Grab von Sali Gerst auf dem jüdischen Friedhof Rödelsee, der im ersten Weltkrieg für Deutschland gefallen ist.
Foto: Walter Sauter | Margret Löther am Grab von Sali Gerst auf dem jüdischen Friedhof Rödelsee, der im ersten Weltkrieg für Deutschland gefallen ist.
Walter Sauter
 |  aktualisiert: 26.06.2019 02:11 Uhr

Die Juden nennen ihn "Makom tov" (Guter Ort) oder "Bejt hachajim" (Haus des ewigen Lebens), rund 200 gibt es davon in Bayern, einer der größten liegt im Landkreis Kitzingen: Der von einer Mauer umschlossene, zwei Hektar große jüdische Friedhof in Rödelsee ist ein einzigartiges Kultur- und Naturdenkmal. Seit dem frühen 15. Jahrhundert war er zentraler Bestattungsort jüdischer Familien aus 18 Orten im weiten Umkreis. Nun sollen der Friedhof und diese Gemeinden mit einem groß angelegten "Wissens- und Vermittlungsnetzwerk" miteinander verknüpft werden. Ziel ist letztlich die Schaffung eines Kulturpfads "Auf jüdischen Spuren durch das Kitzinger Land" mit dem Friedhof Rödelsee als Zentrum.

Spurensuche auf dem jüdischen Friedhof in Rödelsee: Die Familien Herman und Fletcher aus den USA am Grab ihrer Urururgroßeltern Nathan (1843 – 1917) und Jette Gerst (1848 – 1908), ehemals Weinhändler in Kitzingen.
Foto: Margret Löther | Spurensuche auf dem jüdischen Friedhof in Rödelsee: Die Familien Herman und Fletcher aus den USA am Grab ihrer Urururgroßeltern Nathan (1843 – 1917) und Jette Gerst (1848 – 1908), ehemals Weinhändler in Kitzingen.

Rund 2500 Grabsteine sind bis heute erhalten – und jeder von ihnen kann eine Geschichte erzählen. "Es berührt mich tief, dass jüdisches Leben hier kein Ende hat", sagt Margret Löther, Vorsitzende des Fördervereins ehemalige Synagoge Kitzingen, der als Initiator und Koordinator des ehrgeizigen Projekts agiert. Und sie weiß, wovon sie spricht. Ganze Familien kommen immer wieder nach Rödelsee, oft aus Israel oder Amerika, machen sich auf dem Friedhof auf Spurensuche. Wie unlängst die Nachkommen von Nathan und Jette Gerst, ehemals Weinhändler in Kitzingen. Zu neunt waren die Familien Herman und Fletcher angereist, um das Grab ihrer Urururgroßeltern zu besuchen.

Ein mehrsprachiges Internetangebot und ein damit verknüpfter detaillierter Lageplan vor dem Friedhof sollen helfen, die Gräber künftig leichter zu finden. Wichtige Vorarbeit dazu hat der 2014 verstorbene Heimatforscher Michael Schneeberger geleistet, der akribisch Informationen über den Friedhof und die dort bestatteten Familien zusammengetragen hat.

Die Gemeinde Rödelsee, so Löther, wolle sich bei dem Projekt "stark engagieren". Der Kommune gehört das Areal vor dem Haupttor zum Friedhof, auf dem ein Informationspunkt mit Lageplan samt einer kleinen Ausstellung und Sitzgelegenheiten entstehen soll. Eine Plattform könnte zudem einen Überblick über die insgesamt fünf Gräberfelder von außerhalb des Mauerrings erlauben. Gedacht ist auch an ein Tastmodel des Friedhofs für Blinde und Sehbeeinträchtigte, denn Inklusion spielt beim "Netzwerk Jüdischer Friedhof Rödelsee" eine wichtige Rolle. So soll die Webseite in einfacher Sprache gehalten sein, es soll einen Audioguide geben oder Führungen von Jugendlichen für Jugendliche.

Infopunkt mit Lageplan soll entstehen

In den 18 Netzwerkorten sollen nach Vorstellung der Initiatoren ebenfalls Informationspunkte entstehen, nur wesentlich bescheidener. Auch hier soll es einen Lageplan des Friedhofs geben, auf dem die Gräber der Personen markiert sind, die aus der jeweiligen Ortschaft stammen. Zudem soll über die historische Verbindung des Ortes mit dem jüdischen Friedhof sowie über die lokale Geschichte der jüdischen Einwohner oder Gebäude informiert werden wie die Bildungseinrichtungen in Segnitz, die Synagoge in Wiesenbronn oder in Obernbreit über das Schicksal von Olga Benario, die mit dem brasilianischen Revolutionär Luís Carlos Prestes liiert war und 1942 im KZ starb.

Markantes Wahrzeichen des jüdischen Friedhofs Rödelsee ist das 1602 errichtete Taharahaus ("Priesterhäuschen").
Foto: Walter Sauter | Markantes Wahrzeichen des jüdischen Friedhofs Rödelsee ist das 1602 errichtete Taharahaus ("Priesterhäuschen").

Doch dieses Netzwerk soll nicht nur aus Infotafeln bestehen, sondern auch aus Menschen und Veranstaltungen. Darüber sollen die Orte stärker miteinander verbunden und jüdisches Leben im Kitzinger Land greifbarer werden. Ein Vorkonzept skizziert auf über 30 Seiten, wie das "Netzwerk Jüdischer Friedhof Rödelsee" aussehen und funktionieren könnte. Das ist inzwischen auch den 18 Gemeinden zugegangen, aus denen die in Rödelsee beerdigten Juden kamen.

Konkret sind dies Dettelbach, Großlangheim, Hohenfeld, Hüttenheim, Kitzingen, Kleinlangheim, Mainbernheim, Mainstockheim,  Marktbreit, Marktsteft, Mönchsondheim, Obernbreit, Rödelsee, Sickershausen, Segnitz, Sommerach, Sommerhausen und Wiesenbronn. Alle Kommunen wurden um finanzielle Unterstützung für das Projekt gebeten. Mehr als die Hälfte, so freut sich Margret Löther, haben diese bereits zugesagt.

Von der Idee zum neuen Netzwerk
Langer Weg: Vor vier Jahren haben sich der "Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen" auf den Weg gemacht mit dem Ziel, das "Netzwerk Jüdischer Friedhof Rödelsee" ins Leben zu rufen. Zunächst hieß es, die viele Idee zusammen zu tragen, zu bündeln und Mitstreiter zu suchen. Es galt Ortbegehungen durchzuführen, zwei Workshops mit beteiligten Kommunen zu organisieren und unzählige Gespräche zu führen, ehe das Vorkonzept von Bettina Keß ("kulturplan" Würzburg) erarbeitet werden konnte.
Förderung: Der nächste entscheidende Schritt steht nun für den Herbst an, wenn der Antrag auf Bezuschussung durch das LEADER-Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum in Bayern gestellt werden soll. Margret Löther hofft auf 50 Prozent Förderung, wodurch die erwarteten Kosten von über 80 000 Euro halbiert werden könnten.
Ganz in ihrem Element: Margret Löther, Vorsitzende des Fördervereins ehemalige Synagoge Kitzingen, bei einer Führung am jüdischen Friedhof in Rödelsee.
Foto: Walter Sauter | Ganz in ihrem Element: Margret Löther, Vorsitzende des Fördervereins ehemalige Synagoge Kitzingen, bei einer Führung am jüdischen Friedhof in Rödelsee.
 
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    Laut den Flächenangaben ist der jüd. Friedhof in Kleinbardorf der größte in Bayern, außerhalb Münchens.
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