Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde - stimmt das? Fragt man die Reiterinnen und Reiter aus dem Landkreis Kitzingen, bejahen sie das sofort. Reiten ist ein teures Hobby, doch nach Aussagen der Pferdeliebhaber jeden Cent wert.
Einmal im Monat treffen sich zwischen 20 und 50 Gleichgesinnte zum Stammtisch des Kreisverbandes der Vereinigung der Freizeitreiter und Fahrer in Deutschland (VFD). Monika Link ist die Vorsitzende, selbst Pferdebesitzerin – und stolz auf ihre Reiterfamilie. "Wir sind eine offene Gemeinschaft", versichert die Kleinlangheimerin. "Unter den Stammgästen sind Leute aus dem gesamten Landkreis Kitzingen und darüber hinaus – auch Leute, die eine Stunde Anfahrt haben."
So wie an diesem Tag auch Linda Fischer. Sie ist wegen des Vortrages "Gesundheitsrisiko Heu" aus Hausen bei Würzburg gekommen. Die Stammtischabende gestalten wechselnde Referenten, diesmal erzählt Nadine Därr von ihrer Stute Kijana, die von qualitativ minderwertigem Heu krank wurde – eine Geschichte, die Linda Fischer interessiert. Demnächst übernimmt sie auf dem Hof, auf dem ihr eigenes Pferd lebt, mehr Verantwortung. Und möchte gut gewappnet sein.
Im Einklang mit der Natur
"Unsere Gemeinschaft unterstützt bei allen Arten von Problemen", sagt Monika Link. Bei der VFD steht der Umgang mit dem Tier im Einklang mit der Natur im Mittelpunkt. Sie setzt sich zum Beispiel bundesweit für die Freiheit ein, in der Natur zu reiten und zu fahren. Reitverbote, wie zuletzt in Willanzheim ausgesprochen, kann auch Julia Lang nicht nachvollziehen.
Die Wiesentheiderin ist selbst mit ihrem Pferd in der Flur unterwegs und achtet darauf, weder andere Verkehrsteilnehmer noch die Pflanzenwelt oder die Wegenutzung zu beeinträchtigen. "Pferdeäpfel schaffe ich gleich zur Seite", sagt die Sachbearbeiterin im Kitzinger Landratsamt und lächelt. "Wenn es nicht gerade die ein oder andere Omi tut, um ihre Rosen zu düngen."
Nicht umsonst sieht Monika Link sich und ihre Stammtischler als "Sympathieträger", die sich nicht nur um sich und ihr Pferd kümmern, sondern als Landschaftspfleger, Sportlehrer und Sozialarbeiter fungieren. "Uns eint die Liebe zum Pferd und der Wunsch, diesem nahe zu sein: als Halter, Pfleger, Forscher, Sachverständiger, als Reiter, Fahrer, Voltigierer oder Therapeut, ob beim Vortrag am Stammtisch oder mit Manpower im Stall."
Ist Reiten ein Sport für Reiche?
Das findet auch Johannes Zäh so besonders am Reiterstammtisch. Erst recht seit dem 8. Mai 2016. An diesem schicksalsträchtigen Datum brannte sein Zykloopenhof in Mainbernheim bis auf die Grundmauern nieder. Noch heute sieht man die Spuren am Wohnhaus. Die Stallungen hat er – auch mit Unterstützung seiner Stammtischfreunde – neu aufgebaut. Zum 50. Jahrestag des VFD gab es auf dem Gelände eine große Feier, bei der die Kitzinger Pferdefreunde sich von ihrer besten Seite zeigten.
Seit Jahren kämpft Monika Link gegen das Vorurteil, Reiten sei ein Sport für Reiche. "Wir tragen unser sauer verdientes Geld in den Landhandel und zum Heulieferanten", erklärt die Kleinlangheimerin. "Dafür fahren wir im Zweifel einen älteren Kleinwagen, während andere das Geld in ein Autohaus oder Reisebüro tragen." Viele Mitglieder des VFD seien Menschen, die mit ihrem Hobby als Tierhalter und Aktionen wie Wanderreiten oder das Holzrücken mit Pferden ländliche Traditionen und Strukturen lebendig halten.
Für das Pferd wird auf den Urlaub verzichtet
Julia Lang kennt beide Bereiche, auch den vermeintlich elitären Reitsport. Sie hat sich aber für die Welt der Freizeitreiter entschieden. "Beide haben ihre Berechtigung", sagt sie, die sogar den Stall gewechselt hat, weil ihr die Anforderungen im sportlichen Bereich zu hoch erschienen. "Ich fühle mich wohl, wenn ich mit meinem Pferd nach draußen gehen, über Wald und Wiese reiten kann." Wie bezeichnend, dass ihr Vierbeiner, mit dem sie jede freie Minute verbringt und für den sie gerne auch auf Urlaub verzichtet, "Nature" heißt.
Julia Lang sieht die gemeinsamen Ausflüge als Ausgleich zu ihrer überwiegend sitzenden Tätigkeit im Amt. Dafür verzichtet sie gerne auf Urlaub oder andere Freizeitaktivitäten, liegt mit ihren rund 150 Euro Stallmiete allerdings noch weit im unteren Bereich dessen, was ein Pferd im Monat kostet. Bis zu 600 Euro zahlen Pferdebesitzer für die Vollpension, die Futter, Heu und Misten beinhaltet, nicht aber das Beschlagen und die Ausrüstung.
Kommt der Tierarzt ins Spiel, fallen in der Regel ebenfalls hohe Kosten an. Julia Lang nimmt all das in Kauf und verbringt jede freie Minute mit "Nature", reitet, arbeitet am Boden, striegelt, pflegt, mistet. Wie lange das noch so gehen soll? "Wenn es nach mir geht, noch ewig", sagt sie
Die Faszination Pferd hat die ganze Familie ergriffen
Auch Linda Fischer möchte ihren vierbeinigen Schützling nicht missen. "Das Gefühl, auf dem Pferd zu sitzen ist einfach unbeschreiblich", sagt die 37-Jährige und spricht von einer tiefen Verbundenheit mit dem Tier, das Ruhe und zugleich unbändige Kraft ausstrahlt. Ihre Faszination ist fast greifbar – und hat auch ihre ganze Familie ergriffen.
Mit Stolz beobachtet sie, wie ihr sechsjähriger Sohn Vertrauen zu den großen Tieren fasst. "Auch wenn er sich noch nicht traut zu reiten." Vielleicht liegt das in der Natur der Sache, erklärt sie – und ist damit bei Kitzinger Freizeitreitern und -fahrern an der richtigen Adresse.
Mehr Infos zur VFD und zur Kreisgruppe Kitzingen gibt es unter https://www.vfd-bayern.de/regionales/kreisverbaende/kreisverband-kitzingen1/aktuelles-vom-kreisverband.html