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Kitzingen
Amtsgericht verbreitet Weihnachtsfrieden im Nachbarschaftsstreit
Aus dem Gericht: Als der Verdacht auf Sozialbetrug aufkeimt, geht eine Nachbarschaft in Kitzingen in die Brüche. Seither gibt es Streit. Jetzt könnte Frieden einkehren.
Wenn's mit den Nachbarn nicht mehr klappt, kann die Sache schnell vor Gericht landen. Am Kitzinger Amtsgericht ging es jetzt darum, wie künftig Beleidigungen verhindert werden können. 
Foto: Frank Leonhardt (dpa) | Wenn's mit den Nachbarn nicht mehr klappt, kann die Sache schnell vor Gericht landen. Am Kitzinger Amtsgericht ging es jetzt darum, wie künftig Beleidigungen verhindert werden können. 
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:40 Uhr

Jahrelang ging alles gut. Eine normale Nachbarschaft seit dem Jahr 2000, ohne irgendwelche Probleme. Bis sich dann im Sommer 2018 die Dinge grundlegend änderten. Was an einem Verdacht lag, der plötzlich aufkeimte. Sind die Nachbarn Sozialbetrüger? Wird da beim Wohngeld zu Unrecht abkassiert? Diese Fragen ließen Frau A. nicht mehr los. Sie versuchte bei den Behörden nachzuforschen, wandte sich an Jobcenter und Finanzamt und schwärzte an. Bestätigungen gab es dort zwar nicht, aber für Frau A. war die Sache auch so längst klar: Bei den Nachbarn, Familie B., handelte es sich um Gauner.

Ab diesem Moment herrschte Krieg am Gartenzaun. Frau A. war fortan regelrecht außer sich, wenn sie Frau B. auch nur sah. Immer wieder verbunden mit Beschimpfungen und Beleidigungen. Dabei wurde laut Klägerin auf das in solchen Fällen gängige Vokabular zurückgegriffen: Von der blöden Kuh über die faule Sau bis hin zur Hure.

Anschwärzen – na und?

Frau A., die jetzt deshalb als Beklagte vor der Kitzinger Zivilrichterin Patricia Finkenberger sitzt, ist sich weiterhin keiner Schuld bewusst. Das mit den Schimpfworten sei gar nicht so, sagt sie aus. Sie wollte die Gerüchte seinerzeit schlicht nur "überprüft haben" und könne so gar nicht verstehen, dass dies zu dem Unfrieden geführt habe. Nachbarn, die sich anschwärzen – für Frau A. scheint da tatsächlich nichts dabei zu sein. Im Gegenteil: Sie sieht sich im selbstgerechten Dienst der Wahrheit und sogar als Friedensstifterin, weil sie zwischenzeitlich vorgeschlagen hatte, sich zur Klärung gemeinsam an einen Tisch zu setzen. 

Nur: Da war das Kind schon längst in den Brunnen gefallen, Familie B. wusste um die Aktivitäten der allzu neugierigen Nachbarin. Das Tischtuch war also längst zerschnitten. "Kränken, beleidigen, beschimpfen" – das sei drei Jahre lang an der Tagesordnung gewesen, erzählt Frau B. als Klägerin dem Gericht. Und ihr Mann ergänzt: Die wütende Nachbarin habe immerzu gedroht, dass er und seine Frau Schwierigkeiten bekommen würden. "Ich mache euch fertig; die ganze Straße wird es erfahren." – so sei das in einem fort gegangen. Und den Hinweis, sie werden den Arbeitgeber anrufen, gab es noch obendrauf. Selbst wenn die Nachbarin aus dem Fenster geschaut habe, sei das nicht einfach nur so passiert – vielmehr wurde dabei auch schon mal Brechreiz vorgetäuscht. 

Anzeige erstattet

Als es gar zu viel wurde und Familie B. die Polizei um Hilfe rufen wollte, gab es von dort den Hinweis: Macht eine Anzeige; alles andere bringt wenig. Das passierte dann auch im Sommer 2019, als eine weitere Nachbarin plötzlich zwischen die Fronten geriet: Sie war zum Kaffeetrinken im Garten der Familie B., als die Tiraden von nebenan unvermittelt losgingen.  "Ihr kommt alle in den Knast", soll Frau A. gerufen haben. An entspanntes Kaffeetrinken war ab diesem Zeitpunkt also auch nicht mehr zu denken.

Vor Gericht sind die Fronten verhärtet. Zudem wird bei dem Zeugenaussagen viel herumlaviert, die Sache ist nicht zuletzt auch peinlich. Ein weiterer Nachbar will gar nichts bemerkt haben und ist bemüht, sich rauszuhalten. Herr A. springt seiner Frau zu Seite. Ebenso wie ein weiterer Zeuge, der darauf hinweist, dass mit Frau B. nicht gut Kirschen essen ist. Und so ist man dann nach dem Befragen von fünf Zeugen nicht unbedingt viel weiter – und genau genommen so schlau wie vorher. Was also tun?  Wo ist hier die Mitte, in der eine Lösung möglichst ohne ein Urteil liegen könnte?

Pragmatische Lösung

Das Gericht versucht es pragmatisch: Weil die Beklagte ja nie beleidigt haben will, werde es ihr ja auch nicht schwer fallen, dies weiterhin nicht zu tun – so der Lösungsansatz. Frau A. verpflichtet sich am Ende, Beleidigungen zu unterlassen sowie die Nachbarin in ehrverletzender Weise wie auch immer verächtlich zu machen. Sollte sich die Beklagte nicht daran halten, sind pro Tat 500 Euro fällig, über die sich das Rote Kreuz freuen würde

Aber vielleicht kommt es ja nicht so weit; vielleicht kehrt tatsächlich so etwas wie ein bisschen Weihnachtsfrieden ein. Die besten Wünsche der Richterin begleiteten jedenfalls die Kontrahentinnen hinaus in den Advent: "Bleiben Sie friedlich – und kommen Sie nicht wieder!" 

 
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