Ein gut gefülltes Bundeszentralregister mit einschlägigen Vorstrafen, dazu eine offene Bewährung: Kombiniert mit zwei weiteren Straftaten hätte das einen 30-Jährigen beinahe hinter Gitter gebracht. Dass der Mann für die Fahrt mit einem Mountainbike mit 2,09 Promille und einen Fahrraddiebstahl – ebenfalls unter Alkohol – am Amtsgericht Kitzingen noch einmal mit einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe davon kam, hatte Gründe.
Da war einmal ein Gutachten. Das bescheinigte dem unter Betreuung stehenden 30-Jährigen Alkoholabhängigkeit und psychische Probleme. Es ging von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Und da war Richterin Ingrid Johann. Die hatte nach der Verhandlung die Hoffnung: "Es ist vielleicht doch noch nicht Hopfen und Malz verloren." Die Verhandlung führte in Richtung Freiheitsstrafe, aber auch zu einer positiven Sozialprognose. Die wiederum machte eine Bewährung möglich.
Staatsanwältin forderte den Einzug ins Gefängnis
Die Staatsanwältin hatte das anders gesehen. Fünf Vorstrafen, darunter eine dreimonatige Bewährungsstrafe. Während der Bewährung hatte der Mann schon einmal einen Diebstahl begangen und eine Geldstrafe kassiert. Dann die beiden neuen Fälle. "Ich habe erhebliche Zweifel an einer positiven Sozialprognose", sagte sie. Sie gehe davon aus, dass die Strafe vollzogen werden müsse. Also forderte sie sechs Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung.
Der Verteidiger hatte mit seinem Antrag, es bei einer Geldstrafe zu belassen, keine Chance vor Gericht, erreichte aber einen Teilerfolg: Immerhin muss sein Mandant nicht in Haft. Die Richterin machte aber klar: Ein Verstoß gegen die Bewährungsauflagen kann den Einzug hinter Gitter bedeuten. So muss der Mann künftig die Hände von Betäubungsmitteln lassen und dies durch Urinproben auf eigene Kosten nachweisen. Er bekommt außerdem für vier Jahre einen Bewährungshelfer und muss zusätzlich 100 Sozialstunden ableisten.
Gericht gibt dem 30-Jährigen eine neue Chance
Dazu hat der 30-jährige Mann Zeit. Er lebt derzeit von Bürgergeld, ist wenig erfolgreich bei der Arbeitssuche. Um sein "schwieriges Umfeld" zu meiden, ist er aus Kitzingen weggezogen und lebt mit seiner Freundin mittlerweile in Hessen. Für ihn ein Neuanfang: Er nimmt nach eigener Aussage seit zwei Jahren keine Drogen mehr und trinkt auch keinen Alkohol. Vor Gericht erklärte der Mann: "Ich bin auf dem Weg in ein normales Leben."
Das nahm ihm das Gericht in dieser Verhandlung ab. Ob er den Weg erfolgreich gehen wird, ist offen. Bisher hatte er nicht viel auf die Reihe gebracht, so war im Gerichtssaal zu vernehmen. Eine Ausbildung hat er nicht. Dafür hat er ein massives Suchtproblem, seit er 14 Jahre alt ist. Die Folge waren immer wieder Straftaten. Der Mann war auch schon auf Entzug. Eine Therapie hat er nicht zu Ende gebracht. Weil er beim Kiffen erwischt wurde, ist er damals aus der Klinik geflogen.
Jetzt will er alles besser machen. Die Chance dazu hat er vom Gericht bekommen.