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Kitzingen
Am Rande bemerkt: Laute Stille und befreiendes Geschrei
Ein Presslufthammer, laute Musik, Motoren oder ein sich stetig wiederholendes Geräusch: Was wir als störenden Lärm empfinden, ist von Mensch zu Mensch verschieden.
Foto: Zacharie Scheurer/dpa | Ein Presslufthammer, laute Musik, Motoren oder ein sich stetig wiederholendes Geräusch: Was wir als störenden Lärm empfinden, ist von Mensch zu Mensch verschieden.
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 29.04.2023 02:31 Uhr

Tok. Tok. Tok. Das Geräusch ist nicht laut. Trotzdem kann der Regen, der stetig auf das Balkongeländer tropft, einem nachts den letzten Nerv rauben. Anders ausgedrückt: Das Klopfen ist ein Geräusch, das mich in meiner Lebensumgebung belästigt. Zählt es deshalb als Lärm und darf ich es somit bei der Umfrage angeben, die zum Tag gegen den Lärm am letzten Mittwoch im April durchgeführt wird? 

Gilt nicht, sagen jetzt wahrscheinlich viele. Nicht laut genug. Durchdringend aber schon. Es steht also 1:1 bei den Merkmalen, die Lärm definieren. Ein typisches Ergebnis. Der dröhnende Motor des vorbeifahrenden Autos ist für den einen die Hölle, für den anderen ein Traum. Die Opernarie bringt manche ins Schwärmen, andere auf die Palme. Der eigene Rasenmäher macht nur die Arbeit, der des Nachbarn nur Krach. Im Konzert und Kino gehört Lautstärke zum Erlebnis, das wir bewusst suchen, in der Produktionshalle ist sie lästige Begleiterscheinung, vor der man sich schützen muss. Eine lautstarke Streiterei kann befreiend oder belastend sein. 

Was wir als Lärm empfinden, ist also Ansichts- und Typsache. Sogar wenn es gar nicht um Geräusche geht. Viel Lärm um nichts ist eine beliebte Redewendung. Wenn etwas aufgebauscht wird, was sich am Ende als nicht so wichtig herausstellt. Das kann eine mündliche 5 in Französisch sein, ein Halbsatz, über den man sich furchtbar aufregt, obwohl er ganz anders gemeint war, oder eine stundenlange Debatte im Stadtrat über etwas, was eh in den nächsten drei Dekaden nicht umgesetzt wird. 

Lassen wir den Lärm um nichts mal beiseite, gibt es eine ganze Menge Lärm. Fluglärm und Verkehrslärm, Heidenlärm und Höllenlärm. Hunderte von Kombinationen ploppen bei der Internet-Recherche auf, als bloße Substantive, als Verben oder in Kombination. Nachvollziehbar wie bei Lärmbelästigung. Mindestens diskussionswürdig wie bei "Kinder lärmen". Ungewöhnlich wie das Verb "entlärmen". Quatsch wie das alkoholärmste Getränk. Tiefgründig wie der Spruch "Das Schweigen kann sehr laut sein". Ist womöglich die lähmende Stille nur ein Tippfehler? Eine Frage, über die man lange grübeln kann, wenn man will. Oder wenn man muss. Weil einen das Tok-Tok-Tok sonst in den Wahnsinn treibt.

 
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