
Die ersten Tage des neuen Jahres sind vorbei. Hat sich schon was geändert? Nicht mehr geraucht, nichts mehr getrunken, nichts mehr genascht? Das sind ja gemeinhin so die Vorsätze, die man zum Jahreswechsel fasst. Wir werden fitter und leben gesünder. Wie werden netter zu den anderen Menschen. Und zu uns selbst. Vielleicht sollte man auch eher schreiben: oder zu uns selbst. Denn beides ist nicht immer vereinbar.
Ein guter Vorsatz wäre auch gewesen, sich mal von Altlasten zu befreien, die nichts mit dem Ring um die Taille zu tun haben. Ganz nach dem Motto: Mit weniger Ballast gehen wir schwungvoll ins Jahr 2024 – und entrümpeln deshalb mal rundum. Den Kleider- und Küchenschrank. Den Keller und den Speicher. Die Telefonliste im Handy. Die Dateien auf dem Computer.
Über die Jahre sammelt sich eine Menge Daten an
Letzteres habe ich gemacht. Nicht ganz freiwillig zugegebenermaßen, aber was sein muss, muss sein. Über die Jahre sammelt sich eine Menge an, die man vermeintlich noch braucht. Fotos, die ich nur beim jetzigen Zwangsräumen zufällig wieder gefunden habe, weil ich den Speicherort zwar zum Zeitpunkt des Speicherns für genau richtig hielt, ihn dann aber vergessen habe. Notizen für Artikel, deren gedruckte Version längst geschreddert und in Pelletform gepresst durch irgendwelche Kamine verraucht und zu Asche zerfallen ist. Und deren digitale Form nicht mal mehr auf Seite 2386 in der Suchmaschine auftaucht. Braucht man die Notizen noch? Nein! Oder doch?
Datenmüll ist schlecht fürs Klima. Er versursacht unnötig CO2. Er kostet Energie. Und Zeit, weil wir suchen müssen, ob wir noch etwas haben, und wenn ja, wo wir es finden. Er kann zum Sicherheitsproblem werden.
Der erhobene Zeigefinger, der zugegebenermaßen nerven kann, hat mir geholfen, denn die Versuche, alles ganz genau anzuschauen und in Ruhe abzuwägen, welche der beiden Antworten – behalten oder nicht? – die richtige ist, musste ich schon bald aufgeben. Der Tag hat nur 24 Stunden und die Zeit rund um Weihnachten und den Jahreswechsel hat aus unerfindlichen Gründen scheinbar noch weniger. Also hab ich gelöscht. Markieren, löschen, markieren, löschen... Bei der 186. Unterdatei war ich im Flow, zack, zack, weg war das Zeug.
Jetzt ist Tag drei und ich hab' trotz aller Befürchtungen im Vorfeld noch nichts vermisst. Na, das ist doch ein gutes Zeichen – oder zumindest ein positiver Gedanke. Positiv Denken liegt zum Jahreswechsel schließlich auch total im Trend. Wenn ich demnächst mit gerauften Haaren und weinend vor meinem Rechner sitze, hoffe ich auf Ihre Unterstützung. Sie wollten doch nett sein, oder?