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NORDHEIM
Altort-Serie: Gegen den Abriss gestemmt
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Bearbeitet von Walter Braun
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:55 Uhr

Das Wohnen im Altbau fanden Julia und Christian Zang aus Nordheim am Main schon immer „sehr charmant“. Sie wussten: „Wir stehen mehr auf das Ältere und bei einem Neubau fehlt uns die Seele“, sagt der 39-Jährige. Gemeinsam mit den beiden kleinen Söhnen Johan und Gustav lebt das Paar zurzeit noch im Anwesen seiner Eltern in Nordheim. Im Altbau. Dort fühlen sich die beiden rundum wohl.

Das irgendwann der Wunsch nach einem Eigenheim laut wird, war für das Ehepaar absehbar. Aber – und das stand auf der Wunschhaus-Agenda ganz oben: Falls investiert wird, dann nur in ein Anwesen, in dem man Alt und Neu kombinieren kann. Und so begab man sich auf die Suche nach einem geeigneten Anwesen. Zunächst im Internet, wobei das künftige Domizil doch möglichst im Bereich der Mainschleife stehen sollte.

Beste Voraussetzungen

Die besten Voraussetzungen fanden die Zangs nach längerer Suche im Heimatort Nordheim in der Zehnthofstraße. Mehrfach nahmen sie das circa 500 Quadratmeter große Areal – bebaut mit zwei Häusern und mehreren Hallen – unter die Lupe. Das Interesse an einem Kauf wurde groß und größer. 2015 wurde das altehrwürdige Gebäude aus dem 17. sowie das nebenstehende Haus dem 19. Jahrhundert Eigentum von Julia und Christian Zang.

„Für uns mitentscheidend war die Tatsache, dass der Bauplatz die Möglichkeit bot, auch einen Garten direkt am Haus zu haben“, sagt der Maschinenbauingenieur rückblickend. Er spricht von kleinen Rückschlägen zu Beginn, die der Baulust aber keinen Abbruch taten. „Man muss alte Häuser mit ihren Einschränkungen einfach mögen und schon ein bisschen Liebhaber sein“, so der Nordheimer.

Denkmalschutz

Besonders angetan ist das Ehepaar von dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude aus dem 17. Jahrhundert. Laut Aussage von der 31-jährigen Julia Zang handelt es sich hier „um einen ehemaligen, typisch fränkischen Häckerhof“. Dort wird neben Bad-, Ess- und Kinderzimmer unter anderem ein mit Kaminofen ausgestattetes Wohnzimmer mit Scheunencharakter entstehen.

Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich ein Haus, dessen vorderer Teil für eine Ferienwohnung genutzt werden soll. Damit tragen die Zangs der Vorstellung, Alt und Neu zu verbinden, Rechnung.

Nicht nur Befürworter

Zu Beginn der Bauarbeiten vor gut 15 Monaten hatte es allerdings nicht nur Befürworter gegeben. „Es wäre doch einfacher, wenn ihr das alte Gebäude abreißt und neu baut.“ Diese Worte von Freunden und Bekannten klingen dem Ehepaar noch heute in den Ohren. „Mittlerweile“, so die Bauherren, habe sich die Meinung vieler Ratgeber geändert.

„Man wächst mit dem Projekt“, sagt Christian Zang. „Aber wir wussten, auf was wir uns beim Umbau unseres Marathonhauses einlassen“. Es galt, den Dreck aus 300 Jahren aufzuräumen und Erde teilweise mit der Hand auszugraben. Weitere Bauarbeiten wie Herausrausreißen, Schutt wegfahren oder Aufgraben hat die Familie mit großem Arbeitsaufwand bewerkstelligt. Das kostet viel (Frei)-Zeit, was Wirtschaftsingenieurin Julia Zang und ihr Ehemann aber gerne im Kauf nehmen.

Gesamtpaket

Man müsse einfach das Gesamtpaket sehen, betont dieser und verweist auf die vielen Dinge, die man im Verlauf der Bauzeit dazulerne. Ausdrücklich lobt das Bauherren-Ehepaar die Zusammenarbeit mit den Vertretern des Denkmalschutzes. Trotz klarer Auflagen, nämlich „so viel wie möglich zu erhalten“, seien die Gespräche und Vorschläge mit dieser Behörde sehr konstruktiv gewesen. Das gelte ebenso für die Mitarbeit weiterer Experten, die ihre Kenntnisse beim „sehr aufwendigen, jedoch machbaren Bauwerk“, so Christian Zang, einbrachten.

Dass sie mit der Baumaßnahme in Zeitverzug sind, nehmen Julia und Christian Zang nicht weiter tragisch. Der kalte Winter 2017/2018 und die drückende Hitze im Sommer 2018 verzögerten beispielsweise die Betonier- oder Dachdeckerarbeiten.

Ende in Sicht

Mittlerweile ist jedoch ein Ende des Projektes in Sicht. Zang freut sich: „Die Dächer sind gedeckt und die Innenausbauarbeiten können fortgesetzt werden.“ Negative Überraschungen, wie die teilweise zu geringe Gründung der Außenwände und die damit verbundenen, ungeplanten Aufwendungen im denkmalgeschützten Gebäude, habe man jetzt nicht mehr zu erwarten.

Bis Frühjahr 2019 soll das Bauwerk vollendet und seiner Bestimmung übergeben werden. Julia und Christian Zang verspüren schon jetzt eine Vorfreude darauf, in ihren gemütlichen Wunschhäusern den „tollen Blick auf den nebenstehenden Zehnthof“ zu genießen. Große Begeisterung für das besondere Bauprojekt zeigen auch die Kinder Gustav (2 Jahre) und Johan (3), für die die Baustelle „der beste Spielplatz“ ist. Wenn möglich, schlüpfen sie in ihre Arbeitshosen und versuchen sich als Bauhelfer. Mit mehr oder weniger Erfolg, wie Julia Zang schmunzelnd berichtet.

Nordheim, ein begehrter Wohnort

Weinbau: An der Mainschleife auf der sogenannten Weininsel gelegen, rund 1000 Einwohner und viele von ihnen direkt oder indirekt mit dem Weinbau verbunden: Nordheim am Main. Mit rund 450 Hektar Rebfläche ist der Ort nach eigenen Angaben die größte Weinbaugemeinde im Anbaugebiet Franken. Zudem ist Nordheim laut dessen Bürgermeister Guido Braun ein begehrter Wohnort.

Leerstand: 997 Einwohner hat Nordheim aktuell, Häuser stehen keine leer, informierte Braun auf Anfrage. In den vergangenen Jahren wurden zwei leere Häuser verkauft und werden gerade modernisiert.

Die Nachfrage nach Häusern und Baugrundstücken sei hoch. Freie Grundstücke seien gelistet, aber niemand möchte etwas verkaufen. Ein Leerstandskataster oder Förderungen für Sanierungen gibt es seitens der Gemeinde nicht. wabr

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Foto: Walter Braun
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Sind mit Feuereifer bei der Sache: Der dreijährige Johan (links) und sein jüngerer Bruder Gustav (2 Jahre).
| Sind mit Feuereifer bei der Sache: Der dreijährige Johan (links) und sein jüngerer Bruder Gustav (2 Jahre).
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