
Mit der britischen Premierministerin Weinfeste feiern, den Steigerwald erkunden und auf dem Main Kajak fahren: Wäre das etwas für Sie? Achim Winkelmann, in Volkach aufgewachsen und mittlerweile Redakteur des Bayerischen Rundfunks in Mainfranken, hat das alles schon gemacht. Wie es dazu kam? Sein Bruder fädelte in den 1990er-Jahren eine Brieffreundschaft mit Liz Truss ein, der heutigen Tory-Chefin, die am Dienstag von Königin Elizabeth II. zur neuen Premierministerin Großbritanniens ernannt wurde.
Winkelmanns Eltern wohnen immer noch in Volkach, Winkelmann ist mittlerweile in den benachbarten Landkreis Schweinfurt nach Gerolzhofen gezogen. Im Haus seiner Eltern habe er kürzlich gestöbert und eine Kiste mit alten Briefen gefunden. Ein längst vergessener Brieffreund aus Irland sei dabei wieder aufgetaucht – und ein Bündel mit Briefen von Liz Truss.
Der Bruder des ehemaligen Volkachers unterrichtete im Schuljahr 1991/92 für ein Jahr "Deutsche Konversation" an einer Gesamtschule in Leeds, England. Wie es der Zufall wollte, saß in einer seiner Klassen Liz Truss. Sie war es, die den Lehrer um einen Kontakt zu einem deutschen Brieffreund bat. Daraus entwickelten sich Winkelmann zufolge eine regelmäßige Korrespondenz, ein Besuch in England und ein Gegenbesuch in Deutschland.
Premierministerin beim Weinfest in Frankenwinheim

Truss habe sich im Jahr 1993 beim Weinfest in Frankenwinheim im Landkreis Schweinfurt amüsiert, sei ein wenig schockiert über die nahen Kühltürme des Atomkraftswerks Grafenrheinfeld gewesen und habe Sehenswürdigkeiten wie die Würzburger Residenz besucht. Später kreuzten sich die Wege des Gerolzhöfers und der Premierministerin noch einmal in Oxford, wo sie zur Universität ging. Achim Winkelmann erinnert sich an eine Diskussion im Debattierclub dort; sein Bruder hätte die Schülerin Truss zwar als zurückhaltend in Erinnerung, aber als leidenschaftliche Vertreterin ihrer Meinung.
Nun ist der Berufsweg von Achim Winkelmann in den Journalismus verlaufen, ein professioneller Beobachter seiner Brieffreundin quasi. Welche Frage er als Reporter der britischen Premierministerin wohl stellen würde? "Ob sie das wirklich ernst meint, dass der Brexit die richtige Entscheidung war. Gerade als jemand, der sich auskennt und andere Länder besucht hat", sagt Winkelmann. Für Truss' Amtszeit wünscht er sich, dass die Regierungschefin die Distanz zu Europa nicht vergrößert und sich zurückerinnert an die guten Verbindungen, die sie hatte. "Sie soll sich klar sein, dass ihre Freunde in Europa sitzen", sagt Winkelmann.
Brieffreundschaft mit der Premierministerin aufleben lassen

Ansonsten würde er sich gerne privat mit ihr unterhalten. Denn die Brieffreundschaft mit ihr schlief nach etwa drei Jahren ein. Am Montag habe Winkelmann tatsächlich einen Kontaktversuch unternommen und Truss über den Kurznachrichtendienst Twitter angeschrieben, jedoch noch keine Antwort bekommen. Der ehemalige Brieffreund überlegt aber dranzubleiben und sagt: "Vielleicht schreibe ich jetzt wieder einen Brief."