
Vor fünf Jahren hat Alt-OB Rudolf Schardt 85. Geburtstag gefeiert. Da hat der Ehrenbürger schon ein bisschen hingelangt und die eine oder andere Bemerkung zu seinen unvollendeten politischen Werken wie die unfertige Südtangente oder die fehlende Stadthalle losgelassen. Fünf Jahr gab sich Schardt ruhig, dankbar und überhaupt nicht angriffslustig.
Meckerverbot
Das hatte seinen Grund. Den nannte der wegen einer Zerrung leicht angeschlagene, aber nicht aufs Maul gefallene Alt-OB, gleich am Anfang seiner kurzen Ansprache im voll besetzten Hoheimer Sportheim: „Meine Tochter Gaby hat mir das Meckern verboten.“ Daran hat sich der jetzt 90-Jährige gehalten.
Hände schütteln
Der Mann, der 24 Jahre lang der Chef im Rathaus war, hatte auch ohne Meckern genug zu tun. Eine Stunde Hände schütteln, Freunde, Bekannte, Weggefährten und Verwandte begrüßen. Glückwünsche jede Menge. Ein ziemlich wichtiger kam zudem per Post. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat dem Alt-OB gratuliert und ihm für seine „engagierte Arbeit auf Stadt-, Kreis- und Bezirksebene“ Dank und Anerkennung ausgesprochen.
Sie können mit Stolz und Zufriedenheit auf das zurückblicken, was Sie im Dienst der kommunalen Gemeinschaft geleistet haben“, so der Innenminister. In seinen 24 Jahren an der Spitze der großen Kreisstadt habe Schardt „zielstrebig und zukunftsorientiert viele Weichen gestellt und hohe Investitionen in die Infrastruktur verantwortet“. Auf die Verleihung der Ehrenbürgerwürde durch die Stadt dürfe Schardt besonders stolz sein, so der Minister. Diese Auszeichnung sei Ausdruck größter Wertschätzung der Person und des Wirkens als Oberbürgermeister.
Dankbarkeit
Damit ist alles gesagt, was schon oft gesagt wurde. Schardt konnte sich auf anderes konzentrieren. Auf Dankbarkeit zum Beispiel. An den Herrgott, dass er seinen 90. doch noch einmal „in relativer Frische“ feiern konnte. Dafür, dass wir auch durch die Leistung der Nachkriegsgenerationen in einem der schönsten Länder der Welt leben. An die Freunde und Kartbrüder, die ihm immer die Treue gehalten und unterstützt hätten, auch wenn mit Rudolf Meder, Willi Korbacher und Helmut Fischer einige erst vor kurzem gegangen sind. An die vielen Mitarbeiter, deren Anwesenheit er als Beweis wertete, dass er mit seiner ehrlichen Art und den offenen Worten zumindest meist den richtigen Ton getroffen hatte. Und an die Verwandtschaft, besonders die aus Michelfeld, bei der Schardt nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft untergekommen war. Da räumte er zum Beispiel ein, dass ihm nicht nur einmal der Gaul durchgegangen ist. Meist montags übrigens, wenn er das ausgeruhte Gespann mit Ochs und Pferd aufs Feld führen musste.
Karawane zieht weiter
Da waren noch ein paar Lebensweisheiten, wie die von Ex-Dekan Alfred Wehrmann. Der hatte ihm zum Amtsantritt etwas gesagt, was sich immer wieder bestätigte: Die Hunde bellen, aber die Karawane zieht weiter.
Tragende Rolle
Bleibt zu melden, dass Urenkelin Luise nicht nur der Stolz des Uropas ist, sondern mit dem Aufräumen der Geschenke die mit Abstand tragendste Rolle im Sportheim spielte. Dass ihr kleiner Bruder Hugo, der zweite Urenkel, den Auflauf für den Urgroßvater schlicht verschlafen hat, ist vielleicht schade, der Feier hat's aber nicht geschadet. Zumindest, wenn sich die Gesellschaft an den Spruch gehalten hat, den Schardt aus seiner Zeit beim Arbeitsdienst zitierte: „Bescheidenheit, Bescheidenheit, verlass mich nicht bei Tisch. Und gib, dass ich zur rechten Zeit, das größte Stück erwisch.“ Dürfte kein Problem gewesen sein.