Es könnte so kommen, wie es viele Prichsenstädter wohl nicht für möglich halten. Die Hausärzte Alexander Schöpfel und Eleonora Rieger könnten die Stadt bald verlassen. Ihr Ziel: Wiesentheid.
Anfang Juni sah die Welt noch anders aus, erzählt einer der Ärzte, Alexander Schöpfel, am Telefon. Sie hätten sich darauf eingestellt, bis zum Ende ihrer Laufbahn in Prichsenstadt zu bleiben, behauptet Schöpfel. Dort praktizieren sie seit Anfang 2006, haben eine rund 160 Quadratmeter große Praxis von der Spitalstiftung angemietet, die die Stadt verwaltet.
Die Vorgeschichte
Mitte Juni flattert dann die Änderungskündigung ins Haus– ohne mündliche Vorwarnung durch den Bürgermeister. Ein Fehler, den Stadtoberhaupt René Schlehr bedauert und für den er sich entschuldigt hat, aber offensichtlich geht seither inhaltlich nichts mehr voran.
Das Thema wird zum Stadtgespräch, der Stadtrat befasst sich mehrmals damit. Inzwischen haben die Ärzte eine Alternative: Neuanfang. Weg von Prichsenstadt – hin nach Wiesentheid. In der Nähe der dortigen Seniorenresidenz und des bestehenden Ärztehauses haben ihre Familien am 25. Juli ein Grundstück in der Korbacherstraße erworben. Den Notartermin bestätigt der Wiesentheider Bürgermeister, Werner Knaier, auf Anfrage. Der Weg scheint unumkehrbar. Damit verlöre Prichsenstadt seine Hausärzte vor Ort.
Was Knaier wichtig ist: Er habe die Ärzte nicht gerufen und will sie auch nicht abwerben. Im Gegenteil: Knaier hatte davon gehört, dass mehrere Gemeinden ein Interesse angemeldet hätten, die Hausärzte zu sich zu holen. Da sei es für den Wiesentheider Bürgermeister klar gewesen, sie wenigstens in der Region Wiesentheid/Prichsenstadt halten zu wollen.
Knaier: Keine Konkurrenz für Wiesentheider Ärzte
Also hat Knaier den Arzt-Familien auf deren Anfrage das Grundstück in der Korbacherstraße verkauft. Das sei für das vorhandene Ärztehaus keine Konkurrenz, denn die Mediziner dort seien „Oberkante Unterlippe voll“, sagt Knaier, nachdem er sich erkundigt hat. Außerdem: Selbst nach dem Grundstückskauf hätten Prichsenstadt und Schöpfel/Rieger noch Zeit, sich zu einigen.
Zum Gang nach Wiesentheid sieht Schöpfel sich veranlasst, weil der Prichsenstädter Bürgermeister keine Kompromissbereitschaft gezeigt habe. Neun Euro pro Quadratmeter sollten die Hausärzte nach neuem Vertrag bezahlen – das Dreifache der heutigen Miete. Das Gleiche zahlen die Zahnärzte im Obergeschoss des Hauses. Für Schöpfel zu viel – und nicht ortsüblich für einen Altbau in Prichsenstadt. „Der Stadtrat kam uns diesbezüglich nicht entgegen“, sagt der Arzt. Die Apothekerin, deren Altbau von der Kommune saniert worden sei, zahle etwa sechs Euro, erklärt er zum Vergleich.
Schöpfel hat Hoffnung aufgegeben
„Wir hatten auf ein großes Interesse der Stadt gehofft, die Praxis zu halten“, sagt Schöpfel. Nach der Stadtratssitzung vom 19. Juli habe er diese Hoffnung aufgegeben und die Kontakte nach Wiesentheid konkretisiert. Wegen des Grundstücks angefragt haben Schöpfel/Rieger schon am 3. Juli, wie Knaier bestätigt.
Für den Neuanfang in Wiesentheid brauchen die Ärzte aber eine Genehmigung. Ein Arztsitz darf nämlich nicht ohne Weiteres verlegt werden. Dem muss der Zulassungsausschuss in Würzburg zustimmen, der für Unterfranken zuständig ist. Der Ausschuss ist mit drei Ärzten und drei Krankenkassenvertretern besetzt, erklärt Dr. Christian Pfeiffer, regionaler Vorstandsbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns.
Zulassungsausschuss muss genehmigen
Da Schöpfel und Rieger allerdings innerhalb eines Planungsbereichs und zwischen zwei Nachbarorten umziehen wollen, könnte der Ausschuss auf dem Standpunkt stehen, dass die geringe Entfernung zwischen Prichsenstadt und Wiesentheid den Patienten zuzumuten wäre.
Was planen Schöpfel und Rieger? Ihren Patientenstamm wollen die Ärzte behalten, ihre Mitarbeiter mitnehmen. „Natürlich werden wir weiterhin unsere Hausbesuche in der Region durchführen“, versichert Schöpfel, auch in Prichsenstadt.
Schlehr will nicht der Sündenbock sein
Indessen lehnt der Prichsenstädter Bürgermeister René Schlehr die Rolle als Sündenbock ab, die ihm Schöpfel seiner Meinung nach zugedacht habe. Schlehr behauptet: „Schöpfel und Rieger waren überhaupt nicht interessiert, in Prichsenstadt zu bleiben.“ Seiner Ansicht nach sei der mögliche Umzug nach Wiesentheid „von langer Hand geplant“ gewesen. „So etwas schüttelt man nicht aus dem Ärmel.“
Der Bürgermeister erinnert daran, dass Schöpfel und Rieger schon 2011 erwogen hätten, die Praxis nach Wiesentheid zu verlegen. Zu dieser Zeit hätten der ehemalige Prichsenstädter Stadtrat und der damalige Bürgermeister die Miete deutlich gesenkt, um sie zu halten. Die Ärzte seien geblieben und hätten jahrelang davon profitiert.
Bürgermeister hat Mietvertrag überprüft
Inzwischen, erklärt Schlehr, habe er als neuer Bürgermeister die Aufgabe gehabt, diesen Mietvertrag der Spitalstiftung, der Ende 2019 ausläuft, zu prüfen. Ohne Änderungskündigung wäre diese für die Ärzte vorteilhafte Miete nämlich ab 2020 unbefristet gültig gewesen. Schlehr argumentiert auch, dass die Rechtsaufsicht diese von der Stadt subventionierte Miete kaum dauerhaft akzeptiert hätte. Schließlich müsse die Stiftung als Hausbesitzer dafür sorgen, dass der Stiftungsgrundstock erhalten bleibe. Dafür bedürfe es einer angemessenen Miete.
Deshalb habe der Stadtrat die Mieterhöhung beschlossen und den Bürgermeister beauftragt, sie umzusetzen. „Ich habe nur meine Arbeit gemacht“, sagt das Stadtoberhaupt. Schlehr berichtet, dass er am 27. Juni in einem Zehn-Augen-Gespräch mit den beiden Ärzten zu Kompromissen bereit gewesen sei.
Kompromiss angeboten
Dabei hätten die drei Vertreter des Stadtrats eine Reihe von Änderungswünschen der Mediziner akzeptiert. Als es aber zum Knackpunkt gekommen sei, dem Mietpreis, habe Schweigen geherrscht. Der Bürgermeister habe die Ärzte gebeten, eine für sie akzeptable Miethöhe vorzuschlagen. Darüber hätte Schlehr den Stadtrat tags darauf abstimmen lassen wollen. Aber eine solche Alternative habe Schöpfel mit Verweis auf die „Mietpreisautonomie“ der Stadt abgelehnt.
Schlehr glaubt, dass man über einen Quadratmeterpreis von sechs oder sieben Euro durchaus noch hätte reden können. Alternativ hätte die Stadt den Medizinern einen Bauplatz in Prichsenstadt anbieten können. Er betont: „Es wollte niemand, dass die Ärzte weggehen.“
Gibt es noch eine Chance auf Einigung?
Was bleibt? Der absehbare Verlust der Hausärzte „schmerzt mich“, sagt Schlehr – wegen der Patienten und wegen der Apotheke im Ort, die einen Teil ihres Umsatzes verlieren könnte. Schlehr betont daher, dass es für solche besonderen Umstände ein Kündigungsrecht „aus besonderen Gründen“ im Vertrag mit der Apotheke gebe.
Aber der Bürgermeister will noch nicht alles verloren geben und sagt kämpferisch: „Ich werde nicht den Kopf in den Sand stecken.“
Was ist dann mit der Miete? Zumindest wird wohl kein Arzt reingehen. Haben das die Gemeinderäte und der Bürgermeister nicht bedacht? Ist es besser - kostengünstiger die Wohnung wieder in eine Privatwohnung umzuwandeln? Zieht jemand so gerne in eine Wohnung, wo im Hause so reger Publikumsverkehr durch die Zahnarztpraxis ist?
Wurde nicht an die Apotheke im Ort gedacht?
https://www.kitzingen.de/fileadmin/Medien_Landratsamt/321_Kommunales/Stiftungen_2017.02.01.pdf
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Wer sitzt denn alles in der Stiftung ? Wer hat das sagen ? Nur Nebel...