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GERLACHSHAUSEN
Aalschutz beim Kraftwerk Gerlachshausen
Großbaustelle: Damit nicht mehr so viele Aale von den Turbinenschaufeln der Wasserkraftwerke verstümmelt werden, erhält das Mainkraftwerk Gerlachshausen derzeit quer zur Fließrichtung des Mains ein patentiertes System (Bildmitte) zum Fang der Aale. Sie werden per Röhrensystem um die todbringenden Turbinen geleitet. Die Vorrichtung macht sich das Fluchtverhalten von Aalen zunutze.
Foto: Jan Kiver/Rhein-Main-Donau AG | Großbaustelle: Damit nicht mehr so viele Aale von den Turbinenschaufeln der Wasserkraftwerke verstümmelt werden, erhält das Mainkraftwerk Gerlachshausen derzeit quer zur Fließrichtung des Mains ein patentiertes ...
Dagmar Ungerer-Brams
 |  aktualisiert: 28.05.2019 10:20 Uhr

Das Mainkraftwerk Gerlachshausen der Rhein-Main-Donau AG im Landkreis Kitzingen macht noch bis Mitte Dezember Stromerzeugungspause. Hintergrund ist der Bau einer sogenannten Bottom Gallery. Das ist eine Aalabstiegsanlage, bestehend aus einem Aalsammelrohr und einem aufwändigen Umleitungssystem um das Kraftwerk herum. Sie kommt erstmals in Bayern zum Einsatz, teilt die Rhein-Main-Donau AG mit.

Dass die auf der Flusssohle montierte Konstruktion funktioniert, habe sich bereits am Kraftwerk Unkelmühle an der Sieg erwiesen. Von dem patentiertem System erwartet sich der Betreiber, dass die Fischdurchgängigkeit flussabwärts am Main spürbar verbessert und damit ein wichtiger Beitrag für die Entwicklung des Aalbestandes geleistet werde. Die Gesamtmenge der abwandernden Blankaale im Gewässer könne sich signifikant erhöhen. Durch die Anlage wird ein Beitrag zur Erfüllung der europäischen Aalschutzrichtlinien geleistet.

Wolfgang Fischbacher, Prokurist und zuständig für die Millionen-Investitionen der Rhein-Main-Donau AG in die ökologischen Verbesserungs, wird in der Mitteilung so zitiert: „In den Bau dieses noch neuartigen Aalabstiegssystems investieren wir über 600 000 Euro.“ Damit soll ein aalschonender Betrieb des Kraftwerks erreicht werden. Das Projekt werde wissenschaftlich begleitet, um das System zu optimieren.

Wichtigster Partner ist der Energieversorger Eon, der als betriebsführende Gesellschaft sowohl bei den Planungen als auch bei der Umsetzung mitwirkt. Richard Berghoff, Betriebsleiter für die Flussgruppe Mitte bei Eon und damit zuständig für die Betriebsführung aller Mainkraftwerke, sagt zum Bauvorhaben, dass Mitte September die Genehmigung erteilt wurde, Ende Oktober begannen die ersten Bauarbeiten und noch vor Weihnachten könnten die Arbeiten abgeschlossen sein.

Der Einbau der Bottom Gallery mit ihren seitlichen Antriebseinheiten und der Rohrleitung (Bypass) für den Aalabstieg erfolgt in Form einer aufklappbaren Sohlschwelle in neun Meter Abstand vor dem zweiteiligen Schutzrechen zum Turbineneinlauf des Kraftwerks Gerlachhausen. Wie der englische Name sagt, handelt es sich um eine in Fließrichtung durch einen Klappmechanismus zu öffnende Schwelle am Grund des Turbineneinlaufkanals in etwa sechs Meter Tiefe. Die vor dem Rechen gegen die Fließrichtung abdrehenden Blankaale können sich in dem durch den Klappmechanismus entstehenden Aalsammelrohr sammeln. Über ein an der Kanalseitenwand verbautes Rohrleitungssystem und einen Monitoringschacht gelangen die Blankaale dann schadlos um das Krafthaus und die Turbinen herum in das Unterwasser des Kraftwerks.

Die Funktionsweise des Systems nutz ein Verhalten der Aale, das in den Niederlanden und an verschiedenen Rheinzuflüssen empirisch untersucht wurde: Vor einem Rechen oder bei dessen Berührung zeigt der Aal eine Fluchtreaktion, die ihn entgegen der Fließrichtung und in Richtung Flusssohle wegschwimmen lässt. Die Bottom Gallery nutzt das beobachtete Verhalten. Ihre Schutzfunktion besteht in der zum Rechen hin offenen Sohlenschwelle, quasi ein aufgeklapptes Sammelrohr, das sich als Fluchtpunkt anbietet, in dem sich die abwandernden Aale sammeln.

Nach einer im Monitoringschacht einstellbaren Zeitdauer schließt sich das Sammelrohr vorsichtig, so dass die Aale keine Verletzungen davontragen. Durch das Öffnen einer seitlichen Verschlusskappe entsteht eine Strömungsspülung im Sammelrohr, die den Aalen dann den Weg durch das Bypasssystem weist und sie unbeschadet in das Unterwasser des Kraftwerks um die Turbine herum transportiert. Der Spülgang wird automatisch gestartet.

Die Spülfrequenz und die Spüldauer lassen sich abhängig von der Menge der wanderwilligen Aale einstellen, so die Mitteilung.

Kraftwerk Gerlachshausen

Start 1957: Die Rhein-Main-Donau AG nimmt das Laufwasserkraftwerk Gerlachshausen in Betrieb. Es nutzt eine Fallhöhe von rund sechs Metern zur Stromerzeugung.

Stromerzeugung: Bei einem Wasserdurchfluss von rund 50 Kubikmetern pro Sekunde (rund 333 Badewannenfüllungen) liegt die durchschnittliche Jahresstromerzeugung bei rund 11,8 Millionen Kilowattstunden (kWh). Diese Strommenge würde ausreichen, um rund 3600 bayerische Haushalte ein Jahr lang mit elektrischer Energie aus Wasserkraft zu versorgen.

Dauerläufer: In den vergangenen 56 Jahren hat der regenerative Wasserkraft-Dauerläufer Gerlachshausen rund 672 Millionen Kilowattstunden Strom geliefert. Gesteuert wird es von der Warte des Pumpspeicherkraftwerks Langenprozelten im Spessart aus.

Aus Stahlblech besteht die Klappvorrichtung am Grund des Mainkraftwerks in Gerlachshausen mit der Aale gefangen werden, damit sie nicht Opfer der Turbinenschaufeln werden.
| Aus Stahlblech besteht die Klappvorrichtung am Grund des Mainkraftwerks in Gerlachshausen mit der Aale gefangen werden, damit sie nicht Opfer der Turbinenschaufeln werden.
 
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