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Prichsenstadt
35-jährige Autofahrerin wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht
Am Amtsgericht Würzburg beginnt der Prozess um einen tödlichen Unfall bei Prichsenstadt (Lkr. Kitzingen) im Herbst 2018. Die Frage: Saß die Angeklagte am Steuer? Und wurde sie bedroht?
Der Prozess um einen tragischen Unfall mit zwei Toten und zwei Schwerverletzten bei Prichsenstadt (Lkr. Kitzingen) im Oktober 2018 beginnt: Am Amtsgericht Würzburg ist eine 35-Jährige angeklagt.
Foto: Bertold Diem | Der Prozess um einen tragischen Unfall mit zwei Toten und zwei Schwerverletzten bei Prichsenstadt (Lkr. Kitzingen) im Oktober 2018 beginnt: Am Amtsgericht Würzburg ist eine 35-Jährige angeklagt.
Franz Barthel
 und  Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:10 Uhr

15 Monate nach einem tragischen Unfall mit zwei Toten und zwei Schwerverletzten bei Prichsenstadt im Landkreis Kitzingen muss eine 35-jährige Autofahrerin auf die Anklagebank. Das Amtsgericht Würzburg geht ab diesem Mittwoch – wie zuletzt nach ähnlich folgenschweren Unfällen in Untereisenheim und Hettstadt – dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung nach.

Am 21. Oktober 2018  war der VW Beetle der Angeklagten nachts auf einer abgelegenen Kreisstraße bei Prichsenstadt-Altenschönbach aus der Kurve getragen worden, hatte sich mehrfach überschlagen und war im Acker liegen geblieben. Zwei der vier Insassen wurden dabei so schwer verletzt, dass sie starben.

Die Angeklagte gibt laut Staatsanwaltschaft Würzburg an, keine Erinnerung daran zu haben, gefahren zu sein.  "Allerdings sind die Ergebnisse der Ermittlungen eindeutig", machen Tobias Knahn, der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, und Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen vor Prozessbeginn deutlich.

Die Frau sei von den Helfern am Unfallort barfuß angetroffen worden, alle anderen Insassen des Wagens hätten zum Unfallzeitpunkt Schuhe getragen. Im Fußraum auf der Fahrerseite, so die Staatsanwälte, seien Schuhe gelegen, die der 35-Jährigen zuzuordnen waren. Überdies seien bei einem Gutachten Fasern ihrer Kleidung am Gurt am Fahrersitz gefunden worden. Zur Unfallzeit, bestätigt Raufeisen, habe die Angeklagte 0,83 Promille Alkohol im Blut gehabt.

Aus der Kurve getragen

An jenem Abend des 21. Oktober 2018 war der VW-Beetle mit vier Personen auf der Kreisstraße zwischen Schönaich und Altenschönbach unterwegs. Wie die Polizei später schrieb, war der Wagen gegen 21.45 Uhr in einer langgezogenen Linkskurve nach rechts von der Fahrbahn abgekommen, in einen Entwässerungsgraben geraten und erst nach  mehr als 100 Metern im Gebüschgruppe auf dem Dach zum Liegen gekommen.

Während ihre Mitinsassen reglos im Fahrzeugwrack lagen, hatte die 35-Jährige Hilfe rufen können. Allerdings irrten die Helfer der Feuerwehr zunächst suchend durch die Umgebung, weil sie falsche Angaben zum Unfallort bekommen hatten: Der  Integrierten Rettungsleitstelle Schweinfurt war bei dem Notruf ein Unfallort zwischen Oberschwarzach und Siegendorf angegeben worden.

Für zwei Menschen kam jede Hilfe zu spät

Für eine 25-jährige Frau auf dem Beifahrersitz und einen 35-jährigen Mann hinter ihr kam jede Hilfe zu spät. Sie erlagen ihren schweren Verletzungen noch an der Unfallstelle. Die Angeklagte und ein 31-jähriger Mitinsasse, der auf der Rückbank gesessen hatte, wurden von Notärzten und Sanitätern versorgt und mit lebensgefährlichen Verletzungen in eine Klinik gebracht. Zum Transport des Schwerverletzten war der nachtflugtaugliche Rettungshubschrauber „Christoph Nürnberg“ an der Unfallstelle gelandet.

Die Notärzte, Sanitäter und Wehrmänner konnten vor Ort nur noch zwei der vier Opfer helfen.
Foto: Bertold Diem | Die Notärzte, Sanitäter und Wehrmänner konnten vor Ort nur noch zwei der vier Opfer helfen.

Knapp ein Jahr nach dem Unfall war die 35-Jährige zufällig Zeugin bei einem anderen Unfall bei Gerolzhofen. Dabei soll sie Rettern der Feuerwehr von sich aus erzählt haben: Sie habe seit ihrem eigenen Unfall harte Monate gehabt und sei sogar bedroht worden. Von wem, blieb offen.

Der Prozess beginnt am Mittwoch um 9.30 Uhr am Amtsgericht Würzburg.

 
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  • xyz123
    Eine Reform unseres Justizsystems mag ja sein, aber rechtschaffene Gutachter als "Seelenklempner" zu verunglimpfen finde ich persönlich nicht gut. Nichts anderes wollte mein Kommentar sagen.
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  • jwh-58
    Ich kann Albatros nur voll und ganz zustimmen. Er hat recht. Wir brauchen dringend eine Rechtsreform und Verschärfung der noch bestehenden "Unrechts"-Gesetze.
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  • xyz123
    Sehr geehrte(r ) Albatros, jeder Fall ist anders und wird auch als Solcher be- und verhandelt ! Ein Gutachter, der u.A. auch forensische Gutachten erstellt, hat nichts mit einem "Seelenklempner" zu tun. Er erstellt seine Gutachten emotionslos und versucht, so objektiv wie möglich zu sein.
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  • Albatros
    Sehr geehrte(r) Pema, dass Gutachter die heimlichen Richter in Deutschland sind und eine gefährliche Macht ausüben, das ist in Justizkreisen nicht erst seit heute äußerst umstritten. Wie viele Gutachter Fehlurteile insbesondere bei Tötungsdelikten und im Bereich Kindesmissbrauch erstellt haben, das kann Jedermann nachlesen. Dieses "jeder Fall ist anders und wird auch als Solcher be- und verhandelt" können Sie sich schenken. Wer heute unter Drogen- und Alkoholmissbrauch tötet und dafür strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen wird, weil er nicht zurechnungsfähig ist oder war, dann erfolgen solche Urteile nicht "Im Namen des Volkes", wie übrigens auch im Fall in Eisenheim. Es gibt zahlreiche Petitionen in Deutschland die darauf hinwirken, dass Straftaten unter Drogen- oder Alkoholkonsum nicht länger strafmildernd wirken, daher sind unsere Gesetze sind stark überholungsbedürftig. Die Exekutive ist längst zum Spielball der Legislative geworden.
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  • Albatros
    Die Tötung einer jungen Frau in Untereisenheim und das knallharte Urteil der Würzburger Justiz gegen den Angeklagten, 5.000€ Geldstrafe, damit wird die 35-järhrige aus Prichsenstadt wohl nicht rechnen können. Während der Täter in Untereisenheim beinahe 3 Promille Alkohol intus und somit quasi juristisch belohnt wurde, wird es für die 35-Jährige eng werden. Mit 0,83 Promille ist die Dame ja beinahe nüchtern und wird jetzt womöglich auch noch für ihr Fehlverhalten zur Verantwortung gezogen, für eine Schuldunfähigkeit wird das auf jeden Fall nicht reichen. Nach deutschem Recht wird man quasi juristisch belohnt, je mehr Alkohol man am Steuer hat. So 2,5 Promille sollten es schon sein damit man, mit dem Gutachten eines Seelenklempners, für das Töten eines Menschen nicht verantwortlich ist - im juristischen Sinne. Was lernen wir daraus, bloß keine halben Sachen machen.
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