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KNETZGAU
Zusammenleben ohne Spannungen
Eine der Lieblingstafeln des Archivars Thomas Schindler: Die Geschichte der Menschen.
Foto: Christiane Reuther | Eine der Lieblingstafeln des Archivars Thomas Schindler: Die Geschichte der Menschen.
Von unserer Mitarbeiterin Christiane Reuther
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:19 Uhr

Unter dem Thema „Mitten unter uns – Landjuden in Unterfranken vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert“, hatte der Förderverein der Gotteshütte Knetzgau im Rahmen der Vortragsreihe eine Wanderausstellung zum Thema Landjuden nach Knetzgau gebracht. Sie ist in den folgenden drei Wochen während der allgemeinen Öffnungszeiten der Gemeinde Knetzgau im Ratssaal zu sehen.

Die Eröffnungsveranstaltung zur Wanderausstellung machte ein Vortrag unter dem Titel: „Schutzbrief – Matrikel – Heimatrecht“ mit dem Haßfurter Stadtarchivar Thomas Schindler. Anhand von Beispielen aus dem Bereich des heutigen Landkreises Haßberge referierte Schindler über die Geschichte des unterfränkischen Landjudentums. Schindler, der selbst an der Konzeption der Ausstellung mit beteiligt war, ist seit über 20 Jahren im Archivwesen des Landkreises tätig und hat dabei viel Material zur jüdischen Geschichte gesichtet und ausgewertet. Seit mehreren Jahren verzeichnet er zudem im Zentralarchiv für die Geschichte des jüdischen Volkes in Jerusalem die Akten ehemaliger jüdischer Gemeinden aus Franken.

Das Wissen über den Holocaust sei mittlerweile weit verbreitet und es gebe Selbstheilungskräfte einer starken Demokratie, sagte Knetzgaus Bürgermeister Stefan Paulus in seinem Grußwort. Man wisse immer noch sehr wenig über die Geschichte, die sich fernab der NS-Zentren Nürnberg oder Berlin in den Jahren von 1933 bis 1945 in den Dörfern abgespielt habe. Die Ausstellung solle daran erinnern, dass man auch heute wieder gefordert ist, sich für Menschlichkeit, Gerechtigkeit und die Würde des Menschen einzusetzen. Ein besonderer Dank galt Cordula Kappner für ihre engagierte Arbeit, die Geschichte der jüdischen Gemeinden im Landkreis zusammen zutragen, sowie dem Förderverein Gotteshütte, der sich für die Organisation mit Rahmenprogramm verantwortlich zeigt.

Pfarrerin i. R. Elfi Trautvetter-Ferg, Vorsitzende des Fördervereins, stimmte mit einem jüdischen Trinkspruch „Lechajim“, der so viel bedeutete wie „Prost – auf das Leben“, die Gäste auf den Abend ein, der Einblicke in die jüdische Welt der Region gewährte. Zunächst ging Archivar Thomas Schindler auf die Entstehung der Ausstellung ein, die vom Bezirk Unterfranken initiiert und von einer Arbeitsgemeinschaft im Zeitraum von zwei Jahren konzipiert worden ist. Nach einem chronologischen Überblick vom Mittelalter bis heute konnten die Gäste anhand von Schautafeln Wissenswertes zu den neun wichtigsten Themen am Beispiel je eines Landkreises erfahren. Laut Schindler sind diese Themen untereinander austauschbar.

Beginnend von der Blüte im Mittelalter bis zum Pogrom erstreckte sich das Referat und streifte unter anderem die Themen „Von Juden mitten unter Christen“, über „Schutzbrief und Schutzgeld“, der „Struktur der Landjuden“, der „Sprache“ sowie dem „Wandel in der Wirtschaft“, bei der Juden als umherziehende Vieh- und Textilienhändler unterwegs waren.

Am Beispiel der Familie Bachmann ging der Archivar näher auf die Gegebenheiten der jüdischen Geschichte im Landkreis ein. Die Bachmanns lebten über drei Generationen in Eltmann und Ebelsbach und sind auf dem Friedhof in Limbach beerdigt. Das ablehnende Verhalten der Bürger gegen den Aufenthalt oder gar die „Ansässigmachung“ eines Juden in einem zuvor „rein christlichen“ Ort sei damals keineswegs eine Eltmanner oder bayerische Besonderheit gewesen, wie Schindler ausführte. Das Zusammenleben der christlichen Mehrheitsbevölkerung mit der kleinen jüdischen Minderheit in Eltmann sei laut Archivar in jener Zeit aber ohne Spannungen verlaufen zu sein.

Viele kleinere jüdische Gemeinden im Landkreis lösten sich laut Schindler nach und nach auf. Die Juden seien meist in große Metropolen gezogen, so auch die Nachfahren der Familie Bachmann, die in der Schottenstraße in Eltmann ein Haus bewohnten. Viele unterfränkische Juden seien gar nach Amerika ausgewandert.

Führungen durch die Ausstellung sind nach telefonischer Vereinbarung unter Tel. 09527/95 08 32 oder unter 09527/95 01 60 möglich. Der Eintritt ist frei. Freiwillige Spenden sind erwünscht. Ein besonderer Öffnungstermin ist am Sonntag, 15. November von 13.00 bis 17.00 Uhr. Dazu ist eine Kaffeebar geöffnet. Als Höhepunkt der Ausstellung wird zudem am Sonntag 15. November um 17.00 Uhr die Gruppe „Klezmeron“ aus Nürnberg ein Konzert geben.

 
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