Abseits von ausgetretenen touristischen Elefantenpfaden radelte das Ehepaar Inge und Manfred Wagner aus dem Königsberger Stadtteil Holzhausen fast zwei Monate lang durch den Südwesten Chinas und den Norden Vietnams.
Eine durch und durch gastfreundliche Bevölkerung, äußerst günstige Preise für Übernachtungen und Verpflegung, völlig neue kulinarische Erfahrungen sowie grandiose und geradezu märchenhafte Landschaften prägten die einige tausend Kilometer lange Reise. Sie endete in Vietnams Hauptstadt Hanoi, wo die Traveller das berühmte Wasserpuppentheater aufsuchten und dem friedlich in seinem gläsernen Sarg vor sich hinschlummernden Ho Chi Minh einen Besuch abstatteten.
Wie üblich war auch diese Radtour die Fortsetzung einer früheren. Auf diese Weise haben die Biker aus den Haßbergen ein Streckennetz von vielen Tausenden Kilometer hinter sich gebracht. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass man auf einem Drahtesel in Südostasien auch ohne spezielle Sprachkenntnisse und trotz fehlender Radwege prima zurechtkommt.
Entgegen der etwa in Reiseführern vertretenen Meinung berichteten die beiden, dass sich die Lkw- und Busfahrer in aller Regel rücksichtsvoll verhalten. Wie in jedem anderen Land gilt es, vorsichtig zu sein – aber Angst muss man nicht haben.
Für Mitteleuropäer ungewohnt ist das, was man isst und ebenso, wie man isst. Von touristischen Zentren abgesehen werden allerorts Essstäbchen benutzt – auch für die obligatorische Nudelsuppe, die es überall zum Frühstück gibt. Und auf den Tisch kommt – vor allem bei den fast durchwegs schlanken Vietnamesen - im Prinzip alles, was essbar, also nicht giftig ist. Zwar gibt es überwiegend Fleischsorten wie Schwein, Huhn oder Ente, aber mitunter bereichern auch Schlangen, Schildkröten, Frösche, Bisamratten, Seidenraupen oder Hunde die Speisekarte. Zufällig konnten die Wagners sogar eine Hunde-Schlachtung beobachten. Ganz ähnlich wie bei einem Schwein wird das getötete Tier gebrüht und anschließend abgeflammt, bevor man es ausnimmt.
Über den sogenannten „Freundschaftspass“ radelten sie von China nach Vietnam. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern war über Jahrtausende von tiefem Misstrauen und offener Feindschaft geprägt. Erst durch den gemeinsamen Feind im Vietnamkrieg, die Amerikaner, verbesserten sich die Beziehungen. Heute begegnen die Vietnamesen Besuchern aus dem Westen herzlich und offen – und das, obwohl der grausame Krieg gerade mal 40 Jahre vorbei ist. Etliche Religionen, darunter auch das Christentum, leben in friedlicher Koexistenz miteinander. Doch Ho Chi Minh ist der unumstrittene Nationalheld. Er genießt nach wie vor höchste Verehrung, was man auf zahlreichen Plakaten im ganzen Land unschwer erkennen kann.
Über weite Strecken bot die Landschaft und Natur eine geradezu märchenhafte Kulisse. Die seit jeher von chinesischen Dichtern und Philosophen umschwärmte Karstlandschaft wirkt wie eine Ansammlung von unzähligen Kamelhöckern. Manche sind spitz oder rundkegelig, andere stehen wie abgeschnitten da und entführen die Menschen in eine andere Welt. Dazwischen haben die Bauern meist mit Reis bepflanzte Terrassenfelder angelegt.
Natürlich steuerten die Königsberger auch die weltberühmte Ha-Long-Bucht an. Mit ihren gigantischen Felsformationen mutet sie an wie eine auf unerklärliche Weise geflutete Hochgebirgslandschaft.
Obwohl auf dem Land nach wie vor viel mit dem Wasserbüffel gearbeitet wird, ist der technische Fortschritt unübersehbar. Jedermann besitzt ein modernes Handy und der Elektroroller hat in Chinas Städten das Fahrrad als Massen-Verkehrsmittel abgelöst. Doch das chaotische Verkehrsgewühl in Hanois Zentrum ist nichts für schwache Nerven. Mit ihren vollbepackten Rädern bahnten sich die erfahrenen Weltenbummler ihren Weg durch den Großstadtdschungel.