"Wenn ich Sie ins Gefängnis schicke, leiden darunter in erster Linie ihre kranke Frau und ihre drei Kinder", erklärte Amtsrichter Patrick Keller. Was war geschehen? Der 37-jährige und einschlägig vorbestrafte Angeklagte meldete der Arbeitsagentur erst viel zu spät, dass er eine neue Arbeitsstelle angetreten hatte. Deshalb kassierte er eine Arbeitslosenunterstützung von rund 2700 Euro zu Unrecht. Wegen Sozialbetrugs wurde er nun zu einer Geldstrafe von 4500 Euro verurteilt.
Der ganze Vorgang liegt fast ein Jahr zurück. Seit dem 1. Mai 2023 hatte der IT-Manager Arbeitslosengeld I von der Agentur für Arbeit bezogen. Am 1. August fand er dann einen neuen Job bei einer Firma in München – informierte aber die Sozialbehörde erst viel später und gab obendrein fälschlicherweise an, er werde erst am 1. September zu arbeiten beginnen. Deshalb erhielt er – zu Unrecht – für den ganzen August 2023 weiterhin sein Stempelgeld. Auf diese Weise kassierte er immerhin 2718 Euro zu viel – für die Juristen ein "rechtswidriger Vermögensvorteil."
Kommissar Computer überführt den Angeklagten
Ein Mitarbeiter der Arbeitsagentur berichtete im Zeugenstand, wie der Fall aufgedeckt wurde. Im Oktober 2023 fand ein automatischer Datenabgleich mit der Deutschen Rentenversicherung statt. Und schon hatte "Kommissar Computer" zugeschlagen. An diesem Beispiel sieht man, wie eng im digitalen Zeitalter die verschiedenen Ämter und Behörden zeitnah miteinander vernetzt sind. Betrugsversuche wie im vorliegenden Fall sind von daher immer auf Sand gebaut.
Schon einmal wegen Sozialbetrugs verurteilt
Da der Beschuldigte Anfang April letzten Jahres schon einmal wegen eines Sozialbetrugs zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden war, erstatteten die Beamten Anzeige und damit kam der Staatsanwalt ins Spiel. Der ohne Verteidiger erschienene IT-Fachmann behauptete, über das Onlineportal rechtzeitig das Amt informiert zu haben. Offensichtlich war das eine Schutzbehauptung, denn: In der Akte des Arbeitsamtsmitarbeiters fand sich eine Telefonnotiz vom Ende Juli 2023 – also kurz vor dem Arbeitsbeginn. Bei diesem Telefonat hatte der Angeklagte nichts von seinem neuen Job erwähnt.
Dabei hätte der Mann es eigentlich gar nicht nötig gehabt, zu betrügen. Denn als IT-Manager verdient er monatlich erkleckliche 4300 Euro netto. Auf Nachfrage des Vorsitzenden wurde aber deutlich, dass der Familienvater erhebliche Schulden angehäuft hat. Unter anderem muss er über 400 Euro monatlich für einen nagelneuen Audi A6 bezahlen, den er zu Schrott gefahren hat – das Auto hatte nämlich keine Vollkaskoversicherung.
Aufgrund seiner vorherigen Verurteilung sprach Ilker Özalp seitens der Staatsanwaltschaft von einem "Wiederholungstäter" und wies auf die laufende Bewährung hin. Er forderte eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne erneute Bewährungschance. Strafrichter Keller sah nur aufgrund der familiären Verhältnisse davon ab, den Mann tatsächlich hinter Gitter zu schicken.
Doch abschließend wusch er dem Verurteilten gehörig den Kopf. "Wenn Sie sich zukünftig irgendeinen Muckenschiss zuschulden kommen lassen – und sei es nur ein Ladendiebstahl oder Schwarzfahren – wandern Sie hundertprozentig in den Knast!" Der Sozialbetrüger war offensichtlich heilfroh, mit einer erneuten Bewährung davongekommen zu sein, denn er zeigte sich mit dem Richterspruch hochzufrieden.