zurück
KNETZGAU
Zu Besuch im A70-Tunnel: In die Röhre schauen
Damit die Wartungsarbeiten im A 70-Tunnel Schwarzer Berg ungestört vom Verkehr ablaufen, ist immer eine der beiden Röhren komplett gesperrt. Das Bild zeigt Fahrzeuge der Autobahnmeisterei vor dem Ostportal der Südröhre.
Foto: Michael Mößlein | Damit die Wartungsarbeiten im A 70-Tunnel Schwarzer Berg ungestört vom Verkehr ablaufen, ist immer eine der beiden Röhren komplett gesperrt. Das Bild zeigt Fahrzeuge der Autobahnmeisterei vor dem Ostportal der Südröhre.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:31 Uhr

Manche Autofahrer überkommt ein ungutes Gefühl, wenn sie durch einen Tunnel fahren. Insoweit ist Nordbayern für sie ein gesegnetes Terrain. Dort gibt es nur einen einzigen echten Straßentunnel. Durch diesen führt die Maintalautobahn (A 70) zwischen den Anschlussstellen Knetzgau und Eltmann unter dem 330 Meter hohen Schwarzen Berg hindurch. Derzeit werden die beiden Röhren des Tunnels gewartet und gereinigt. Eine gute Chance, das Bauwerk, durch das pro Tag etwa 24 000 Autos und Lastwagen fahren, etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Fotoserie

Dieter Gonnert kennt den Tunnel Schwarzer Berg bis ins Detail. Der Leiter der Autobahnmeisterei (ABM) Knetzgau betreut mit seiner Mannschaft den 52 Kilometer langen Abschnitt der A 70 zwischen Schweinfurt/Bergrheinfeld und Bamberg/Hafen. Neben Winterdienst, Mäharbeiten und dem Verfüllen von Schlaglöchern haben sie sich auch um die 738 Meter lange Nordröhre des Tunnels, die im November 1987 in Betrieb ging, sowie die 722 Meter lange, im November 2004 für den Verkehr geöffnete Südröhre zu kümmern, auch wenn das nur rund fünf bis zehn Prozent seiner gesamten Arbeit ausmacht, wie Gonnert schätzt. Doch der Aufwand, der nötig ist, um den Tunnel betriebsbereit und vor allem verkehrssicher zu halten, ist enorm.

Dies zeigt sich schon im Gebäude der ABM, direkt an der Auffahrt zur Autobahn bei Knetzgau. Dort ist eine kleine Überwachungszentrale eingerichtet. Auf Computerbildschirmen kann ein Mitarbeiter alle sicherheitsrelevanten Informationen zum Tunnelbetrieb ablesen.

Zu sehen sind beispielsweise die Aufnahmen aller 36 Kameras im Tunnel. Außerdem lassen sich von der Zentrale aus die jeweils acht Lüfter in beiden Röhren steuern und es blinken Alarmmeldungen auf, falls Sensoren einen Geisterfahrer registrieren, der sich im Tunnel entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung bewegt.

Wenn ein Fahrzeug im Tunnel anhält, löst es ebenfalls Alarm aus. Dasselbe gilt, wenn – im schlimmsten Fall – dort Hitze oder Rauch entstehen und auf einen Brand im Tunnel schließen lassen.

Überwachungsplatz wird nur im Alarmfall besetzt

Bis vor einigen Jahren saß ständig ein Mitarbeiter in der Zentrale in der ABM.

Seitdem die Verkehrs- und Betriebszentrale der Autobahndirektion Nordbayern in Nürnberg-Fischbach auch den Tunnel Schwarzer Berg rund um die Uhr im Auge hat, was dank moderner Übertragungstechnik problemlos geht, sitzt in der Überwachungszentrale in Knetzgau nur dann jemand, wenn ein Alarm ausgelöst wurde, oder dann, wenn die Hauptzentrale bei Nürnberg wegen eines Defekts ausfällt. Von Knetzgau aus können auch die beiden Verkehrseinhausungen in Unterfranken überwacht werden, die auf der A 3 bei Hösbach und die im Bau befindliche Einhausung am Katzenberg bei Würzburg, die häufig als Tunnel bezeichnet wird, was streng genommen nicht korrekt ist.

Unabhängig von der Überwachungszentrale in der ABM Knetzgau gibt es direkt am Tunnel Schwarzer Berg, 300 Meter vom Westportal der Südröhre entfernt, eine Betriebszentrale, von wo aus die komplette Tunneltechnik ebenfalls gesteuert und überwacht werden kann. Dort befinden sich auch ein Notstromaggregat, das bei Stromausfall automatisch anspringt und die wichtigsten Anlagen des Tunnels versorgt. In der Zentrale befindet sich zudem ein 100 Kubikmeter fassendes Löschwasserbassin, das über Pumpen die Löscheinrichtungen im Tunnel mit Wasser speist, das dort mit sechs Bar Druck ankommt.

In der gegen unbefugten Zutritt stark gesicherten Betriebszentrale, in der auch Brandmelderalarme aus dem Tunnel auflaufen, lässt sich der technische Wandel leicht erkennen. Hinter dem Leitstand stehen auf drei Regalmetern eng an eng die Aktenordner mit sämtlichen Daten und Unterlagen zu den Tunnelröhren und zur Technik in Papierform.

Doch diese sind längst alle im Computer gespeichert, der diese in Sekundenschnelle verwertet. Im Raum daneben zeigt Gonnert noch das alte Schalttableau, das, nutzlos geworden, an einer Wand hängt und auf neugierige Besucher wartet. Mit dem Tableau wurden früher Lüfter, Leuchten, Lautsprecher und so weiter im Tunnel per Tastendruck gesteuert. Dies passiert jetzt alles per Mausklick am Bildschirm. Hierzu muss niemand mehr vor Ort sitzen.

Während der zweiwöchigen Tunnelwartung, die zur Hälfte abgeschlossen ist, läuft der Verkehr immer nur durch eine Röhre. Für jede Fahrtrichtung steht dann nur ein Fahrstreifen zur Verfügung, erklärt Gonnert. Während der Zeit wechseln sich die Arbeiten in beiden Röhren ab, so dass der Verkehr mehrmals zwischen beiden Röhren wechseln muss. Schwenkbare Leitplanken auf Rollen vor den Tunnelportalen lenken dann den Verkehr.

Ein Polizeiauto mit Blaulicht bremst hierzu den fließenden Verkehr ab und sorgt dafür, dass der Verkehrsfluss ohne Vollsperrung von einer Röhre sicher in die nächste umgeleitet wird.

Während der zweimal jährlich (Frühjahr, Herbst) angesetzten Tunnelwartung reinigt das Personal der ABM Fahrbahn und Lampen und mäht auch den Bewuchs oberhalb der Tunnelportale. Eine Fachfirma prüft die komplette Sicherheitstechnik, wobei das Hauptaugenmerk der Brandmeldeanlage gilt, die sogar viermal pro Jahr getestet wird. Denn Brände zählen zu den größten Gefahren, die in Tunneln drohen. Deshalb sind auch alle 100 Meter Schränke in den Tunnelwänden eingebaut, in denen sich Schläuche, Strahlrohre und weitere Löschutensilien befinden.

Wenn ein Schrank geöffnet wird, geht ein Alarm los. Dasselbe gilt für die Feuerlöscher im Tunnel: Wird einer aus seiner Halterung genommen, erhält die Integrierte Leitstelle in Schweinfurt zeitgleich einen Alarm und alarmiert ihrerseits umgehend die Feuerwehren.

Der mollig warme Querstollen dient als Platz zur Versorgung von Verletzten

Um den Menschen im Tunnel, die nicht in der Nähe eines Portals sind, im Brandfall einen Fluchtweg zu schaffen, sind die beiden je zehn Meter breiten und bis 7,5 Meter hohen Tunnelröhren mit drei Querstollen verbunden. Diese haben Brandschutztüren. Im mittleren Querstollen ist es mollig warm, was an der Abwärme des nebenan untergebrachten Raums liegt, in dem die Serverschränke für die Tunnelleitrechner stehen. Die Abwärme heizt den Querstollen ganz bewusst, um dort im Notfall Verletzte in sicherer, rauchfreier Umgebung versorgen zu können, berichtet Gonnert.

Diese Idee entstammt einer der Großübungen mit Rettungskräften, die alle vier Jahre Pflicht sind, zusätzlich zu regelmäßigen Begehungen und Ausbildungen im Tunnel.

Laut Gonnert hat es im Tunnel noch nicht ungewollt gebrannt. Im vergangenen Jahr hat dort allerdings eine Realbrandübung gezeigt, dass die Sicherheitseinrichtungen im Brandfall so funktionieren, wie vorausberechnet. Denn ob im Brandfall Menschen sterben oder überleben, hängt nicht nur davon ab, ob Löschwasserhydranten und Lüfter funktionieren.

Wichtig ist zum Beispiel, dass Lüfter den Qualm aus jedem Abschnitt so aus dem Tunnel blasen, dass der kürzeste Fluchtweg rauchfrei bleibt, schildert Gonnert. Gleichzeitig kommt es darauf an, die Lüftung in der anderen Röhre so zu schalten, dass dort kein Brandrauch hineinziehen kann.

Auch die Lautsprecher, die im Ernstfall die Verkehrsteilnehmer im Tunnel per Durchsagen warnen, sind exakt den Erfordernissen angepasst: Sie sind so laut, um Menschen in den Fahrzeugen bei geschlossenen Fenstern zu erreichen, auch wenn diese das Radio aufgedreht haben (über Verkehrsfunk sind die Durchsagen übrigens auch zu hören). Und der Schalltrichter verteilt sich so, dass er die komplette Tunnelröhre erfasst. Wer den ohrenbetäubenden Lärm, den Lastwagen und Autos im Tunnel verursachen, hört, kann sich leicht vorstellen, welche Aufgabe hier zu bewältigen ist.

Auf den Bildschirmen des Überwachungsplatzes in der Autobahnmeisterei Knetzgau lassen sich die Kameras im Tunnel sowie die technischen Anlagen steuern.
Foto: Michael Mößlein | Auf den Bildschirmen des Überwachungsplatzes in der Autobahnmeisterei Knetzgau lassen sich die Kameras im Tunnel sowie die technischen Anlagen steuern.
Ein Mitarbeiter der Autobahnmeisterei säubert einen ferngesteuerten Mähroboter, mit dem die steilen Grünflächen oberhalb der Tunnelportale kurz gehalten werden.
Foto: Michael Mößlein | Ein Mitarbeiter der Autobahnmeisterei säubert einen ferngesteuerten Mähroboter, mit dem die steilen Grünflächen oberhalb der Tunnelportale kurz gehalten werden.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Eltmann
Knetzgau
Michael Mößlein
Autobahndirektion Nordbayern
Instandhaltung
Lautsprecher
Technischer Fortschritt
Tunnel
Unterfranken
Übertragungstechnik
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top